Leitsatz (amtlich)
1.
Der Einwand der Verfolgungsverjährung bereits vor Erlass des angefochtenen Urteils ist im Zulassungsverfahren nur dann zu prüfen, wenn es geboten ist, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, um zur Frage der Verjährung ein klärendes Wort zu sprechen.
2.
Die Übersendung eines Anhörungsbogens als Bekanntgabe im Sinn von § 33 Abs. 1 Nr. 1 OWiG ist ausreichend, wenn daraus für den Adressaten unmissverständlich hervorgeht, dass die Ermittlungen gegen ihn als Betroffenen geführt werden.
Verfahrensgang
AG Witten (Entscheidung vom 14.02.2005) |
Tenor
Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Betroffenen verworfen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen fahrlässiger Nichteinhaltung des vorgeschriebenen Sicherheitsabstandes zum vorausfahrenden Lkw gemäß §§ 4 Abs. 3, 49 StVO, 24 StVG mit einer Geldbuße in Höhe von 65,-- EUR belegt. Dagegen richtet sich der Antrag des Betroffenen auf Zulassung der Rechtsbeschwerde. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, den Antrag zu verwerfen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde ist zwar rechtzeitig gestellt und form- und fristgerecht begründet worden, hat in der Sache aber keinen Erfolg haben.
Da die verhängte Geldbuße nicht mehr als 100 EUR beträgt, richten sich die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde nach § 80 Abs. 2 Nr. 1 OWiG. Danach ist die Rechtsbeschwerde in den Verfahren mit den so genannten weniger bedeutsamen Fällen nur zulässig zur Fortbildung des materiellen Rechts (§ 80 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 80 Abs. 2 OWiG) oder wenn das Urteil wegen Versagung des rechtlichen Gehörs aufzuheben ist (§ 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG).
Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben.
Soweit der Betroffene die Verletzung formellen Rechts gerügt hat, kann er - abgesehen davon, dass diese Rüge nicht näher ausgeführt worden ist - damit keinen Erfolg haben. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde wegen formeller Rechtsfehler scheidet aus.
Die Rechtsbeschwerde war auch nicht zur Fortbildung des materiellen Rechts zuzulassen. Eine Zulassung aus diesem Grund kommt nur in Betracht, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen Rechts aufzustellen oder Gesetzeslücken rechtsschöpferisch auszufüllen (vgl. OLG Hamm, VRS 56, 42 f.). Dafür ist vorliegend kein Anlass ersichtlich. Die nur in allgemeiner Form erhobene Sachrüge zeigt solche Rechtfehler nicht auf.
Soweit sich der Betroffene darauf berufen hat, dass bereits vor Erlass des angefochtenen Urteils Verfolgungsverjährung eingetreten sei, ist auf § 80 Abs. 5 OWiG zu verweisenDanach ist der Einwand der Verfolgungsverjährung bereits vor Erlass des angefochtenen Urteils im Zulassungsverfahren nur dann zu prüfen, wenn es geboten ist, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, um zur Frage der Verjährung ein klärendes Wort zu sprechen (Göhler, OWiG, 13. Aufl., § 80 Rn. 24 mit weiteren Nachweisen). Klärungsbedürftige Fragen der Verjährung ergeben sich jedoch - worauf die Generalstaatsanwaltschaft zutreffend hinweist - aus dem Antragsvorbringen nicht, In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist nämlich hinreichend geklärt, wann bei so genannten Kennzeichenanzeigen durch die Versendung eines Anhörungsbogens die Verjährung unterbrochen wird (vgl. dazu aus der ständigen Rechtsprechung des Senats DAR 1999, 85 = VRS 96, 225 = NZV 1999, 261= zfs 1999, 265; DAR 2000, 81 = NZV 2000, 179 = VM 2000, 60 (Nr. 69) = VRS 98, 443; DAR 2000, 83 = VRS 98, 209; DAR 2000, 83 = VRS 98, 209 = DAR 2000, 83 = VRS 98, 209; siehe auch OLG Zweibrücken DAR 2003, 193 = VRS 104, 307 = zfs 2002, 596; OLG Dresden DAR 2004, 535, jeweils mit weiteren Nachweisen aus der übrigen obergerichtlichen Rechtsprechung).
Die Rechtsbeschwerde war schließlich auch nicht wegen Verkürzung des verfassungsrechtlich verbürgten Anspruchs auf rechtliches Gehör zuzulassen (§ 80 Abs. 1 Nr 2 OWiG; vgl. dazu zuletzt auch Senat im Beschluss 28. Februar 2005, 2 Ss OWi 123/05 und 2 Ss OWi 185/05). Diese Rüge hat der Betroffene nicht erhoben.
III.
Der Senat weist darauf hin, dass im Übrigen das Amtsgericht aber auch zutreffend davon ausgegangen ist, dass Verfolgungsverjährung nicht eingetreten ist.
Die Verjährungsfrist beträgt bei einem Verstoß gegen die StVO nach §§ 24, 26 Abs. 3 StVG grundsätzlich drei Monate, beginnend mit dem Vorfallstag. Die Verfolgungsverjährung der am 21. Juni 2004 begangenen Ordnungswidrigkeit nach den §§ 4, 49 StVO wäre demnach am 21. September 1998 eingetreten, wenn sie bis dahin nicht gem. § 33 OWiG unterbrochen worden wäre.
Vorliegend ist der Lauf der Verjährungsfrist aber, wovon auch das Amtsgericht ausgegangen ist, durch eine Untersuchungshandlung der Bußgeldbehörde, nämlich die Versendung des Anhörungsbogens vom 07. September 2004 an den Betroffenen, unterbrochen worden. Nach einhelliger Meinung in der obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. dazu die o.a. Rechtsprechung des Senats mit den weiteren Nachweisen und OLG Dresden und OLG Zweibrücken, jeweils a.a.O....