Verfahrensgang
LG Aachen (Aktenzeichen 33i StVK 467 + 577/15) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsmittels - an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Aachen zurückverwiesen.
Von einer Entscheidung über den Aussetzungsantrag wird abgesehen.
Gründe
I.
Der Betroffene befindet sich derzeit in Strafhaft in der JVA X und verbüßt dort verschiedene (Rest-Gesamt-)Freiheitsstrafen. Im Anschluss an den voraussichtlichen Endstrafentermin (4. Februar 2022) ist die Sicherungsverwahrung angeordnet.
Nach den Feststellungen des angefochtenen Beschlusses bat er am 8. März 2015, ihm aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen "nur eine Halbtagsarbeit zuzuweisen, etwa nur bis zur Mittagspause in einem Arbeitsbetrieb oder, wie von [ihm] auch beantragt, eine reine Halbtagsarbeit wie etwa als Flurreiniger" zuzuweisen. Insoweit begehrte er, die ihm tatsächlich zum 4. Mai 2015 zugewiesene Tätigkeit als Flurreiniger rückwirkend als Vollzeittätigkeit einzustufen und die Antragstellerin zu verpflichten, auch rückwirkend alle Rechtswirkungen dieser Einstufung umzusetzen. Insoweit heißt es im Vollzugsplan vom 6. Mai 2015, der Betroffene werde "halbtags als Flurreiniger eingesetzt". Für seine Tätigkeit erhält der Betroffene die hälftige Vergütung einer "normalen" bzw. einer "Vollzeitstelle" als Flurreiniger.
Die Strafvollstreckungskammer hat dem Antrag des Betroffenen auf gerichtliche Entscheidung stattgegeben und festgestellt, dass die dem Betroffenen zugewiesene Arbeit eines Flurreinigers eine Vollzeittätigkeit ist. Sie hat die Antragstellerin verpflichtet, eine entsprechende Einstufung vorzunehmen und umzusetzen, d.h. insbesondere dem Antragsteller die entsprechende (monetäre und nicht-monetäre) Vergütung sowie etwaige sonstige Leistungen (z.B. sozialversicherungsrechtliche Lohnbestandteile) auch für die Vergangenheit - zu gewähren. Nach der Rechtsauffassung der Kammer verstoße "die - halbe - Vergütung des Betroffenen durch die Antragstellerin offensichtlich gegen Art. 3 Abs. 1 GG". Der Betroffene verrichte "jedenfalls in Wesentlichen" das gleiche Arbeitspensum wie ein "Vollzeithausreiniger", erhalte aber nur die "halbe Vergütung". Der Betroffene verrichte nicht nur tatsächlich ein volles Pensum, es sei ihm ein solches sogar "tatsächlich zugewiesen". Die Einwendung der Antragstellerin, "Vollzeithausreiniger" würden vermehrt auch außerhalb der normalen Arbeitszeit zu Dienstleistungen herangezogen", sei nicht nur "offensichtlich unsubstantiiert", sondern auch "substanzlos". Insbesondere sei in keinster Weise ersichtlich, wie häufig und aus welchem Anlass eine solche Heranziehung erfolge und inwiefern sich Hausreiniger stets zur Verfügung halten müssten. Aus anderen Verfahren sei der Kammer bekannt, dass die Arbeit als Flurreiniger "in wenigen Stunden bewältigt" werden könne, und es nicht erforderlich sei, sich nach der normalen Arbeitszeit oder an Wochenenden umfänglich zur Verfügung zu halten.
Gegen die ihr am 28. Juli 2015 zugestellte Entscheidung wendet sich die Leiterin der JVA mit ihrer am 26. August 2015 bei dem Landgericht Aachen eingegangenen Rechtsbeschwerde, in der sie auch beantragt hat, den Vollzug des angefochtenen Beschlusses bis zur Entscheidung über die Rechtsbeschwerde auszusetzen.
Das Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen hat sich der Rechtsbeschwerde der Leiterin der JVA X angeschlossen.
II.
Die Rechtsbeschwerde war zuzulassen. Über die Zulassungsgründe des § 116 StVollzG hinaus ist anerkannt, dass eine Zulassung des Rechtsmittels auch dann geboten ist, wenn die tatsächlichen Feststellungen oder rechtlichen Erwägungen der angefochtenen Entscheidung unzureichend sind und das Rechtsbeschwerdegericht das Vorliegen der Voraussetzungen des § 116 Abs. 1 StVollzG nicht überprüfen kann (Arloth, StVollzG, 3. Aufl., § 116 Rdn. 4). Der Beschluss der Strafvollstreckungskammer muss alle entscheidungserheblichen Tatsachen und rechtlichen Gesichtspunkte enthalten (Arloth a.a.O.).
Letzteres ist hier nicht der Fall. Vorliegend fehlt es an der Mitteilung entscheidungsrelevanter Gesichtspunkte. Der Senat vermag auf Basis der vorhandenen Feststellungen nicht sicher zu beurteilen, ob und inwieweit der vorliegende Fall Anlass für die Aufstellung von Leitsätzen gibt, z.B. bezüglich der Frage, nach welchen Kriterien die Entlohnung von Flurreinigern in der betroffenen JVA nach Stundensätzen tatsächlich willkürlich und insoweit nur die Anwendung des Leistungslohnsystems ermessensfehlerfrei gewesen wäre.
Im Kern ist zu klären, ob der Betroffene - wie er geltend macht - vorliegend im Vergleich zu anderen Gefangenen bei gleichem Arbeitspensum aber kürzerer Arbeitszeit einen Anspruch auf das volle oder nur auf ein anteilig gekürztes Arbeitsentgelt hat.
Die Vergütung von Gefangenenarbeit kann im Zeitlohnsystem oder im Leistungslohnsystem erfolgen (Arloth, StVollzG, 3. Aufl., § 40 Rn. 8; Senatsbeschlu...