Leitsatz (amtlich)
Der Gegenstandswert für das Verfahren zum Aufgebot der Nachlassgläubiger kann bei einem geringen Aktivnachlass auf lediglich 5 % der bekannt gewordenen Nachlassverbindlichkeiten festgesetzt werden.
Normenkette
KostO § 30 Abs. 1; BGB § 1970
Verfahrensgang
AG Halle (Westfalen) (Beschluss vom 19.10.2011; Aktenzeichen 2a II 25/10) |
Tenor
Die Sache wird auf den Senat übertragen.
Unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen wird der angefochtene Beschluss abgeändert.
Der Gegenstandswert für das Aufgebotsverfahren wird auf 1.250 EUR festgesetzt.
Gründe
Die zulässige Beschwerde ist nur teilweise begründet.
Aufgebotssachen sind Verfahren, in denen das Gericht öffentlich zur Anmeldung von Ansprüchen oder Rechten auffordert, mit der Wirkung, dass die Unterlassung der Anmeldung einen Rechtsnachteil zur Folge hat" (§ 433 FamFG). Dieser Rechtsnachteil (bzw. der spiegelbildliche Vorteil des Antragstellers) bestimmt im Grundsatz den Geschäftswert (§ 30 Abs. 1 KostO; Korintenberg/Lappe, KostO, 18. Aufl., § 128d Rz. 6).
Da das Aufgebot der Nachlassgläubiger in keinem Fall zur vollständigen Enthaftung des Nachlasses führen kann (vgl. § 1973 BGB) kann der Wert hier nicht mit dem Wert der Nachlassverbindlichkeiten gleichgesetzt werden. Entsprechend den noch im Rahmen des § 3 ZPO entwickelten Grundsätzen, ist daher nur ein Bruchteil der Summe der Verbindlichkeiten anzusetzen, wobei im Regelfall 15 % angemessen sein mögen. Auszugehen ist dabei, insoweit stimmt der Senat mit beiden Beteiligten überein, von dem Wert aller bekannt gewordenen Forderungen. Die Auffassung des AG berücksichtigt nicht hinreichend, dass das Interesse des Erben, dem im Rahmen des § 30 Abs. 1 KostO wesentliche Bedeutung zukommt, sich gerade an der Nichtanmeldung von Forderungen festmacht, da der durch das Aufgebot bezweckte Rechtsverlust am ehesten ihm zum Vorteil gereicht.
Mag danach ein Bruchteil von 15 % im Regelfall eine taugliche Richtschnur sein, so darf ein solcher Grundsatz gleichwohl nicht schematisch angewandt werden. Vielmehr muss stets geprüft werden, ob im Einzelfall Anhaltspunkte für ein deutlich abweichendes Interesse des Erben an der Durchführung des Aufgebotsverfahrens bestehen. So liegt es hier. Die unbekannten Erben haben vorliegend nämlich angesichts der offenkundigen Dürftigkeit des Nachlasses kein wesentliches wirtschaftliches Interesse an der Durchführung des Aufgebotsverfahrens. Bei einem Aktivnachlass von 40,62 EUR und bereits vor Durchführung des Aufgebotsverfahrens bekannten Nachlassverbindlichkeiten von mehr als 24.000 EUR wäre die Ausschlagung vielmehr die nächstliegende Form der Haftungsbeschränkung. Der Senat bemisst den Wert des Verfahrens hier daher mit lediglich 5 % der bekannt gewordenen Nachlassverbindlichkeiten.
Fundstellen
FGPrax 2012, 265 |
ZEV 2013, 263 |