Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein uneingeschränkter Anspruch des der deutschen Sprache nicht mächtigen Angeklagten auf schriftliche Übersetzung des Urteils

 

Leitsatz (amtlich)

Den Anforderungen des § 187 Abs. 2 GVG und dem Gebot des fairen Verfahrens wird bei einem verteidigten Angeklagten, der der deutschen Sprache nicht mächtig ist, regelmäßig dadurch gerügt, dass ihm die mündliche Urteilsbegründung durch einen Dolmetscher übersetzt wird und er die Möglichkeit hat, das abgesetzte schriftliche Urteil zusammen mit seinem Verteidiger unter Hinzuziehung eines Dolmetschers zu besprechen und sich in diesem Zusammenhang auch das Urteil zumindest auszugsweise übersetzen zu lassen. Einer schriftlichen Übersetzung des vollständigen Urteils bedarf es dann nicht.

 

Normenkette

GVG § 187 Abs. 2; StPO § 37 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Hagen (Aktenzeichen 52 KLs - 400 Js 552/08 - 11/09)

 

Tenor

Die Beschwerde wird aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung und den ausführlichen und in jeder Hinsicht zutreffenden Gründen des Nichtabhilfebeschlusses der Strafkammervorsitzenden vom 3. Februar 2014, die durch das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht ausgeräumt werden, auf dessen Kosten (§ 473 Abs. 1 StPO) als unbegründet verworfen.

 

Gründe

Zusatz:

Die nach §§ 36 Abs. 1, 37 Abs. 3 StPO zuständige Vorsitzende der 4. großen Strafkammer und 2. Jugendkammer des Landgerichts Hagen hat in ihrem Nichtabhilfebeschluss vom 3. Februar 2014 zutreffend ausgeführt, dass der Angeklagte keinen Anspruch auf Übersetzung des schriftlichen Urteils in die arabische Sprache hat.

Vorliegend sind die strafprozessualen Rechte des Angeklagten und sein Anspruch auf ein faires Verfahren (Art. 6 Abs. 3 e EMRK) hinreichend dadurch gewahrt, dass dem verteidigten Angeklagten die mündliche Urteilsbegründung (§ 268 Abs. 2 StPO) durch einen Dolmetscher übersetzt wurde und er die Möglichkeit hat, das abgesetzte schriftliche Urteil zusammen mit seinem Verteidiger unter Hinzuziehung eines Dolmetschers zu besprechen und sich insoweit auch das Urteil übersetzen zu lassen. Damit sind die Voraussetzungen des § 187 Abs. 2 S. 4 u. 5 GVG, der Ausnahmen von dem in § 187 Abs. 2 S. 1 GVG geregelten Grundsatz, dass nicht rechtskräftige Urteile in der Regel zu übersetzen sind, vorsieht, erfüllt (so auch OLG Stuttgart, Beschluss vom 9.1.2014, 6-2 StE 2/12 - bei [...]).

Die Ausnahmeregelung des § 187 Abs. 2 S. 4 u. 5 GVG entspricht insoweit auch den Vorgaben der in Art. 3 Abs. 7 der Richtlinie 2010/64/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Oktober 2010 über das Recht auf Dolmetscherleistungen und Übersetzungen in Strafverfahren aufgeführten Ausnahme von der in Art. 3 Abs. 1 dieser Richtlinie statuierten Regel der grundsätzlichen schriftlichen Übersetzung aller wesentlichen Unterlagen und steht im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 64, 135), auf welche auch die Gesetzesbegründung (Drucksache 17/12578) Bezug nimmt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 6623296

ZAP 2014, 666

NStZ-RR 2014, 217

StRR 2014, 162

StV 2014, 534

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