Entscheidungsstichwort (Thema)
Erteilung eines Erbscheines über den Nachlaß des … 1990 in …, seinem letzten Wohnsitz, verstorbenen Rentners …
Verfahrensgang
LG Bielefeld (Beschluss vom 01.08.1991; Aktenzeichen 3 T 588/91) |
AG Lübbecke (Aktenzeichen 6 VI 40/91) |
Tenor
Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Beteiligte zu 1) hat die der Beteiligten zu 2) im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Der Gegenstandswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 300.000,00 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Beteiligte zu 1) ist die Tochter aus der ersten, geschiedenen Ehe des Erblassers. Die Beteiligte zu 2) war seine zweite Ehefrau.
In notarieller Verhandlung vom 19.01.1954 ließen der Erblasser und seine erste Ehefrau einen Ehe- und Erbvertrag beurkunden. In diesem wurde die allgemeine Gütergemeinschaft des BGB vereinbart. Ferner setzten sich die Ehegatten gegenseitig zu Erben ein. Danach bestimmten sie:
Nach dem Tode des Letztlebenden von uns erbt, falls wir nicht eine andere Bestimmung treffen sollten, unsere Tochter (Beteiligte zu 1) ….
Der Letztlebende von uns soll berechtigt sein, nach dem Tode des Erstversterbenden aus dem Kreise der gemeinsamen Abkömmlinge einen anderen Erben zu bestimmen und die Abfindungen etwaiger übriger weichender Erben festzulegen oder abzuändern.
In notarieller Verhandlung vom 20.12.1989 errichtete der Erblasser ein Testament, in der er seine zweite Ehefrau zur nichtbefreiten Vorerbin und seine Tochter, die Beteiligte zu 1), zur Nacherbin berief.
Die Beteiligte zu 1) hält sich aufgrund des Erbvertrages vom 19.01.1954 für die alleinige Erbin des Erblassers. Sie hat aufgrund der notariellen Erbscheinsverhandlung vom 21.02.1991 beim Amtsgericht Lübbecke die Erteilung eines entsprechenden Erbscheines beantragt. Zur Begründung hat sie ausgeführt: Der Erblasser habe sie im Erbvertrag auch für den Fall der Auflösung der ersten Ehe begünstigen wollen. Für diesen hypothetischen Willen spreche auch die aus dem Testament vom 20.12.1989 ersichtliche Begünstigungsabsicht. Nach der Scheidung seiner ersten Ehe habe der Erblasser gegenüber seiner geschiedenen Frau eingewendet, er könne keinen Unterhalt zahlen. Andernfalls müsse er den Grundbesitz verkaufen, was zur Folge habe, daß die Beteiligte zu 1) nichts erbe.
Die Beteiligte zu 2) ist dem Rechtsstandpunkt der Beteiligten zu 1) entgegengetreten und hat geltend gemacht, der Erblasser habe bei Abschluß des Erbvertrages keinesfalls gewollt, daß er für den Fall der Scheidung sich jeglicher Verfügung über seinen Nachlaß enthalten bzw. die Zustimmung seiner geschiedenen Ehefrau zu solchen Verfügungen einholen müsse.
Das Amtsgericht hat durch Beschluß vom 05.07.1991 den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 1) zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluß hat die Beteiligte zu 1) Beschwerde eingelegt, die das Landgericht durch den angefochtenen Beschluß zurückgewiesen hat.
Gegen die Beschwerdeentscheidung des Landgerichts hat die Beteiligte zu 1) durch Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 03.09.1991 weitere Beschwerde eingelegt, mit der sie das Ziel ihres in der ersten Instanz gestellten Erbscheinsantrages weiterverfolgt. Sie macht geltend: Die besonderen – nunmehr erstmals naher dargelegten – Lebensumstände des Erblassers und seiner ersten Ehefrau bei der Beurkundung des Erbvertrages sprächen dafür, daß der Erblasser die Beteiligte zu 1) für ihre und ihrer Mutter Leistungen für den seinerzeit im Aufbau befindlichen Geschäftsbetrieb des Erblassers hätte durch Erbeinsetzung entschädigen wollen.
Die Beteiligte zu 2) tritt dem Rechtsmittel entgegen.
Entscheidungsgründe
II.
Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) ist statthaft, formgerecht eingelegt und auch sonst zulässig (§§ 27, 29 FGG). Ihre Beschwerdebefugnis folgt bereits daraus, daß ihre erste Beschwerde ohne Erfolg geblieben ist.
In der Sache bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg, weil die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Gesetzes beruht (§ 27 Abs. 1 S. 1 FGG).
In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht zutreffend von einer zulässigen Erstbeschwerde der Beteiligten zu 1) ausgegangen. Das nicht fristgebundene Rechtsmittel war formgerecht eingelegt worden (§ 21 Abs. 2 FGG). Die Beteiligte war durch die amtsgerichtliche Entscheidung beschwert, da das Amtsgericht ihren Erbscheinsantrag zurückgewiesen hatte (§ 20 Abs. 2 FGG).
Auch in sachlicher Hinsicht hält die Entscheidung des Landgerichts der rechtlichen Nachprüfung stand.
Das Landgericht ist ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, daß die Erbeinsetzung der Beteiligten zu 1) in dem Erbvertrag des Erblassers mit seiner ersten Ehefrau vom 19.04.1954 nicht als wirksame vertragliche Erbeinsetzung angesehen werden kann, weil die Ehe des Erblassers vor seinem Tod rechtskräftig geschieden worden ist und der zwischen dem Erblasser und seiner geschiedenen Ehefrau abgeschlossenen Erbvertrag damit insgesamt unwirksam geworden ist, da nicht anzunehmen ist, daß er die vertragsmäßige ...