Verfahrensgang

AG Minden (Aktenzeichen 15 OWi 502 Js OWi 1182/18 219/18)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde wird zur Fortbildung des Rechts zugelassen (Entscheidung der mitentscheidenden Einzelrichterin des Senats).

Die Sache wird dem Senat für Bußgeldsachen in der Besetzung mit drei Richtern übertragen (Entscheidung der mitentscheidenden Einzelrichterin des Senats).

Die Rechtsbeschwerde wird als unbegründet verworfen.

Die Kosten des Rechtsmittels trägt der Betroffene

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht Minden hat den Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 210,00 EUR verurteilt. Zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen hat das Amtsgericht ausgeführt:

„Der Betroffene ist von Beruf selbständiger Bauunternehmer und einer von zwei Geschäftsführern der H GmbH in V. Er ist verheiratet und Vater von zwei erwachsenen Kindern, die sich noch in Ausbildung befinden. Das von ihm mitgeleitete Unternehmen beschäftigt 90 gewerbliche Mitarbeiter. Es erwirtschaftet einen Umsatz von mindestens 25 Millionen Euro. Das Gericht schätzt sein Nettoeinkommen auf dieser Grundlage nach Abzug der etwaigen Unterhaltspflichten für Ehefrau und Kinder auf mindestens 4.000,00 Euro.“

Zur Bemessung der verhängten Geldbuße hat das Amtsgericht ausgeführt:

„Gemäß § 17 Abs. 3 S. 2 OWiG kommen bei der Zumessungsentscheidung auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen in Betracht. Insoweit sieht das Gericht die durch die Schätzung auf der Grundlage der beruflichen Tätigkeit des Betroffenen und der Größe und des Umfangs der Tätigkeit und des im Internetauftritt der von ihm mitgeleiteten Firma mitgeteilten Umsatzes ermittelten Einkommensverhältnisse des Betroffenen als überdurchschnittlich an und hat darauf basierend eine Erhöhung der Regelgeldbuße um 75 % auf 210,00 Euro vorgenommen und diese sodann als tat-, schuld- und verkehrserziehungsangemessen zur nachhaltigen Einwirkung auf den Betroffenen festgesetzt.“

Gegen dieses Urteil wendet sich der Betroffene mit seinem Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde. Er rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts und meint, die Erhöhung der Regelgeldbuße sei rechtsfehlerhaft.

Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt,

den Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde als unbegründet zu verwerfen.

II.

Auf den zulässigen, insbesondere form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Antrag des Betroffenen auf Zulassung der Rechtsbeschwerde war die Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts zuzulassen und die Sache sodann dem Senat in der Besetzung mit drei Richtern zu übertragen, § 80 Abs. 1 Nr. 1 OWiG, 80a Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 OWiG. Hierbei handelt es sich um die Entscheidungen der mitunterzeichnenden Einzelrichterin des Bußgeldsenats.

1.

Zur Fortbildung des Rechts ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder des Verfahrensrechts aufzustellen oder Gesetzeslücken rechtsschöpferisch zu schließen. Es muss deshalb eine entscheidungserhebliche, noch klärungsbedürftige und abstraktionsfähige Rechtsfrage vorliegen (vgl. Seitz/Bauer in: Göhler, OWiG, 17. Aufl., § 80, Rdnr. 3 m. w. N.).

2.

So liegt es hier. Die Rechtsfrage, ob im Anwendungsbereich des § 17 Abs. 3 Satz 2, 1. und 2. Halbsatz OWiG bei Ordnungswidrigkeiten auch außergewöhnlich gute wirtschaftliche Verhältnisse des Betroffenen als Grundlage der Bußgeldmessung herangezogen werden können, um eine in einem Bußgeldkatalog vorgesehene Regelgeldbuße zu erhöhen, ist über den entschiedenen Einzelfall hinaus für die Rechtsprechung im Ganzen von Bedeutung. Sie ist auch entscheidungserheblich, da das Urteil im Übrigen rechtlicher Überprüfung Stand hält. Sie ist jedoch klärungsbedürftig, da sie in einer in der Kommentarliteratur zitierten Entscheidung des Thüringer Oberlandesgerichts entgegen der Rechtsauffassung des Senats beantwortet wird (Gürtler in: Göhler, OWiG, 17. Aufl., § 17, Rdnr. 23).

III.

Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet, so dass sie gem. § 349 Abs. 2 StPO i. V. m. § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG zu verwerfen war.

1.

Die auf die erhobene Sachrüge hin vorzunehmende Überprüfung des angefochtenen Urteils in materiell-rechtlicher Hinsicht lässt Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen nicht erkennen.

a)

Die Feststellungen tragen die Verurteilung des Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit.

b)

Auch der von dem Betroffenen gerügte Rechtsfolgenausspruch hält rechtlicher Überprüfung Stand.

aa)

Das Amtsgericht hat sich bei der Bemessung der Geldbuße rechtlich zutreffend an Nr. 11.3.6 der Tabelle 1c des Anhangs zu Nr. 11 der Anlage zu § 1 Abs. 1 BKatV orientiert und ist von der dort vorgesehenen Regelgeldbuße von 120,00 EUR abgewichen, weil es rechtsfehlerfrei außergewöhnlich gute wirtschaftliche Verhältnisse des Betroffenen festgestellt hat.

(1)

Grundlage der Bußgeldbemessung bleiben auch im Anwendungsbereich eines Bußgeldkataloges die Kriterien des § 17...

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