Orientierungssatz

1. Rechtsfragen des allgemeinen Schuldrechts sind allenfalls dann vorlagefähig i.S.d. § 541 Abs. 1 S. 1 ZPO, wenn sie eine von wohnraumrechtlichen Gesichtspunkten bestimmte Interessenabwägung erfordern (Anknüpfung an Beschl. des Senats v. 28.4.1989, NJW-RR 89, 1289).

2. Der Frage, ob ein Vermieter Mieterleistungen, für die wegen Nichtbeachtung formeller Anforderungen bzw. gesetzlich vorgesehener Verfahrensweisen eine Rechtsgrundlage fehlt, welche bei Beachtung derselben vorhanden gewesen wäre, nach §§ 812 ff BGB zurückzugewähren hat, fehlt grundsätzlich der nach § 541 Abs. 1 S. 1 ZPO erforderliche spezielle wohnraumrechtliche Bezug.

 

Normenkette

ZPO § 541 Abs. 1 S. 1; BGB § 812 ff.

 

Verfahrensgang

LG Essen (Entscheidung vom 28.02.1997; Aktenzeichen 1 S 382/96)

AG Gladbeck (Aktenzeichen 11 C 222/96)

 

Tenor

Der Erlaß eines Rechtsentscheides wird wegen Unzulässigkeit der Vorlage abgelehnt.

 

Tatbestand

I.

Die Kläger sind Mieter einer Wohnung in einem mit Aufwendungsdarlehen aus Bundesmitteln geförderten Mehrfamilienhaus des Beklagten in Gladbeck.

Nachdem die 12jährige Zweckbestimmung und Bindung an die Kostenmiete gem. §§ 84 a, 86 b WoBauG im März 1988 weggefallen war, verlangte der Beklagte mit verschiedenen Schreiben in den Jahren 1990 bis 1993 unter Hinweis auf beigefügte Wirtschaftslichkeitsberechnungen eine erhöhte „Kostenmiete”. Die Kläger zahlten daraufhin jeweils den erhöhten Mietzins.

Mit der beim Amtsgericht Gladbeck erhobenen Klage verlangen sie insgesamt 8.075,76 DM an in den Jahren 1990 bis 1995 überzahlter Miete erstattet. Sie haben behauptet, der Beklagte habe wider besseres Wissen eine erhöhte Kostenmiete verlangt.

Der Beklagte hat behauptet, er hätte die Miete nach den Vorschriften des MHG erhöht, wenn ihm die Rechtslage bekannt gewesen wäre. Die von ihm berechnete Kostenmiete habe unter der ortsüblichen Vergleichsmiete im Sinne des MHG gelegen. Die Kläger hätten bereits im Jahre 1990 Kenntnis davon gehabt, daß sie zur Zahlung des erhöhten Mietzinses nicht verpflichtet gewesen seien.

Ferner hat der Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben.

Das Amtsgericht hat den Beklagten verurteilt, an die Kläger 6.712,84 DM nebst Zinsen zu zahlen, und im übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung ist in der Entscheidung ausgeführt, daß den Klägern in dieser Höhe ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung zustehe. Die Bereicherung des Beklagten sei nicht weggefallen, da er den eingenommenen Mietzins zur Rückführung geschuldeter Darlehen verwendet habe. Der Rückforderungsanspruch sei jedoch gemäß § 197 BGB verjährt, soweit es sich um bis Dezember 1991 gezahlte Beträge handele.

Das mit der Berufung des Beklagten und der Anschlußberufung der Kläger befaßte Landgericht hat dem Senat folgende Rechtsfrage wegen grundsätzlicher Bedeutung zur Entscheidung vorgelegt:

Kann der Mieter einer Wohnung von dem Vermieter den gezahlten Mietzins, der die ursprüngliche Kostenmiete übersteigt, zurückfordern, wenn der erhöhte Mietzins nach Wegfall einer zunächst bestehenden Bindung an die Kostenmiete aufgrund von einseitigen Mietanpassungserklärungen des Vermieters gezahlt wurde und sich beide Vertragsparteien im Rechtsirrtum über die Zulässigkeit der Mietanpassung befanden und zugleich angenommen werden kann, daß der Vermieter bei Kenntnis der Rechtslage Mieterhöhungsverlangen gemäß § 2 Abs. 1 MHG gestellt und durchgesetzt hätte?

Zur Begründung der Vorlage führt die Kammer aus, es unterliege keinem Zweifel, daß die Mieterhöhungserklärungen des Beklagten materiell unwirksam seien. Nach dem Fortfall der Bindung an die Kostenmiete sei der Beklagte gehalten gewesen, gemäß §§ 2, 10 MHG eine Vereinbarung mit den Klägern herbeizuführen und notfalls deren fehlende Zustimmung zur Mieterhöhung im Wege der Klage einzuholen. Nach den hier vorliegenden Umständen hätten die Kläger der Mieterhöhung auch nicht durch schlüssiges Verhalten – Zahlung der erhöhten Miete – zugestimmt. Eine ungerechtfertigte Bereicherung des Beklagten im Sinne von § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB sei jedoch gleichwohl nicht in dem von den Klägern behaupteten Umfang feststellbar. Es sei nämlich davon auszugehen, daß der geforderte Mietzins die ortsübliche Miete im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 2 MHG weitgehend nicht übersteige und daß der Beklagte, hätte er die Rechtslage gekannt, die ortsübliche Miete gefordert hätte. Die aufgrund der unwirksamen Erhöhungsverlangen gezahlten Beträge könnten die Kläger nicht zurückverlangen, soweit der Beklagte nicht bereichert sei (§ 818 Abs. 3 BGB). Der Beklagte hafte nicht gemäß § 819 Abs. 1 BGB verschärft, denn es könne nicht festgestellt werden, daß er den Mangel des rechtlichen Grundes gekannt hat. Andererseits sei die Vorschrift des § 814 BGB nicht zu Lasten der Kläger anwendbar, weil diesen nicht bewußt gewesen sei, daß ein Anspruch des Beklagten nicht bestanden hat. Die Rückforderungsansprüche der Kläger seien nicht verwirkt. § 242 BGB stehe der Geltendmachung des Mangels der Erhöhungserklärungen nicht entgegen.

Die grundsätzli...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge