Leitsatz (amtlich)
Nach neuem Recht ergibt sich die internationale Zuständigkeit der deutschen Nachlassgerichte gem. § 105 FamFG aus der örtlichen Zuständigkeit nach den §§ 343, 344 FamFG.
Normenkette
FamFG §§ 105, 343-344
Verfahrensgang
AG Gelsenkirchen (Beschluss vom 29.07.2010; Aktenzeichen 39 VI 548/10) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Gründe
Die Erblasserin, die ihren letzten Wohnsitz in H hatte, war österreichische Staatsangehörige. Durch den angefochtenen Beschluss hat es das AG abgelehnt, eine notariell beglaubigte Erbausschlagungserklärung der durch ihre Eltern vertretenen Beteiligten vom 27.5.2010 entgegenzunehmen, weil es seine internationale Zuständigkeit nicht für gegeben hält.
Die gem. §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde der Beteiligten ist begründet. Das AG hat die Entgegennahme der Erbausschlagungserklärung zu Unrecht abgelehnt. Die internationale Zuständigkeit des AG Gelsenkirchen folgt aus den §§ 105, 342 Abs. 1 Nr. 5, 343 Abs. 1 FamFG.
Nach der neuen Vorschrift des § 105 FamFG, welche nunmehr die internationale Zuständigkeit u.a. für Verfahren in Nachlasssachen regelt, ergibt sich die internationale Zuständigkeit der deutschen Nachlassgerichte aus der örtlichen Zuständigkeit nach den §§ 343, 344 FamFG; der Gesetzgeber hat damit die früher in der Rechtsprechung angewandte "Gleichlauftheorie" aufgegeben, wonach die deutschen Gerichte für Nachlasssachen grundsätzlich nur bei Anwendung deutschen Sachrechts als zuständig angesehen wurden (Keidel/Engelhardt, FamFG, 16. Aufl., § 105 Rz. 3). Ein deutsches Nachlassgericht, das nach den §§ 343, 344 FamFG örtlich zuständig ist, ist zugleich auch international zuständig. Die Regeln über die örtliche Zuständigkeit sind also insoweit doppelfunktional (Keidel/Engelhardt, a.a.O., § 105 Rz. 2).
Bei der Entgegennahme einer Erbausschlagungserklärung handelt es sich gem. § 342 Abs. 1 Nr. 5 FamFG um eine Nachlasssache i.S.d. §§ 343, 344 FamFG. Da die Erblasserin zur Zeit des Erbfalls ihren Wohnsitz in H hatte, ist gem. §§ 105, 343 Abs. 1, Halbs. 1 FamFG das AG Gelsenkirchen örtlich und international zuständig. Dass die Erblasserin Ausländerin war, ist insoweit unerheblich (vgl. Keidel/Zimmermann, a.a.O., § 343 Rz. 37).
Ob das AG Gelsenkirchen für die Entgegennahme der notariell beglaubigten Ausschlagungserklärung auch nach § 344 Abs. 7 FamFG zuständig ist, weil auch die Ausschlagende ihren Wohnsitz in H hat (vgl. hierzu Keidel/Zimmermann, a.a.O., § 344 Rz. 48; Bumiller/Harders, FamFG, 9. Aufl., § 344 Rz. 16) bedarf im vorliegenden Fall keiner abschließenden Entscheidung.
Der Notar wird vorsorglich darauf hingewiesen, dass gem. § 1643 Abs. 2 S. 1 BGB die Einholung einer Genehmigung des Familiengerichts erforderlich sein könnte.
Die Entscheidung ist rechtskräftig.
Fundstellen
Haufe-Index 2643715 |
FamRZ 2011, 1535 |