Leitsatz (amtlich)
Die Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen einen zeugen nach § 380 ZPO kommt nicht in Betracht, wenn das Ausbleiben des Zeugen für Parteien und Gericht im Rechtszug folgenlos geblieben ist.
Normenkette
ZPO § 380
Verfahrensgang
Tenor
Der Ordnungsgeldbeschluss vom 10.5.2012 gegen den Zeugen K wird aufgehoben.
Gründe
Die sofortige Beschwerde des Zeugen gegen den Ordnungsgeldbeschluss hat Erfolg.
1. Mit Verfügung vom 13.3.2012 (Bl. 120 R GA) lud das LG den Zeugen y den auf den 10.5.2012 angesetzten Beweistermin. Mit Faxschreiben vom 7.5.2012 (Bl. 176 GA) teilte der Zeuge bezugnehmend auf ein Telefonat und unter Beifügung eines Einladungsschreibens mit, dass er am Terminstage an einer Weiterbildungsmaßnahme in C teilzunehmen habe und deshalb an einem Erscheinen verhindert sei. Wegen unentschuldigten Ausbleibens im Termin verhängte das LG sodann durch Beschluss vom 10.5.2012 (Bl. 1 Beiheft Ordnungsgeld) ein Ordnungsgeld von 300 EUR und für den Fall der Nichtbeitreibbarkeit eine Ordnungshaft von drei Tagen; zugleich wurden dem Zeugen die durch sein Ausbleiben verursachten Kosten auferlegt.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde des Zeugen vom 1.6.2012 (Bl. 2b Beiheft Ordnungsgeld). Er macht geltend, dass die Teilnahme an der Weiterbildungsmaßnahme beruflich notwendig gewesen sei. Außerdem sei ihm telefonisch bestätigt worden, dass ein wichtiger Fernbleibegrund anerkannt werde, wenn er die Einladungsdokumente übersende, was er sodann getan habe.
Das LG hat im Beweistermin vom 10.5.2012 mehrere Zeugen vernommen und sodann am 31.5.2012 ein klageabweisendes Urteil verkündet, in dem es heißt: "Der Zeuge K musste ebenfalls nicht mehr gehört werden, da es auf seine Aussage angesichts des für die Kammer feststehenden Beweisergebnisses nicht mehr ankam".
In seinem Nichtabhilfebeschluss hat das LG darauf abgestellt, dass der Zeuge ausreichend Gelegenheit gehabt habe, seine Verhinderung anzuzeigen. Bei einer zeitnahen Benachrichtigung hätte der Verhandlungstermin noch kurzfristig und zeitnah verlegt werden können; ein fehlendes Verschulden habe der Zeuge nicht glaubhaft gemacht.
2. Die zulässige Beschwerde des Zeugen hat Erfolg und führt zur Aufhebung des Ordnungsgeldbeschlusses.
Die Aufhebung des Ordnungsgeldbeschlusses hatte zu erfolgen, weil das Ausbleiben des Zeugen sowohl für die Parteien als auch das Gericht keine nachteilige Wirkung hatte.
Es ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten, ob in einem solchen Fall dennoch die Verhängung eines Ordnungsgeldes nach § 380 ZPO erfolgen kann (bejahend z.B. OLG Frankfurt OLGZ 83, 458, 460; MünchKomm/Damrau, ZPO, 3. Aufl., § 380 Rz. 5; Baumbach/Hartmann, ZPO, 70. Aufl., § 380 Rz. 8, Zöller/Greger, ZPO, 29. Aufl., § 380 ZPO Rz. 3; verneinend OLG Frankfurt NJW 1972, 2093; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 33. Aufl., § 380 Rz. 9; Musielak/Huber, ZPO, 9. Aufl., § 380 Rz. 4; Prütting/Gehrlein/Trautwein, ZPO, 4. Aufl., § 380Rz. 8).
Der Senat folgt der Auffassung, dass die Verhängung eines Ordnungsgelds nicht erfolgen kann, wenn sich die Vernehmung des Zeugen im Rechtszug erübrigt.
Zwar ist der Gegenauffassung zuzugeben, dass die Entscheidung über die Verhängung eines Ordnungsgeldes bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen nicht im Ermessen des Gerichts steht, sondern als zwingende Folge ausgestaltet ist. Allerdings darf der Normsinn nicht aus dem Auge verloren werden. Die öffentlich-rechtliche Pflicht des Zeugen, auf eine Ladung hin bei Gericht zu erscheinen, soll gewährleisten, dass die Parteien von dem ihnen zur Durchsetzung ihrer Rechte zur Verfügung gestellten Verfahren wirkungsvoll Gebrauch machen können (Musielak/Huber, a.a.O.). Hat das Ausbleiben des Zeugen für Parteien und Gericht keine nachteiligen Folgen, kann die Verhängung eines Ordnungsgeldes nicht erfolgen, weil sein Zweck nicht mehr erreicht werden kann (Prütting/Gehrlein/Trautwein, a.a.O.). Die Missachtung des Gerichts allein rechtfertigt die Verhängung des Ordnungsgeldes nicht (Musielak/Huber, a.a.O.).
Für die Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen einen Zeugen kann nichts anderes gelten als für die Frage der Festsetzung eines Ordnungsgeldes gegen eine trotz Ladung nicht erschienene Partei. Für den Anwendungsbereich des allerdings ermessensabhängig ausgestalteten § 141 Abs. 3 Satz 1 ZPO entspricht es allgemeiner Meinung, dass eine Ordnungsgeldfestsetzung auszuscheiden hat, wenn diese für den Rechtsstreit folgenlos geblieben ist. Denn der Zweck dieser Vorschrift liegt nicht in der Ahndung einer vermeintlichen Missachtung des Gerichts, sondern in der Förderung der Aufklärung des Sachverhalts (BGH NJW-RR 2011, 1363 Tz 16 m.w.N.). Nach Auffassung des Senates kann für die Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen einen Zeugen nichts anderes gelten.
Hier war es so, dass das LG auch ohne Vernehmung des Zeugen K eine instanzbeendende Entscheidung treffen konnte, weil es nach seiner Auffassung auf den Zeugen nach durchgeführter Beweisaufnahme nicht mehr ankam. Das...