Entscheidungsstichwort (Thema)
Sittenwidrigkeit eines Testaments
Leitsatz (amtlich)
Die Bestimmung eines Testaments, durch die der Erblasser mit dem Ziel des möglichst weitgehenden Ausschlusses seines (Adoptiv-)Sohnes von der Teilhabe an seinem Vermögen seinen von diesem abstammenden Enkel als Vorerben einsetzt und den Eintritt der Nacherbfolge u.a. an die Bedingung knüpft, dass sein Sohn Pflichtteilsansprüche geltend macht, ist nicht i.S.d. § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig.
Normenkette
BGB §§ 138, 1937
Verfahrensgang
LG Bielefeld (Beschluss vom 08.09.2003; Aktenzeichen 25 T 430/02) |
AG Rheda-Wiedenbrück (Aktenzeichen 5 VI 204/02) |
Tenor
Die weitere Beschwerde wird nach einem Gegenstandswert von 3.580.000 EUR zurückgewiesen.
Der Beteiligte zu 2) hat die dem Beteiligten zu 1) im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
I. Der Beteiligte zu 1) ist der Testamentsvollstrecker über den Nachlass der am 3.2.2002 verstorbenen Frau Y. Der Beteiligte zu 2) ist der Enkel der Erblasserin.
Die Erblasserin errichtete zusammen mit ihrem am 1.7.1998 vorverstorbenen Ehemann L2 in notarieller Urkunde des Notars LX in S2 zu dessen Urkundenrollennummer .../1997 L am 27.9.1997 ein gemeinschaftliches Testament. Ihre Beweggründe für die Errichtung des gemeinschaftlichen Testamentes legten die Eheleute L. in einem Vorspann wie folgt dar:
"Das unsere Ehe kinderlos geblieben ist, hatten wir unsere spätere gemeinschaftliche Lebensplanung darauf ausgerichtet, die Fortführung der L.-Firmen, die wir in langen Jahren gemeinsamer Arbeit gegründet haben, zu sichern und erbrechtlich zu regeln.
Zu diesem Zwecke hatten wir im Jahre 1970 unseren Neffen H.-H.I. adoptiert.
Im Jahre 1973 wurden ihm die gesamten Betriebsgrundstücke schenkweise übertragen; gleichzeitig wurde er mit einer Einlage von 3,5 Mio. DM als Kommanditist in die Firma aufgenommen. Bei der Firmenumwandlung im Jahre 1981 wurde die Kommanditeinlage um 1,5 Mio. DM auf 5 Mio. DM erhöht und H.-L2 als Gesellschafter in die Komplementär-GmbH aufgenommen, ebenso als Gesellschafter in die später gegründete L. Maschinen- und B. GmbH, jeweils unter gleichzeitiger Bestellung zum alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer. In dem Gesellschaftsvertrag der W. GmbH ist ferner vorgesehen, dass im Falle des Ablebens von L2 der Mitgesellschafter H.-L2 einen Teilgesellschaftsanteil i.H.v. 10.000 DM übertragen erhält, um dort Parität zu erlangen und damit maßgeblichen Einfluss auf die Lenkung und Leitung der Firma L2 GmbH & Co. KG zu erhalten.
Nach meiner, L2, schweren Erkrankung im Jahre 1989 und nach Entlassung aus dem Krankenhaus hat die Ehefrau von H.-L2 uns ggü. erklärt, wir sollten doch nun möglichst ganz weit wegziehen und die Firmenführung ihrem Ehemann überlassen.
Wir haben dem seinerzeit keine weitere Bedeutung beigemessen, bis im Juli 1990 H.-L2 aus dem Urlaub heraus in einem Telefonat ausfallend wurde und nach der Rückkehr aus dem Urlaub jede Beziehung zu uns abgebrochen und seinen Kindern gleichzeitig jeglichen Umgang mit uns verboten hat.
H.-L2 ist auch in der Firma ggü. L2 ausfallend geworden, indem er bei einem zufälligen Zusammentreffen vor Betriebsangehörigen erklärt hat, er wolle mit L2 nichts mehr zu tun haben. Das hat er dann auch bis heute konsequent durchgeführt.
Nachdem seit dieser Zeit auch mehrere geschäftsschädigende Vorfälle geschehen waren, haben wir uns gezwungen gesehen, H.-L2 aus der Geschäftsführung zu entfernen, zumal uns die langjährigen leitenden Angestellten der Firma erklärt hatten, bei Weiterführung der Firma durch H.-L2 würden sie aus der Firma freiwillig ausscheiden. Die Entfernung aus der Geschäftsführung hat dann zu einer Serie von Prozessen geführt, die den Ausschluss aus der Geschäftsführung bestätigt und auch zu einer Reduzierung der Gesellschaftsanteile von H.-L2 in der W. GmbH geführt haben mit der Maßgabe, dass dieser im Falle des Todes von L2 auf die L. KG keinen entscheidenden Einfluss mehr nehmen kann.
Das Schiedsgericht hat dazu die Feststellung getroffen, dass die Entziehung eines Geschäftsanteils wegen gesellschaftsschädigenden Verhaltens erfolgen musste.
Damit hat H.-L2 unsere späte Lebensplanung, ihn als Firmennachfolger und Erben zu haben, zerstört, so dass wir ihn allein schon im Interesse der L. Firmen sowohl von der Erbfolge ausschließen müssen als auch jedwede Einflussmöglichkeit, die über seine gesellschaftsrechtlichen Positionen hinausgeht, so weit wie möglich beschränken müssen.
Mit der Immobilienschenkung im Jahre 1973 sind die Pflichtteilsansprüche von H.-L2 abgegolten. Durch sein Verhalten seit 1990 uns ggü. halten wir weiter gehende Ansprüche auch nicht mehr für gerechtfertigt, da H.-L2 unseren Lebensabend schwer belastet und er durch die Aufnahme in die L-Firmen und die ihm gewährten Beteiligungen inzwischen ein weit größeres Firmenvermögen besitzt als der Firmengründer L2.
Nach den Zerwürfnissen des Jahres 1990 haben wir dann unseren Enkel M.L., als unseren Alleinerben vorgesehen, was wir hier...