Entscheidungsstichwort (Thema)
Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für Immobilien bei Elternunterhalt
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Ermittlung des geldwerten Vorteils eines Firmenfahrzeugs, wenn dieses auch für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte kostenfrei einschließlich aller Betriebskosten genutzt werden darf.
2. (Auch) bei Ansprüchen auf Elternunterhalt stellen Tilgungsaufwendungen für die selbstgenutzte und ggf. weitere Immobilien Altersvorsorge dar. Sie sind folglich auf die Obergrenze für absetzbare Altersvorsorgeaufwendungen in Höhe von 5 % des Bruttoeinkommens zusätzlich zur primären Altersvorsorge (bzw. insgesamt 25 % des Bruttoeinkommens) anzurechnen. Erreichen oder übersteigen daher bereits die Tilgungsaufwendungen die Obergrenze, so sind weitere Altersvorsorgebeiträge nicht mehr absetzbar (entgegen Wendl/Dose/Wönne, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 9. Aufl. 2015, § 2 Rn. 993).
Verfahrensgang
AG Warendorf (Beschluss vom 05.03.2015; Aktenzeichen 9 F 466/14) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des AG - Familiengerichts - Warendorf vom 5.3.2015 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Antragsgegner wird verpflichtet, an den Antragsteller rückständigen Elternunterhalt für seinen Vater T für den Zeitraum von Mai 2013 bis Juli 2014 in Höhe von 4.300 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus je 247 EUR seit dem 2.5.2013, 2.6.2013, 2.7.2013, 2.8.2013, 2.9.2013, 2.10.2013, 2.11.2013 und 2.12.2013 sowie aus je 332 EUR seit dem 2.1.2014, 2.2.2014, 2.3.2014, 2.4.2014, 2.5.2014, 2.6.2014 und 2.7.2014 zu zahlen.
Der Antragsgegner wird weiter verpflichtet, an den Antragsteller Elternunterhalt für seinen Vater T
- von August bis Dezember 2014 in Höhe von monatlich 332 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus je 332 EUR seit dem 2.8.2014, 2.9.2014, 2.10.2014, 2.11.2014 und 2.12.2014
- und ab Januar 2015 in Höhe von monatlich 310 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus je 310 EUR seit dem 2.1.2015, 2.2.2015, 2.3.2015, 2.4.2015, 2.5.2015, 2.6.2015 und 2.7.2015 zu zahlen.
Im Übrigen werden der Antrag und die Beschwerde des Antragstellers zurückgewiesen.
Die Beschwerde des Antragsgegners wird zurückgewiesen.
Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens werden dem Antragsgegner auferlegt.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben nach einem Verfahrenswert von 5.887 EUR (Beschwerde Antragsteller: 3.024 EUR, Beschwerde Antragsgegner: 2.863 EUR) zu 17 % der Antragsteller und zu 83 % der Antragsgegner zu tragen.
Die sofortige Wirksamkeit des Beschlusses wird angeordnet.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Der Antragsteller, der dem 82-jährigen Vater des Antragsgegners ergänzende Sozialleistungen zur Heimunterbringung gewährt, nimmt den Antragsgegner aus übergegangenem Recht auf Elternunterhalt ab Mai 2013 in Anspruch. Die erbrachten Leistungen beliefen sich, entsprechend den nicht durch Eigeneinkünfte gedeckten Anteilen der Heim- und Taschengeldaufwendungen, in den Monaten Mai bis Dezember 2013 auf ca. 247 EUR monatlich und ab Januar 2014 auf ca. 332 EUR monatlich.
Der Antragsgegner ist verheiratet und hat zwei Kinder im Alter von 13 und 17 Jahren. Er ist nichtselbständig als IT-Leiter tätig und verfügt darüber hinaus über 2 vermietete Eigentumswohnungen. Er wohnt mit seiner Familie in einem 230 qm großen Einfamilienhaus, das im gemeinsamen Eigentum der Eheleute steht. Wesentliche Streitpunkte im Rahmen der Leistungsfähigkeit sind die Ermittlung des anzurechnenden Nutzungsvorteils des Firmenautos, die Höhe des anzurechnenden Wohnvorteils, die Berücksichtigung von Vermietungsverlusten und die Abzugsfähigkeit von Immobilienfinanzierungs- und Altersvorsorgeaufwendungen,.
Das AG hat dem auf die o.g. Monatsbeträge nebst Verzugszinsen gerichteten Antrag für den Zeitraum bis Dezember 2013 voll stattgegeben, für den Zeitraum Januar/Februar 2014 beschränkt auf eine Leistungsfähigkeit von 325 EUR monatlich, für den Zeitraum März bis Dezember 2014 beschränkt auf eine Leistungsfähigkeit von 279 EUR monatlich und ab Januar 2015 beschränkt auf eine Leistungsfähigkeit von 96 EUR monatlich. Dabei hat es u.a. den Wohnvorteil des Einfamilienhauses auf einer Grundlage von 160 qm angemessener Wohnfläche und 6,50 EUR unstreitigem Quadratmeterpreis mit 1.040 EUR monatlich bemessen. Vermietungsverluste hat es nicht einkommensmindernd berücksichtigt, und im Gegenzug die dem Antragsgegner zugeflossenen Steuererstattungen um die auf diese Verluste entfallenden Vorteile korrigiert. Die Tilgungsaufwendungen des Antragsgegners für das Einfamilienhaus und die Eigentumswohnungen hat das AG neben den übrigen von ihm geltend gemachten Altersvorsorgebeiträgen berücksichtigt, letztere mit Ausnahme eines monatlichen Sparbeitrages von 250 EUR. Insbesondere seien die hohen Tilgungsbeiträge für das Eigenheim unvermindert zu berücksichtigen, weil dieses ansonsten, wenn es bis zum Eintritt in den Ruhestand nich...