Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsschutzinteresse für die Erteilung eines Auseinandersetzungszeugnisses
Leitsatz (amtlich)
Der Bejahung eines Rechtsschutzinteresses für die Erteilung eines Auseinandersetzungszeugnisses steht nicht entgegen, dass zum Nachlass die Mitberechtigung an einem für den Erblasser und seine Ehefrau als Gesamtberechtigt nach § 428 BGB begründeten Erbbaurecht gehört.
Normenkette
GBO § 36
Verfahrensgang
LG Arnsberg (Beschluss vom 27.10.2005; Aktenzeichen 6 T 373/05) |
AG Menden (Sauerland) (Beschluss vom 05.07.2005; Aktenzeichen 8-VI 94/05) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss und der Beschluss des AG vom 5.7.2005 werden aufgehoben.
Das Nachlassgericht wird angewiesen, den Beteiligten ein Auseinandersetzungszeugnis mit dem folgenden Inhalt zu erteilen:
Der am 27.12.2006 geborene und am 12.3.2005 in G2 (Sauerland), seinem letzten Wohnsitz, verstorbene Herr N2 ist von seiner Ehefrau, Frau N, geb. am 30.12.1926, wohnhaft T.-Straße, 1 G2, und seiner Tochter, Frau I, geb. am 22.6.1958, wohnhaft F.-Straße, 2 C, zu je ½ Anteil beerbt worden.
Die Erben haben das dem Erblasser in Gesamtberechtigung nach § 428 BGB gemeinsam mit seiner Ehefrau, N, zustehende, im Erbbaugrundbuch von G2, Bl. ..., eingetragene Gesamterbbaurecht an den Grundstücken G2, Flur ..., Flurstück ... und ... in der Erbauseinandersetzungsurkunde des Notars T3 in G2 (Sauerland) vom 5.4.2005, UR.-Nr. .../2005, an die Miterbin I aufgelassen und deren Eintragung im Grundbuch bewilligt.
Der Gegenstandswert des Verfahrens dritter Instanz wird auf 300 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteilige zu 1) ist die Ehefrau, die Beteiligte zu 2) das einzige Kind des Erblassers. Dieser hat keine Verfügung von Todes wegen errichtet. Zugunsten des Erblassers und seiner Ehefrau ist im Grundbuch von G2 Bl. ... ein Gesamterbbaurecht an den Grundstücken G2, Flur ..., Flurstück ... und ... eingetragen. In Abt. I ist als Beteiligungsverhältnis i.S.d. § 47 GBO "als Gesamtberechtigte gem. § 428 BGB" angegeben.
Im Rahmen der Erbauseinandersetzung übertrugen die Beteiligten zu 1) und 2) den Anteil des Erblassers an dem Gesamterbbaurecht, den sie mit ½ angegeben haben, in notarieller Urkunde vom 5.4.2005, Nr. .../2005 auf die Beteilige zu 2) und bewilligten die Umschreibung. In derselben Urkunde übertrug die Beteiligte zu 1) auch ihren Anteil am Erbbraurecht auf ihre Tochter.
Die Beteiligten zu 1) und 2) haben die Erteilung eines Auseinandersetzungszeugnisses nach § 36 GBO beantragt. Das Nachlassgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 5.7.2005 zurückgewiesen mit der Begründung, die Auflassungserklärung sei falsch, da der Erblasser nicht Bruchteilsberechtigter zu ½ gewesen sei, und scheide damit als Grundlage für das beantragte Auseinandersetzungszeugnis aus. Zudem bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis, da die Beteiligte zu 1) als Gesamtberechtigte nach § 428 BGB nach dem Tode des Erblassers auch ohne Beteiligung der Erbengemeinschaft das Erbbaurecht auf die Beteiligte zu 2) übertragen könne.
Das LG hat die Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) mit Beschluss vom 27.10.2005 zurückgewiesen, ebenfalls unter Hinweis auf ein fehlendes Rechtsschutzbedürfnis. Hiergegen haben die Beteiligten weitere Beschwerde eingelegt.
II. Die weitere Beschwerde ist nach §§ 27, 29 FGG statthaft sowie formgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 1) und 2) ergibt sich daraus, dass ihre erste Beschwerde ohne Erfolg geblieben ist.
In der Sache ist das Rechtsmittel begründet, weil die Entscheidung des LG auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 27 Abs. 1 S. 1 FGG).
In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das LG zutreffend von einer zulässigen Erstbeschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) ausgegangen. Zu Unrecht hat es aber den Antrag auf Erteilung eines Auseinandersetzungszeugnisses wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig erachtet. Das Rechtsschutzbedürfnis ist als Verfahrensvoraussetzung von Amts wegen in jeder Lage zu prüfen. Es ist jedoch nur zu verneinen, wenn kein gerechtfertigtes Interesse an der beantragten Entscheidung besteht. Dabei dürfen keine zu hohen Anforderungen an das Bestehen eines Rechtsschutzinteresses gestellt werden. Es fehlt nur dann, wenn das Betreiben des Verfahrens eindeutig zweckwidrig ist und sich als Missbrauch der Rechtspflege darstellt (OLG Frankfurt OLGZ 77, 401), insb. wenn das verfolgte Ziel ohne das beantragte Verfahren einfacher und effektiver erreicht werden kann (Keidel/Schmidt, FG, 15. Aufl., § 12 Rz. 58).
Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Keiner Entscheidung bedarf in diesem Zusammenhang, ob, wie das LG meint, im Falle der Gesamtberechtigung nach § 428 BGB an einem Erbbaurecht ein Gesamtberechtigter allein über das Erbbaurecht insgesamt verfügen kann. Diese Rechtsfrage ist jedenfalls noch nicht obergerichtlich geklärt. Die vom LG angeführte Entscheidung des BayObLG (BayObLG v. 18.5.1995 - 2Z BR 38/95, BayObLGReport 1995, 58 = Rpfleger 1996, 21) bezieht sich, ebenso wie die Entscheidung KG JW 1937, 3158 und die Kommentierung ...