Leitsatz (amtlich)
1. Im Entlassungsverfahren nach § 2227 Abs. 1 BGB tritt eine Erledigung der Hauptsache ein, wenn das Amt des Testamentsvollstreckers durch Aufgabenerledigung beendet ist.
2. Hat der Erblasser mit der Anordnung einer Dauertestamentsvollstreckung dem Testamentsvollstrecker die alleinige Verwaltungsaufgabe zugewiesen, ein Unternehmen fortzuführen, so sind seine Aufgaben erledigt, wenn in einem eröffneten Insolvenzverfahren der Geschäftsbetrieb eingestellt und das Vermögen liquidiert wird. Die Aufgabenerledigung erfasst dann auch betriebsgebundenes Nachlassvermögen, das vom Insolvenzbeschlag nicht erfasst wird.
3. Damit kann zugleich auch eine Aufgabenerledigung hinsichtlich einer gleichzeitig angeordneten Nacherbenvollstreckung eintreten.
Normenkette
BGB § 2208 Abs. 1, §§ 2209, 2227 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Hagen (Aktenzeichen 7 VI 604/95) |
LG Hagen (Aktenzeichen 3 T 78/00) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die sofortige erste Beschwerde des Beteiligten zu 2) vom 24.1.2000 gegen den Beschluss des AG vom 7.1.2000 als unzulässig verworfen wird.
Der Beteiligte zu 2) hat die der Beteiligten zu 1) im Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Der Gegenstandswert des Verfahrens dritter Instanz wird auf 1.000.000DM festgesetzt.
Gründe
I. Der Erblasser war Mehrheitsgesellschafter einer Gruppe von ihm über Jahrzehnte aufgebauter Gesellschaften, die von der C.F.-GmbH und Co. KG auf dem Geschäftsfeld Herstellung und Vertrieb von Berufsbekleidung sowie Textileinzelhandel geleitet wurde. Eine Minderheitsbeteiligung hielt sein Sohn H., der auch bereits Mitgeschäftsführer der F.-Verwaltungs-GmbH als Komplementärin der KG war. Die Firmenzentrale befand sich auf dem Grundstück H., dessen Eigentümer der Erblasser und sein Sohn H. als Gesellschafter bürgerlichen Rechts mit Anteilen von 90% bzw. 10% waren.
Der Erblasser war in zweiter Ehe mit der Beteiligten zu 1) verheiratet. Mit dieser schloss er zu notarieller Urkunde vom 22.12.1993 (UR-Nr.… Notar … einen Erbvertrag, in dem er in § 1 seinen Sohn H. zu seinem Erben berief und gleichzeitig eingehende Anordnungen zu einer Ersatz- und Nacherbfolge traf. Die Beteiligte zu 1) bedachte er mit umfangreichen Vermächtnissen. In den §§ 5 und 6 traf der Erblasser eine Testamentsvollstreckungsanordnung, die auszugsweise lautet:
„§ 5
In den letzten Jahren habe ich immer wieder nach Lösungen gesucht, vor allem im Interesse meines Sohnes H. und der Mitarbeiter, den Fortbestand unserer gemeinsamen Unternehmen zu sichern. Ich habe die Unternehmensgruppe in den vergangenen Jahrzehnten mit meinem Sohn und Herrn H. gemeinsam geleitet und bin der Meinung, dass auch nach meinem Tode die Geschäftsführung und die Leitung aller Gesellschaften wenigstens durch zwei Köpfe und weiterhin auch durch Herrn H., dem ich für seine jahrelange, treue Tätigkeit sehr zu Dank verbunden bin, bewältigt werden soll.
Mit der nachfolgend geregelten Testamentsvollstreckerlösung will ich u.a. erreichen, dass für die kontinuierliche Fortführung des Unternehmens nun alles Erforderliche getan wird.
Mein Sohn H. soll also durch den Testamentsvollstrecker Unterstützung erhalten bei der Führung und richtigen Weichenstellung für die Zukunft der Unternehmen.
Bei meiner Entscheidung habe ich auch bedacht, dass noch Jahrzehnte vergehen, bis H.'s Kinder ggf. in der Lage sind, das Familienunternehmen fortzuführen.
Da H. jederzeit etwas zustoßen kann, muss auch eine Regelung für die Überleitung zur Nachfolgegeneration gefunden werden.
Daneben kann sich auch – insbesondere, wenn H. etwas lebensbedrohliches zustößt – die Notwendigkeit ergeben, Fremdbeteiligungen aufzunehmen, um die Fortführung der Unternehmensgruppe sicherzustellen.
Ich wünsche mir, dass mein Sohn H. alsbald erkennt, dass er in der Person des Testamentsvollstreckers einen tatkräftigen und aktiven Partner und Mitstreiter erhält, mit dem er – wie bisher mit mir – in vertrauensvoller und freundschaftlicher Zusammenarbeit das bisher gemeinsam Erarbeitete fortführt und mache ihm daher die Auflage, der nachfolgend geregelten Testamentsvollstreckung zuzustimmen.
Ich ordne hiermit Testamentsvollstreckung an bzgl. aller von mir gehaltenen Firmenbeteiligungen/Geschäftsanteile einschließlich meines Guthabens gegenüber den Firmen (z.B. aus Darlehn, Kapitalkonten usw.), meiner Beteiligung an der Grundstücks-GbR und meiner beiden Grundstücke in der H. in …, die derzeit als Parkplätze der Firma genutzt werden.
Der Testamentsvollstrecker soll u a. dem Geschäftsführer zur Seite stehen und befugt sein, im Rahmen seines Amtes die Gesellschafterrechte an allen Handelsgesellschaften, an denen ich beteiligt bin, auszuüben, soweit das gesetzlich und nach den Gesellschaftsverträgen zulässig ist.
Insbesondere für Maßnahmen und Handlungen, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgehen oder für die Gesellschaft von besonderer Bedeutung sind, bedürfen die Erben der Zustimmung des Testament...