Verfahrensgang
AG Werl (Aktenzeichen 10 F 37/17) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers vom 21.12.2020 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Werl vom 19.11.2020 (10 F 37/17) wird zurückgewiesen.
Gründe
Die nach §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 RVG zulässige Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet. Zu Recht hat das Familiengericht die Erinnerung des Antragstellers gegen die Festsetzung seiner Vergütung als beigeordneter Rechtsanwalt zurückgewiesen. Eine Einigungsgebühr ist durch seine Tätigkeit im zugrundeliegenden Kindschaftsverfahren nach § 1666 BGB nicht entstanden.
Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats, dass in Kindschaftssachen, die Maßnahmen nach § 1666 BGB zum Gegenstand haben, grundsätzlich keine Einigungsgebühr entstehen kann (Senat, Beschluss vom 07.06.2013, 6 WF 117/13, MDR 2014, 37 f.). An dieser von der nahezu einhelligen obergerichtlichen Rechtsprechung (OLG Koblenz, Beschluss vom 21.02.2020, 7 WF 113/20, MDR 2020, 822 f.; OLG Schleswig, Beschluss vom 31.05.2019, 13 UF 13/19, FamRZ 2020, 596 ff.; OLG Brandenburg, Beschluss vom 21.05.2019, 9 WF 11/19, AGS 2019, 268 f. ; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.03.2017,10 WF 1/17, JurBüro 2017, 308; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 04.09.2014, 6 WF 155/14, FamRZ 2015, 436; OLG Stuttgart, Beschluss vom 23.03.2011, 8 WF 27/11, FamRZ 2011, 1814; OLG Celle, Beschluss vom 10.06.2010, 12 WF 90/10, FamRZ 2011, 246; OLG Koblenz, Beschluss vom 26.04.2010, 11 WF 312/10, FamRZ 2011, 245; KG Berlin, Beschluss vom 02.03.2010, 19 WF 6/10, FamRZ 2011, 245 f.) geteilten Ansicht hält der Senat auch vor dem Hintergrund der Gegenmeinung (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 06.06.2019, 16 WF 57/19, MDR 2019, 1347 f.; Gerold/Schmidt-Müller-Rabe, RVG, 24. Aufl. 2019, VV Nr. 1000 Rn. 67 m.w.N.) fest.
Eine Einigungsgebühr entsteht nach Nr. 1000 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VV-RVG für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrages, durch den der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird. Nr. 1000 Abs. 5 S. 3 VV-RVG regelt darüber hinaus, dass eine Einigungsgebühr auch für die Mitwirkung an einer Vereinbarung entstehen kann, über deren Gegenstand nicht vertraglich verfügt werden kann. Für anhängige Gerichtsverfahren in Kindschaftssachen bestimmt Nr. 1003 Abs. 2 VV-RVG, dass die Einigungsgebühr auch entsteht für die Mitwirkung am Abschluss eines gerichtlich gebilligten Vergleichs (§ 156 Abs. 2 FamFG) und an einer Vereinbarung, über deren Gegenstand nicht vertraglich verfügt werden kann, wenn hierdurch eine gerichtliche Entscheidung entbehrlich wird oder wenn die Entscheidung der getroffenen Vereinbarung folgt.
Die so geregelte Erstreckung des Anwendungsbereichs einer Einigungsgebühr, wie sie der Gesetzgeber mit Wirkung ab dem 01.09.2009 eingeführt hat, beruht auf der damaligen Neufassung des § 1671 BGB (Senat, Beschluss vom 07.06.2013, 6 WF 117/13, MDR 2014, 37 f., Rn. 8). Nach § 1671 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB muss das Familiengericht dem Antrag eines Elternteils auf Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge stattgeben, soweit der andere Elternteil zustimmt, es sei denn, das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung. Hieraus wird deutlich, dass die Vereinbarung der bis dahin gemeinsam sorgeberechtigten Eltern für das Gericht bindend ist, dass aber trotz des Einvernehmens der Eltern noch immer eine gerichtliche Entscheidung zur Sorgerechtsübertragung erforderlich ist und der Verfahrensgegenstand insoweit der Verfügungsbefugnis der Eltern entzogen ist. Aufgrund dieser Bindungswirkung kann in Verfahren nach § 1671 BGB auch nach der Auffassung des Senats eine Einigungsgebühr anfallen (Senat, Beschluss vom 31.05.2016, 6 WF 259/16, juris).
Anders ist die Situation in Kindschaftssachen nach § 1666 BGB. In solchen Verfahren geht es um die Wahrnehmung des staatlichen Wächteramtes über das Kindeswohl nach Art. 6 Abs. 2 S. 2 GG, das der Disposition der Verfahrensbeteiligten entzogen ist (OLG Schleswig, Beschluss vom 31.05.2019, 13 UF 13/19, FamRZ 2020, 596 ff., Rn. 72; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.03.2017, 10 WF 1/17, JurBüro 2017, 308, Rn. 3; OLG Stuttgart, Beschluss vom 23.03.2011, 8 WF 27/11, FamRZ 2011, 1814, Rn. 6). Eine in diesem Bereich geschlossene Vereinbarung mag die Akzeptanz von kinderschutzrechtlichen Maßnahmen steigern und damit auch dem Kindeswohl dienen. Sie ist aber mangels Regelungsbefugnis der Beteiligten und mangels Bindung der Familiengerichte von vornherein ungeeignet, den Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis zu beseitigen oder eine gerichtliche Entscheidung entbehrlich zu machen. Erklären sich die Kindeseltern mit bestimmten kinderschutzrechtlichen Maßnahmen einverstanden, liegt hierin keine das Gericht in irgendeiner Form bindende Vereinbarung.
Im vorliegenden Fall hat der Kindesvater mit seinem Antrag vom 30.01.2017 geeignete Maßnahmen zum Schutz von A nach § 1666 BGB angeregt. Am 15.05.2017 haben sich die Beteiligten darüber geeinigt, dass A bei einer Drogenberatungsstelle vorg...