Leitsatz (amtlich)
Ein Antrag, den Betroffenen gemäß § 73 Abs. 2 OWiG von der Verpflichtung zum Erscheinen in der Hauptverhandlung zu entbinden, hat Wirkung nur für die konkret bevorstehende Hauptverhandlung. Nach einer Aussetzung der Hauptverhandlung muss der Antrag gegebenenfalls wiederholt werden.
Verfahrensgang
AG Bocholt (Entscheidung vom 08.11.2005; Aktenzeichen 3 OWi 9 Js 1026/05 (580/05)) |
Tenor
Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Betroffenen verworfen.
Gründe
I.
Durch Bußgeldbescheid der Stadt Bocholt vom 23. Mai 2005 ist gegen den Betroffenen als Fahrer des Pkw Audi mit dem amtlichen Kennzeichen xxxxxxxx wegen einer am 9. Februar 2005 um 7.19 Uhr in Bocholt auf der Straße U. fahrlässig begangenen Geschwindigkeitsüberschreitung von 28 km/h eine Geldbuße von 75,00 Euro festgesetzt worden. Seinen dagegen gerichteten Einspruch hat das Amtsgericht durch das angefochtene Urteil in der Hauptverhandlung vom 8. November 2005 gemäß § 74 Abs. 2 OWiG verworfen, weil der ordnungsgemäß geladene Betroffene der Hauptverhandlung ohne genügende Entschuldigung ferngeblieben sei.
Gegen das - in Anwesenheit des Verteidigers - verkündete Urteil hat der Betroffene mit Schriftsatz vom 14. November 2005, der am folgenden Tag bei dem Amtsgericht eingegangen ist, "Rechtsbeschwerde" eingelegt. Nachdem das Urteil dem Verteidiger am 16. Dezember 2006 zugestellt worden ist, hat dieser mit am selben Tage bei dem Amtsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 16. Januar 2006 das Rechtsmittel als Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde konkretisiert und mit der allgemeinen Sachrüge sowie der Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs begründet.
II.
Da gegen den Betroffenen eine Geldbuße von nicht mehr als 100,00 Euro verhängt worden ist, kommt eine Zulassung der Rechtsbeschwerde von Gesetzes wegen nur in Betracht, wenn es geboten ist, die Nachprüfung des angefochtenen Urteils zur Fortbildung des materiellen Rechts zu ermöglichen oder das Urteil wegen Versagung des rechtlichen Gehörs aufzuheben. Der Betroffene rügt insoweit in erster Linie die Verwerfung seines Einspruchs, obwohl sein - seiner Meinung nach in der Sache nach begründeter - Antrag vom 24. August 2005, ihn von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung zu entbinden, nicht beschieden worden sei.
Klärungsbedürftige sachlich-rechtliche Fragen wirft das Urteil nicht auf. Derartige Fragen werden auch vom Betroffenen nicht aufgezeigt.
Soweit der Betroffene die Zulassung der Rechtsbeschwerde aus dem Gesichtspunkt der Verletzung des rechtlichen Gehörs begehrt, ist die insoweit erforderliche Verfahrensrüge schon nicht in zulässiger Weise erhoben worden. Der Betroffene hat den konkreten Verfahrensgang im Zusammenhang mit seinem Antrag, ihn von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung zu entpflichten, nicht hinreichend vorgetragen. Es fehlt der Vortrag, daß der Betroffene mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 17. August 2005 auf die Verlegung des für den 30. August 2005 anberaumten Hauptverhandlungstermin angetragen hat, was das Amtsgericht mit Schreiben vom 22. August 2005 abschlägig beschieden hat. Dem Antrag war beigefügt ein Schreiben der Firma Sp., der Arbeitgeberin des Betroffenen, aus dem sich ergibt, daß der Betroffene den Gerichtstermin "gerne persönlich wahrnehmen möchte", jedoch aufgrund einer wichtigen Geschäftsreise daran gehindert sei. Sodann hat der Betroffene mit Schriftsatz vom 24. August 2005 beantragt, ihn von seiner gesetzlichen Erscheinenspflicht zur Hauptverhandlung gemäß § 73 Abs. 1 OWiG - einer besonderen Anordnung der Erscheinenspflicht wie erfolgt bedurfte es seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten und anderer Gesetze vom 26. Januar 1998 ohnehin nicht mehr - zu entbinden. Ohne daß das Gericht diesen Antrag beschieden hätte, hat dann am 30. August 2005 die Hauptverhandlung stattgefunden, in der der Verteidiger mitgeteilt hat, er wolle die Sache noch einmal ausgiebig mit dem Betroffenen erörtern, er gehe davon aus, daß dann der Einspruch wohl zurückgenommen werde. Das Gericht hat daraufhin die Hauptverhandlung ausgesetzt. Am 12. September 2005 ist dann neue Hauptverhandlung auf den 8. November 2005 bestimmt worden, zu dem der Betroffene ordnungsgemäß "unter Hinweis auf die richterliche Anordnung seines persönlichen Erscheinens" geladen worden ist. In diesem Termin ist das angefochtene Urteil gemäß § 74 Abs. 2 OWiG ergangen. Dieser im Ergebnis wesentliche Verfahrensgang ist der Rechtsbeschwerdebegründungsschrift indes nicht zu entnehmen, was zur Unzulässigkeit der erhobenen Verfahrensrüge führt.
Tatsächlich ist der Betroffene der Hauptverhandlung am 8. November ohne Entschuldigung ferngeblieben. Das ergangene Urteil verletzt sein Recht auf rechtliches Gehör nicht, sondern entspricht der Gesetzeslage.
In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist - soweit ersichtlich - unbestritten, daß sogar die richterlich angeordnete Ausnahme von der Erscheinen...