Leitsatz (amtlich)

Zum erforderlichen Umfang der tatsächlichen Feststellungen und Darlegungen des Tatrichters, wenn dieser ein höheres als das Regelfahrverbot festsetzen will.

 

Tenor

Das angefochtene Urteil wird unter Verwerfung der Rechtsbeschwerde im Übrigen im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben.

Der Betroffene wird zu einer Geldbuße in Höhe von 400, 00 DM verurteilt.

Dem Betroffenen wird für die Dauer von einem Monat verboten, Kraftfahrzeuge jeder Art im öffentlichen Straßenverkehr zu führen.

Das Fahrverbot wird erst wirksam, wenn der Führerschein nach Rechtskraft des Urteils in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft.

Die Kosten der Rechtsbeschwerde hat der Betroffene zu tragen, jedoch wird die Gebühr um 1/3 ermäßigt. In diesem Umfang hat die Landeskasse auch die notwendigen Auslagen des Betroffenen zu tragen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen einer fahrlässigen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit nach den §§ 41 (Zeichen 274), 49 StVO in Verbindung mit § 24 StVG zu einer Geldbuße in Höhe von 500, 00 DM verurteilt und außerdem ein Fahrverbot von zwei Monaten verhängt. Dazu hat es folgende Feststellungen getroffen:

"Der Betroffene ist pensionierter Polizeibeamter. Er ist straßenverkehrsrechtlich in Erscheinung getreten. Wegen Nichtbeachtung des Überholverbotes erging ein Bußgeldbescheid über 80, --DM gegen ihn, der seit dem 27. 10. 1998 rechtskräftig ist.

Der Betroffene befuhr am 01. 01. 2000 um 13. 48 Uhr mit dem BMW, polizeiliches Kennzeichen PIR - UN 100 in Recklinghausen die Bundesautobahn A 2 in Fahrtrichtung Hannover. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt dort gem. § 41 (Zeichen 274 )StVO mit Zusatzschild 1052-36 (bei Nässe) 80 km/h.

Bei bedecktem Himmel hatte bereits morgens zwischen 8. 00 und 9. 00 Uhr leichter Regen und Sprühregen eingesetzt, der bis gegen 14. 0 Uhr nur wenige meist kurze Unterbrechungen aufwies. Im Süden von Recklinghausen wurde eine Niederschlagshöhe von 1, 5 bis 2, 0 mm gemessen, von denen etwa 1, 0 bis 1, 5 mm über rund 5 Stunden verteilt bis 14. 00 Uhr fielen. Die Fahrbahn wies eine durchgehende Wasserschicht auf. In den Spurrillen hatten sich Pfützen gebildet. Die Fahrzeuge zogen hohe Gischt. Wegen der Mischluft hatte sich ein entsprechender Dunst gebildet, so dass alle Fahrzeuge mit Licht fuhren.

Bei Kilometer 440 wurde der Betroffene mit dem Videomessverfahren ProViDa/PPS mit einer Geschwindigkeit von 193 km/h gemessen. Abzüglich eines Toleranzwertes von 5 % = 10 km/h ergibt dies eine vorwerfbare Geschwindigkeit von 183 km/h . Mithin fuhr der Betroffene 103 km/h zu schnell. Die Messstrecke betrug 294 m und die Messzeit 5, 47 Sekunden.

Die Messung erfolgte nach einem 100 km/h Zeichen und in Höhe des zweiten 80 km/h -Zeichens. Die Verkehrszeichen waren beidseitig, deutlich sichtbar aufgestellt. "

Zum Rechtfolgenausspruch wird im angefochtenen Urteil u. a. folgendes ausgeführt:

"Der Bußgeldkatalog weist für eine derartige Geschwindigkeitsüberschreitung keine Regelbuße mehr aus. Er endet bei einer Überschreitung von 60 km/h, für die eine Regelbuße von 400, --DM und 1 Monat Fahrverbot vorgesehen ist. Bei der Bewertung dieses Vorfalls ist zu berücksichtigen, dass der Betroffene straßenverkehrsrechtlich bereits in Erscheinung getreten ist. Im Hinblick hierauf und wegen der überheblichen Überschreitung hat das Gericht auf eine Buße von 500, --DM erkannt. Ferner hat das Gericht ein Fahrverbot von zwei Monaten verhängt. Voraussetzung für die Verhängung eines Fahrverbotes ist, dass in objektiver und subjektiver Hinsicht eine grobe Pflichtverletzung vorliegt. Der Vorwurf einer so erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitung indiziert objektiv eine erhebliche Verletzung der Pflichten eines Fahrzeugsführer, so dass es hierzu keiner besonderen Begründung bedarf. Aber auch subjektiv handelte der Betroffene besonders pflichtwidrig, da er sich ohne zwingenden oder vollziehbaren Grund über die Geschwindigkeitsbeschränkung hinwegsetzte. Selbst wenn man unterstellen wollte, dass der Betroffene die Fahrbahn nur für feucht gehalten hätte, war die von ihm gefahrene Geschwindigkeit schon aufgrund der schlechten Witterung erheblich überhöht. Unter Abwägung aller Gesichtspunkte vermochte das Gericht von der Verhängung dieses Fahrverbotes auch gegen eine Erhöhung der Führerschein innerhalb von vier Monaten nach Rechtskraft des Urteils zu den Akten zu reichen. "

Hiergegen richtet sich die rechtzeitig eingelegte und mit der Verletzung materiellen Rechts begründete Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der er u. a. geltend macht, auf der BAB habe kein Wasser gestanden. Im übrigen sei ihm in subjektiver Hinsicht keine besonders grobe Pflichtverletzung vorzuwerfen.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, das angefochtene Urteil im Rechtsfolgenausspruch aufzuheben und gegen den Betroffenen eine Geldbuße von 400, 00 DM festzusetzen und ein einmonatiges Fahrverbot zu verhängen.

II.

Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen ist ...

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