Entscheidungsstichwort (Thema)
vormundschaftsgerichtliche Genehmigung eines Prozeßfinanzierungsvertrages mit Schiedsgerichtsklausel. Betreuungssache betreffend Herrn Michael S.. Vormundschaftsgerichtliche Genehmigung eines Vertrages nebst Schiedsvertrages und Abtretungserklärung mit X AG über die Finanzierung von Kosten der Rechtsverfolgung gegen Erfolgsbeteiligung
Leitsatz (amtlich)
1. Bedarf ein Prozeßfinanzierungsvertrag gegen Erfolgsbeteiligung im Blick auf die vorgesehene Schiedsgerichtsvereinbarung der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung, ist das Rechtsgeschäft insgesamt und nicht nur die Schiedsgerichtsvereinbarung am Wohl und an den Interessen des Betreuten zu messen.
2. Sieht der Betreuer ein erhebliches Prozeßrisiko, welches ihn daran hindere, ein Klageverfahren trotz vorhandener finanzieller Mittel anzustrengen, ist die Annahme des Tatrichters, die beabsichtigte Prozeßführung gefährde – die Prozeßfinanzierung hinweggedacht – das Vermögen des Betreuten, regelmäßig auch ohne weitere Ermittlungen ermessensfehlerfrei.
3. Ein Prozeßfinanzierungsvertrag ist je nach Vertragsgestaltung nicht geeignet, das Kostenrisiko des Betreuten zu beseitigen, wenn er z.B. die Kündigung der Vereinbarung durch den Prozeßfinanzierer erlaubt. Auch insoweit steht dem Tatrichter ein Ermessensspielraum zu.
Normenkette
BGB § 1908i Abs. 1, § 1822 Nr. 12; FGG § 12
Verfahrensgang
LG Münster (Aktenzeichen 5 T 232/00) |
AG Beckum (Aktenzeichen 8 XVII St 67) |
Tenor
Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Wert des Gegenstandes der weiteren Beschwerde wird auf 5.000,00 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Der Beteiligte zu 1) erlitt am 01. Juni 1998 auf B. Gemeindegebiet einen Fahrradunfall mit schweren Kopfverletzungen und ist seitdem hilfs- und pflegebedürftig. Der Beteiligte zu 2), sein Bruder, ist sein Betreuer in Vermögensangelegenheiten. Der Beteiligte zu 1) ist bei der „P.” unfallversichert und hat aufgrund des Unfalls einen Betrag von 252.000,00 DM ausgezahlt erhalten.
Der Beteiligte zu 2) vertritt die Ansicht, daß die Stadt B. für den Unfall seines Bruders zumindest mitverantwortlich sei, weil sie ihre Verkehrssicherungspflichten an der Unfallstelle verletzt habe. Er erwägt deshalb eine auf Schmerzensgeld und Feststellung gerichtete Klage gegen die Stadt B. zu erheben; Zur Reduzierung des Prozeßkostenrisikos will er den Prozeß nicht auf Rechnung der Beteiligten zu 1) führen, sondern unter Einschaltung der X-AG, die sich vertraglich verpflichten will, das Prozeßkostenrisiko nach Maßgabe ihrer Vertragsbedingungen unabhängig vom Ausgang des Prozesses gegen Erfolgsbeteiligung zu übernehmen. Die Vertragsbedingungen der X-AG, welcher die einzuklagenden Ansprüche abzutreten sind, sehen im Kern vor, daß nach ganz oder teilweise erfolgreichem Prozeßausgang die Hälfte des Reinerlöses (ausgeurteilter Betrag abzüglich Prozeßkosten) von der X-AG an den Zedenten ausgekehrt wird. Desweiteren sieht der Vertragsentwurf den Abschluß eines Schiedsvertrages vor, der den ordentlichen Rechtsweg ausschließt.
Der Beteiligte zu 2) hat unter Vorlage eines Abdrucks des Vertragsentwurfes der X-AG nebst Schiedsvertrag und Abtretungserklärung sowie eines Klageentwurfs am 16. November 1999 beantragt, den Abschluß des Vertrages mit der X-AG „über die Finanzierung der Rechtsverfolgung gegen Erfolgsbeteiligung” vormundschaftsgerichtlich zu genehmigen. Das Amtsgericht – Rechtspfleger – hat den Antrag durch Beschluß vom 11. Februar 2000 zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluß hat der Beteiligte zu 2) mit Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 23. Februar 2000 Beschwerde eingelegt, der der Rechtspfleger des Amtsgerichts nicht abgeholfen hat. Das Landgericht hat die Beschwerde durch Beschluß vom 09. Mai 2000 zurückgewiesen.
Gegen den Beschluß des Landgerichts hat der Beteiligte zu 2) mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 02. Juni 2000 weitere Beschwerde eingelegt.
II.
1.
Die weitere Beschwerde ist nach den §§ 27, 29 FGG statthaft sowie formgerecht eingelegt. Die Beschwerdeberechtigung des Beteiligten zu 2) ergibt sich aus § 69 g Abs. 2 FGG. Aus dem in der Bestimmung verwendeten Wort „auch” ist zu schließen, daß der Betreuer in den Fällen des Absatzes 2 S. 1 ein eigenes Beschwerderecht hat, ohne daß für ihn § 20 Abs. 1 FGG erfüllt sein muß (Bassenge, FGG, 8. Aufl., § 69 g Rdn. 12; Keidel/Kayser, FG, 14. Aufl., § 69 g Rdn. 9). Im vorliegenden Fall ist der Beteiligte zu 2) durch Beschluß des Amtsgerichts Beckum vom 03, März 2000 bezüglich des Aufgabenkreises „Vermögenssorge” (weiterhin) zum Betreuer des Beteiligten zu 1) bestellt worden. Er hat deshalb ein eigenes Beschwerderecht ohne Rücksicht auf eine Beeinträchtigung eigener Rechte.
2.
Die weitere Beschwerde ist unbegründet, weil die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Gesetzes beruht (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO).
In verfahrensrechtlicher Hinsicht war das Landgericht mit einer zulässigen ersten Beschwerde (vgl. §§ 19, 69 g Abs. 2 S. 1 FGG) des Beteiligten zu 2) befaßt.
In der Sach...