Leitsatz (amtlich)
1. Auch wenn das Land vor dem Hintergrund bewilligter Leistungen nach dem UVG für die antragstellenden Kinder einen Unterhaltstitel i.H.v. 100 % des Regelbetrages erwirkt hat, sind diese nicht Rechtsnachfolger des Landes nach Beendigung der Gewährung von Leistungen nach dem UVG, und zwar weder aufgrund einer Forderungsabtretung noch aufgrund eines Forderungsübergangs kraft Gesetzes.
2. Eine analoge Anwendung von § 727 ZPO kommt ebenfalls nicht in Betracht, weil es an einer planwidrigen Regelungslücke fehlt; vielmehr hat der Gesetzgeber bewusst die Möglichkeiten der Klauselerteilung aus Gründen der Rechtssicherheit beschränkt.
Normenkette
FamFG § 113 Abs. 1 S. 2; ZPO § 727; UVG § 7
Verfahrensgang
AG Steinfurt (Aktenzeichen 10 F 125/03) |
Tenor
Die als sofortige Beschwerde auszulegende Erinnerung wird zurückgewiesen.
Der Antrag der Antragsteller auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Be-schwerdeverfahren wird zurückgewiesen.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Erinnerung der Antragsteller vom 26.10.2010 ist als sofortige Beschwerde gem. §§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, 11 Abs. 1 RPflG, 567 Abs. 2 ZPO auszulegen (vgl. Zöller/Stöber, ZPO, 28. Aufl., § 727 Rz. 29 mit Verweis auf § 724 Rz. 13). Die sofortige Beschwerde ist zwar gem. §§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, 568 ff. ZPO zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.
Auf den Antrag der Antragsteller auf Erteilung einer Vollstreckungsklausel vom 17.8.2010 sind gem. Art. 111 Abs. 1 S. 1 FGG-RG die ab dem 1.9.2009 geltenden Verfahrensvorschriften anzuwenden, da das Klauselerteilungsverfahren ein selbständiges Verfahren ist (vgl. Art. 111 Abs. 2 FGG-RG).
Die sofortige Beschwerde war zurückzuweisen, da die Voraussetzungen zur Erteilung der Vollstreckungsklausel nicht vorliegen.
Gemäß §§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, 727 Abs. 1 ZPO kann für den Rechtsnachfolger des in dem Titel bezeichneten Gläubigers eine vollstreckbare Ausfertigung erteilt werden, sofern die Rechtsnachfolge bei dem Gericht offenkundig ist oder durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde nachgewiesen ist.
Ausweislich des Urteils des AG Steinfurt vom 7.10.2003 ist Gläubiger das Land NRW, vertreten durch die Stadt Z1. Auch wenn das Land NRW vor dem Hintergrund bewilligter Leistungen nach dem UVG für die Antragsteller einen Unterhaltstitel i.H.v. 100 % des Regelbetrages der ersten Einkommensstufe der zweiten Altersgruppe der Düsseldorfer Tabelle erwirkt hat, sind diese nicht Rechtsnachfolger des Landes NRW i.S.d. § 727 ZPO nach Beendigung der Gewährung von Leistungen nach dem UVG durch die Unterhaltsvorschusskasse. Ihnen sind insbesondere keine Ansprüche abgetreten worden, wobei dies nach Beendigung der Gewährung von Leistungen nach dem UVG durch das Land auch gar nicht mehr möglich wäre, weil dann schon bereits kein Anspruchsübergang gem. § 7 UVG stattgefunden hätte. Die Antragsteller sind auch keine Neugläubiger nach Forderungsübergang kraft Gesetzes, sondern sie sind, was einen möglichen Unterhaltsanspruch gegen den Antragsgegner betrifft, die ursprünglichen Anspruchsinhaber, die aber bislang keinen eigenen Unterhaltstitel erwirkt haben.
Auch eine analoge Anwendung von § 727 ZPO kommt vorliegend nicht in Betracht. Insofern folgt der Senat der Entscheidung des OLG Schleswig (FamRZ 2008, 1092), welches sowohl eine direkte als auch eine analoge Anwendung des § 727 ZPO ablehnt. Mit dem Rechtspfleger des AG schließt sich der Senat nicht der Entscheidung des OLG Koblenz (FamRZ 2006, 1689) an, in der eine entsprechende Anwendung des § 727 ZPO aus prozessökonomischen Gründen befürwortet wurde. Nach Auffassung des Senats liegen die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung des § 727 ZPO nicht vor. Es fehlt an einer planwidrigen Regelungslücke. Der Gesetzgeber hat bewusst die Möglichkeiten der Klauselerteilung aus Gründen der Rechtssicherheit beschränkt. Aus Sicht des Senats bestehen auch Zweifel, ob die vorliegende Konstellation mit den gesetzlich geregelten Fällen der Rechtsnachfolge vergleichbar ist. Die Antragsteller sind auch nicht rechtlos gestellt. Nach Auffassung des Senats steht ihnen die Möglichkeit der Einleitung eines Unterhaltsverfahrens gem. §§ 231 Abs. 1 Nr. 1, 232 ff. FamFG offen. Soweit der Richter des AG Steinfurt insoweit im Verfahren 10 F 137/10 durch Beschluss vom 13.12.2010 den Antragstellern für ein einstweiliges Anordnungsverfahren Verfahrenskostenhilfe verweigert und auch die Gegenvorstellung der Antragsteller vom 7.2.2011 zurückgewiesen hat, führt dies zu keiner anderen Bewertung. Jedenfalls in einem entsprechenden Hauptsacheverfahren dürfte den Antragstellern nach Auffassung des Senats Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen sein. Auch die Rechtskraft des Urteils im Verfahren 10 F 327/06 (AG Steinfurt), in dem das AG wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses im Hinblick auf die Möglichkeit der Titelumschreibung die Unterhaltsleistungsklage in Höhe des im vorliegenden Verfahren titu...