Entscheidungsstichwort (Thema)
Weisung. gefährliche Gegenstände. Therapie. Bestimmtheit. Waffen. Fesselungsgegenstände
Leitsatz (amtlich)
Zur hinreichend bestimmten Fassung und zur Verhältnismäßigkeit des Verbots des Besitzes bzw. des Führens von gefährlichen Gegenständen; Gegenständen, die zur Fesselung geeignet sind und von Therapieweisungen.
Normenkette
StGB § 68b
Verfahrensgang
LG Dortmund (Aktenzeichen 93 StVK 203/13) |
Tenor
Die Beschwerde wird auf Kosten des Verurteilten (§ 473 Abs. 1 StPO) mit nachfolgenden Maßgaben verworfen:
a)
Die Anordnung zu I.7. wird wie folgt gefasst:
"keine Materialien außerhalb seiner Wohnung mit sich zu führen, die zur Fesselung geeignet sind (insbesondere Handschellen, Kabel, Klebeband mit einer Breite von mehr als 1 cm, Seile, Spanngurte, sowie Kabelbinder und Gürtel oder ähnliche Materialien, die in Stabilität und Beschaffenheit in gleicher Weise zur Fesselung eingesetzt werden können). Ausgenommen hiervon sind Materialien, die notwendiger Teil der getragenen Bekleidung sind (z.B. Schnürsenkel) oder wesentlicher Bestandteil sonstiger vom Angeklagten genutzter Gegenstände sind (z.B. Kabel in Elektronikgeräten, Fahrzeugen etc.) sowie Gegenstände, zu deren Mitführung der Verurteilte gesetzlich verpflichtet ist (etwa Mullbinden im KFZ-Verbandskasten). Weitere Ausnahmen bedürfen der vorherigen Zustimmung des Gerichts.
b)
Die Anordnung zu I.8. wird wie folgt gefasst:
"keine Waffen oder Waffenattrappen zu besitzen oder zu führen sowie keine Messer, Multitools, Stöcke, Stangen, Knüppel, Baseballschläger, Werkzeuge aus Metall außerhalb seiner Wohnung zu führen. Ausgenommen hiervon sind Gegenstände, zu deren Mitführung der Verurteilte gesetzlich verpflichtet ist. Weitere Ausnahmen bedürfen der vorherigen Zustimmung des Gerichts.
c)
Die Anordnung zu II.2. entfällt.
Gründe
Der Senat schließt sich den weitgehend zutreffenden Ausführungen der Antragsschrift der Generalstaatsanwaltschaft Hamm vom 24.03.2014 mit folgenden Maßgaben an:
1.
Hinsichtlich der Weisung zu I.7. war aus Verhältnismäßigkeitsgründen sowie Gründen der Bestimmtheit der Weisung eine Beschränkung auf das Führen der Gegenstände außerhalb der Wohnung des Verurteilten vorzunehmen und schmales Klebeband, welches haushaltsüblich ist und im Haushalt vielfältige Verwendung findet, dessen Fesselungseignung aber nur sehr begrenzt ist, von dem Verbot auszunehmen. Gleichzeitig hat der Senat die Formulierung "etc." in Worte gefasst, die inhaltlich dem von der Strafvollstreckungskammer intendierten Gehalt entsprechen, dem Verurteilten aber helfen können, Erlaubtes von Unerlaubtem zu unterscheiden.
So, wie die Weisung gefasst war, war sie gesetzeswidrig i.S.d. §§ 463, 453 Abs. 2 StPO. Von Gesetzwidrigkeit ist auszugehen, wenn die getroffene Anordnung im Gesetz nicht vorgesehen ist bzw. in der angewendeten Vorschrift keine ausreichende Rechtsgrundlage hat, unverhältnismäßig oder unzumutbar ist oder sonst die Grenzen des dem Gericht eingeräumten Ermessens überschreitet (OLG Koblenz, Beschl. v. 12.01.2011 - 2 Ws 16/11 = BeckRS 2011, 02089 m.w.N.)
Der Senat war allerdings nicht gehalten, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Sache insoweit zurückzuverweisen. Grundsätzlich hat das Beschwerdegericht in der Sache selbst zu entscheiden, um den in der angefochtenen Entscheidung enthaltenen Fehler zu korrigieren (§ 309 StPO). Nur wenn dies nicht möglich ist, kommt eine Zurückverweisung in Betracht (Zabeck in: KK-StPO, 7. Aufl., § 309 Rdn. 7). In Fällen des § 453 Abs. 2 StPO wird eine eigene Entscheidung des Beschwerdegerichts häufig nicht in Betracht kommen, weil es dann sein Ermessen an die Stelle des Ausgangsgerichts setzen müsste, was nicht angängig ist. Vorliegend ist dem aber nicht so. Das Landgericht hat mit seiner weiten Fassung der Weisung klar gemacht, dass es einen möglichst umfassenden Schutz bezweckt und dem Verurteilten den Besitz bzw. das Führen der gefährlichen Gegenstände in weitestmöglichem Maß untersagen will. Der Senat hat vorliegend den Umfang der Weisung auf das unter Bestimmtheits- und Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten rechtlich zulässige Maß reduziert. Bei der Abwägung im Rahmen der Angemessenheit hat der Senat berücksichtigt, dass von dem Verurteilten eine sehr hohe Rückfallgefahr für höchste Rechtsgüter ausgeht, da er eine denkbar ungünstige Legalprognose hat, an seine Lebensführung aber angesichts der Ausnahmen und der vorgesehenen Möglichkeit, weitere Ausnahmen zuzulassen, keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden. In der jetzigen Fassung ist die Weisung auch hinreichend bestimmt (OLG Rostock, Beschl. v. 15.11.2013 - 1 Ss 79/13 - [...]).
Will der Verurteilte weitere Ausnahmen in Anspruch nehmen, wie z.B. das Tragen von nicht notwendigen Bekleidungsteilen (etwa einer Krawatte anlässlich eines Vorstellungstermins) muss er hierfür zuvor die gerichtliche Genehmigung erwirken. Im Zweifel muss er bei Gericht nachfragen.
2.
Entsprechendes gilt für die Weisung zu I.8.
3.
Die Weisung I.9. Satz 2 musste nicht wegen Unbestim...