Leitsatz (amtlich)

Beträge in Höhe der (einfachen) Wahlverteidigerhöchstgebühren sind als Pauschgebühr nur im Ausnahmefall zuzubilligen, sofern die Arbeitskraft des Verteidigers als Sonderopfer über eine längere Zeit ausschließlich oder fast ausschließlich durch die vorliegenden Strafsache blockiert worden ist.

 

Tenor

Dem Antragsteller wird anstelle seiner gesetzlichen Gebühren in Höhe von 7.795,00 € für seine Tätigkeiten im vorliegenden Verfahren eine Pauschgebühr in Höhe von 12.000,00 € (in Worten: zwölftausend Euro) bewilligt.

Der weitergehende Antrag wird abgelehnt.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt mit näherer Begründung, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, für seine Tätigkeiten im vorliegenden Verfahren die Bewilligung einer Pauschgebühr in Höhe von 10.000,00 €. Der Begründung lässt sich jedoch entnehmen, dass er tatsächlich die Zahlung einer Pauschgebühr in einer Höhe begehrt, die 10.000,00 € über der gesetzlichen Vergütung liegt.

Zu dem Antrag hat der Vertreter der Staatskasse unter dem 09. Februar 2016 ausführlich und unter Berücksichtigung der Senatsrechtsprechung Stellung genommen und dabei den Tätigkeitsumfang des Antragstellers sowie die ihm zustehenden gesetzlichen Gebühren näher dargelegt. Er ist der Stellungnahme des Gerichtsvorsitzenden vom 13. Januar 2016 nicht beigetreten und hat die Ansicht vertreten, die Strafsache habe für den Antragsteller keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht geboten. Die Strafsache sei allerdings überdurchschnittlich umfangreich gewesen. Wegen des besonderen Umfangs der Sache sei die Tätigkeit des Antragstellers mit den gesetzlichen Gebühren nicht mehr zumutbar vergütet. Vor diesem Hintergrund hat der Vertreter der Staatskasse gegen die Bewilligung einer angemessenen Pauschgebühr keine Bedenken erhoben.

Hierzu hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom 08. März 2016 Stellung genommen.

II.

Dem Antragsteller war eine angemessene Pauschgebühr zu bewilligen.

Im Anschluss an die Einschätzung des Gerichtsvorsitzenden vom 13. Januar 2016 geht der Senat - insbesondere auch wegen dessen besonderer Sachnähe - davon aus, dass das Verfahren in tatsächlicher Hinsicht besondere Schwierigkeiten für den Antragsteller geboten hat, zumal eine umfangreiche Beweisaufnahme stattfinden musste, die auch in die umfangreiche Beweiswürdigung des Urteils eingeflossen ist.

Daneben ist von einem besonderen Umfang der Sache auszugehen. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Vertreters der Staatskasse hingewiesen, denen sich der Senat insoweit anschließt.

Im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung erachtet der Senat eine Pauschgebühr für angemessen, die deutlich über den gesetzlichen Gebühren in Höhe von 7.795,00 € liegt. Insbesondere auch unter Berücksichtigung der Schwierigkeit in tatsächlicher Hinsicht und des Umfangs der Sache einschließlich der gebotenen Auseinandersetzung mit den Gutachten erscheint eine Pauschgebühr in Höhe von 12.000,00 € angemessen.

Eine noch höhere Pauschgebühr kam allerdings nicht in Betracht. Nach dem Willen des Gesetzgebers, der die Rechtsanwaltsvergütung insbesondere für den Bereich der Pflichtverteidigung erheblich verbessert hat, kommt der Pauschgebühr lediglich Ausnahmecharakter zu. Es geht keinesfalls um eine Gleichstellung oder sogar Besserstellung des Pflichtverteidigers im Verhältnis zum Wahlverteidiger (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. nur Senatsbeschluss vom 14. Juni 2013 - 5 RVGs 46/13). Schon Beträge in Höhe der einfachen Wahlverteidigerhöchstgebühren (hier: 15.562,50 €) sind nur im Ausnahmefall zuzubilligen, sofern die Arbeitskraft des Verteidigers als Sonderopfer über eine längere Zeit ausschließlich oder fast ausschließlich durch die vorliegenden Strafsache blockiert worden ist (vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 26. April 2013 - 5 RVGs 19/13 - und vom 14. Mai 2013 - 5 RVGs 34/13). Letzteres kann im vorliegenden Fall auch unter Berücksichtigung des Antragsvorbringens bzw. des Vorbringens im Schreiben vom 08. März 2016 nicht angenommen werden, insbesondere auch nicht im Hinblick auf die Terminierung - 13 Hauptverhandlungstermine in 16 Kalenderwochen - sowie die durchschnittliche Terminsdauer von knapp 4 Stunden. Zutreffend hat der Vertreter der Staatskasse zudem darauf hingewiesen, dass dem in der Regel höheren Schwierigkeitsgrad und größeren Umfang von Schwurgerichtssachen bereits durch erheblich erhöhte gesetzliche Gebühren gegenüber sonstigen Strafsachen, die vor einer großen Strafkammer verhandelt werden, Rechnung getragen ist.

Über Auslagen nach Teil 7 VV RVG - sowie auch die Mehrwertsteuer - ist nicht durch den Senat, sondern im Festsetzungsverfahren des erstinstanzlichen Gerichts zu entscheiden.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI9194420

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