Gründe
Das AG verurteilte den Angekl. wegen Vortäuschens einer Straftat (§ 145 d Abs. 1 Nr. 1 StGB) sowie wegen versuchten Betrugs zu einer Gesamtgeldstrafe. Der Verurteilung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Pkw des Angekl. war aufgebrochen und das Autokassettenradio teilweise aus der Halterung gerissen und beschädigt worden. Der Angekl. nutzte die Gelegenheit, das Radiogerät aus dem Pkw zu entfernen und es sowohl der Polizei als auch der Versicherung als gestohlen zu melden. Auf Anzeige einer Nachbarin hin wurde der Angekl. wenige Tage später polizeilich vernommen und räumte dabei den Sachverhalt ein. Auch gegenüber der Versicherung zeigte er an, daß ihm das Radio doch nicht gestohlen worden sei. Der Senat hält die Revision des Angekl. für begründet, soweit sie sich gegen die Verurteilung nach § 145 d Abs. 1 Nr. 1 StGB richtet:
›Nach einhelliger Auffassung in Rechtspr. und Lehre gilt § 145 d Abs. 1 Nr. 1 StGB dann nicht erfüllt, wenn die falsche Darstellung des strafrechtlich relevanten Geschehens nur eine Übertreibung oder Vergröberung einer tatsächlich begangenen Straftat darstellt [folgen Hinweise].
Die Grenze zwischen bloßer Übertreibung oder Vergröberung der Umstände und dem ›Vortäuschen‹ wird jedoch in unterschiedlicher Weise gezogen. Soweit eine Übertreibung nicht schon begrifflich vorliegt wie bei der Behauptung, es sei mehr als tatsächlich gestohlen worden (OLG Hamm, NJW 1982, 60), stellt die Rechtspr. darauf ab, ob die Tat in ihrem äußeren und inneren Unrechtsgehalt völlig verändert wird (OLG Hamm, NJW 1971, 1324) oder durch die unrichtige Darstellung ihr Gepräge verliert (BGHSt 18, 329). Einmütigkeit besteht darüber, daß die mehr oder weniger große Intensität, mit der polizeiliche Ermittlungen bei dieser oder jener angezeigten Straftat üblicherweise geführt werden, kein geeignetes Kriterium für die rechtliche Beurteilung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 145 d StGB sein kann .. .
In der Literatur sind Versuche gemacht worden, die auf die Entscheidung im Einzelfall ausgerichtete Abgrenzung, ob durch die ›vorgetäuschte‹ Schilderung das Geschehen ›ein völlig anderes Gepräge‹ erhält, zu systematisieren. [Es folgt eine Wiedergabe der zu diesem Problemkreis von Stree (Schönke/Schröder/Stree, StGB, 22. Aufl., § 145 d Rdnr. 9), von Krümpelmann (ZStW 96, 1025) und von Rudolphi (SK/Rudolphi, § 145 d Rdnr. 8) entwickelten Abgrenzungskriterien; insoweit Ausdruck nur in NStZ, aaO.]
Ausgangspunkt einer Abgrenzung muß das geschützte Rechtsgut des § 145 d StGB sein. Das ist die Strafrechtspflege, die vor unnützer Inanspruchnahme ihres Apparates und der damit verbundenen Schwächung der Verfolgungsintensität geschützt werden soll (Dreher/Tröndle, StGB 43. Aufl. Rdn. 2 ..). Abgrenzungskriterium kann daher nur sein, ob die Ermittlungsbehörden mit den nach der ›erweiterten‹ Sachdarstellung erforderlichen Maßnahmen in einem erheblichen Umfang mehr belastet wurden, als sie dies bei richtiger Schilderung des Sachverhalts wären. Diese Abgrenzung kann nur von der Seite der Strafverfolgungsbehörden betrachtet werden, nicht vom Tatbestand des Gesetzes oder von den Prozeßvoraussetzungen her. Insofern gehen auch die Abgrenzungskriterien von Krümpelmann und Stree fehl, da sie sich an abstrakten Gewichtungen der Straftaten untereinander und nicht am geschützten Rechtsgut orientieren. Ein Vergehen kann ebenso großen Ermittlungsaufwand notwendig machen wie ein Verbrechen. Ebensowenig ist die Abgrenzung Antrags-(Privatklage-) zu Offizialdelikt geeignet, da zum einen der den Sachverhalt übertreibende Geschädigte immer auch Strafantrag hinsichtlich des tatsächlichen Delikts stellen würde und eine eventuelle Verweisung auf den Privatklageweg auch vorherige Ermittlungen beinhalten müßte, ob nicht z. B. ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht.
Zu Recht ist deshalb von der Rechtspr. betont worden, daß die Intensität der Ermittlungen, die üblicherweise geführt werden, kein Abgrenzungskriterium sein kann. Es kann nur auf die zur Aufklärung erforderlichen Ermittlungshandlungen abgestellt werden. Da die Strafverfolgungsbehörden davor bewahrt werden sollen, durch unnötigen Einsatz von der Erfüllung ihrer wirklichen Aufgaben abgehalten zu werden, kann der Tatbestand des § 145 d Abs. 1 Nr. 1 StGB allenfalls dann verwirklicht werden, wenn der Umfang der erforderlichen Maßnahmen hinsichtlich des vorgetäuschten Delikts erheblich über den zur Aufklärung notwendigen Ermittlungshandlungen hinsichtlich des tatsächlichen Delikts [liegt].
Selbst wenn der Angekl. nur den tatsächlich begangenen versuchten Diebstahl angezeigt hätte, hätte die Polizei im wesentlichen in gleicher Weise ermitteln müssen.
Insofern ist die Darstellung des Geschehens als vollendeten Diebstahl durch den Angekl. nur ein Aufbauschen eines tatsächlichen rechtswidrigen Geschehens und erfüllt nicht den Tatbestand. Dies dürfte auch im Verhältnis des tatsächlich vorliegenden Versuchs einer Straftat zur behaupteten Vollendung dieser Tat regelmäßig der Fal...