Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachehelicher Unterhalt: Geltendmachung rückständigen Unterhalts. treuwidrige Berufung auf fehlenden Verzug. Berücksichtigung der Jahresfrist bei Einreichung eines Prozesskostenhilfeantrages
Leitsatz (amtlich)
1. Nachehelicher Unterhalt kann vor Rechtskraft der Scheidung nicht wirksam angemahnt werden (vgl. BGH in FamRZ 1992, 920 ff.).
2. Das Berufen auf fehlenden Verzug verstößt in einem solchen Fall gegen § 242 BGB, wenn der Berechtigte das Begehren auf nachehelichen Unterhalt im Verbund geltend machen will und ihn der Pflichtige davon mit der Begründung abhält, er wolle schnell geschieden werden, die Unterhaltsfrage könne später geregelt werden.
3. Reicht der Unterhaltsberechtigte einen Prozesskostenhilfeantrag mit schlüssigem Klageentwurf ein, über den das Gericht trotz regelmäßiger Erinnerung erst nach ca. 8 Monaten entscheidet, ist § 167 ZPO mit der Folge anwendbar, dass die Frist des § 1585b Abs. 3 BGB nicht vom Zeitpunkt der Rechtshängigkeit, sondern von der Anbringung des Prozesskostenhilfeantrages zu berechnen ist.
Normenkette
BGB § 1585b Abs. 3, § 242; ZPO § 167
Verfahrensgang
AG Menden (Sauerland) (Beschluss vom 09.02.2006; Aktenzeichen 5 F 318/05) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Prozesskostenhilfebeschluss des AG - FamG - Menden vom 9.2.2006 in Verbindung mit der Teilabhilfeentscheidung vom 21.4.2006 wird der angefochtene Beschluss abgeändert.
Der Klägerin wird Prozesskostenhilfe auch insoweit bewilligt, als sie rückständigen nachehelichen Unterhalt ab dem 10.6.2005 abzgl. monatlich geleisteter 187 EUR geltend macht.
Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Die Ehe der Parteien wurde am 10.2.2004 rechtskräftig geschieden. Mit außergerichtlichen Schriftsätzen vom 24.10.2003 und vom 2.12.2003 hatte die Klägerin bereits nachehelichen Unterhalt geltend gemacht. Mit weiterem außergerichtlichen Schriftsatz vom 20.1.2004 ließ die Klägerin dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten mitteilen, dass der Scheidungstermin am 10.2.2004 nur sinnvoll erscheine, wenn der Beklagte bereit sei, nachehelichen Unterhalt i.H.v. 389,10 EUR monatlich zu zahlen. Ansonsten müsse das Gericht gebeten werden, den Scheidungstermin aufzuheben und der nacheheliche Unterhalt im Verbund geltend gemacht werden.
Obgleich es zu keiner Einigung der Parteien vor dem Scheidungstermin gekommen war, wurde der vorbereitete Verbundantrag auf Zahlung von nachehelichen Unterhalt durch die damalige Prozessbevollmächtigte der Klägerin im Scheidungstermin nicht eingereicht, weil insbesondere der Beklagte geschieden werden wollte und sich die Parteien aus diesem Grunde mündlich darauf geeinigt hatten, die Frage des Nachscheidungsunterhaltes im Nachhinein regeln zu wollen.
Mit Schreiben vom 29.6.2004 wandte sich die damalige Prozessbevollmächtigte der Klägerin sodann an den gegnerischen Rechtsanwalt und bat angesichts des Zeitablaufes seit dem Scheidungstermin um die Übermittlung aktueller Einkommensunterlagen. Im Schreiben vom 14.7.2004 teilte der Anwalt des Beklagten mit, dass dieser vor Ablauf von zwei Jahren nicht bereit sei, erneut Auskunft über seine Einkommensverhältnisse zu erteilen, bot jedoch einen nachehelichen Unterhalt i.H.v. 210 EUR monatlich ab sofort an.
Mit Schreiben vom 14.1.2005 ließ die Klägerin dieses Angebot ablehnen und den Beklagten auffordern, ab sofort monatlich 446,63 EUR ab Januar 2005 an sie zu zahlen.
Nachdem eine außergerichtliche Einigung nicht zustande gekommen war, reichte die Klägerin über ihren jetzigen Prozessbevollmächtigten am 19.6.2005 einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Klage auf Nachscheidungsunterhalt unter Beifügung eines ausgefüllten Formulars über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Anlagen und einer Klageschrift bei Gericht ein. Mit der Klageschrift beabsichtigte sie, Nachscheidungsunterhalt für die Zeit von März 2004 bis Juni 2005 i.H.v. insgesamt 5.231,30 EUR sowie laufenden Unterhalt ab Juli 2005 i.H.v. monatlich 326,95 EUR einzuklagen.
Das PKH-Gesuch wurde dem Beklagten nebst Entwurf der Klageschrift mit Verfügung vom 15.6.2005 übersendet. Der Beklagte nahm mit Schriftsatz vom 22.7.2005 hierzu Stellung. Trotz 6maliger Erinnerung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin an die Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch erfolgte diese erst mit Beschluss vom 9.2.2006. Mit diesem Beschluss wurde ihr Prozesskostenhilfe für den Antrag auf laufenden Unterhalt, nicht jedoch für den rückständigen Unterhalt bewilligt. Zur Begründung führte das AG aus, dass es für den rückständigen Unterhalt an einer Inverzugsetzung des Beklagten fehle.
Gegen diesen, am 16.2.2006 eingegangenen Beschluss legte die Klägerin unter dem 24.2.2006, bei Gericht eingegangen am 27.2.2006 sofortige Beschwerde ein. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 21.4.2006 half das AG der Beschwerde insoweit ab, als Prozesskostenhilfe für rückständigen Nachscheidungsunterhalt für die Zeit von April 2005 bis Juni 2005 bewilligt wu...