Entscheidungsstichwort (Thema)
Lebensversicherung: Hinweispflicht des Versicherers in Bezug auf das LVRG 2014?
Leitsatz (amtlich)
Lebensversicherer waren nicht verpflichtet, Versicherungsnehmer darauf hinzuweisen, dass es nach Umsetzung des Lebensversicherungsreformgesetzes vom 1. August 2014 zu "Reduzierungen" der Überschussbeteiligung kommen konnte und sich für einen Versicherungsnehmer womöglich eine Vertragsbeendigung lohnen konnte.
Verfahrensgang
LG Paderborn (Aktenzeichen 3 O 440/17) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurückzuweisen.
Es wird Gelegenheit gegeben, binnen drei Wochen Stellung zu nehmen.
Gründe
I. Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung auf Grund mündlicher Verhandlung erfordern und eine mündliche Verhandlung auch sonst nicht geboten ist.
Zu Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen.
Die Berufungsangriffe des Klägers, wie sie sich aus der Berufungsbegründung vom 20.09.2018 (GA 119 ff.) ergeben, greifen nicht durch.
Dem Kläger steht der geltend gemachte Schadensersatzanspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Er ergibt sich weder aus § 6 Abs. 5 VVG noch aus § 280 Abs. 1 BGB. Der Kläger kann nicht verlangen, so gestellt zu werden, als hätte er nicht die Lebensversicherung vertragsgemäß zu Ende geführt, sondern vielmehr zu einem bestimmten Zeitpunkt gekündigt.
1. Soweit der Kläger geltend macht, ihm sei als Versicherungsnehmer suggeriert worden, dass die Überschussbeteiligung steigen werde, obwohl tatsächlich Verluste deutlich wahrscheinlicher gewesen seien als Wertsteigerungen, ist damit eine Pflichtverletzung der Beklagten nicht dargelegt. Der Senat verweist insoweit zunächst auf die zutreffenden Erwägungen des Landgerichts.
Auch das Vorbringen des Klägers in der Berufungsbegründung führt zu keiner anderen Beurteilung.
Es ist für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer ohne Weiteres klar, dass der Schlussüberschussanteil nicht garantiert ist, sondern Schwankungen unterworfen ist und damit gegenüber früheren Prognosen sinken kann (vgl. BGH, Urteil vom 11.02.2015 - IV ZR 213/14, VersR 2015, 430, juris Rn. 17). Die Beklagte hat durch die von ihr versandten Wertmitteilungen auch nicht unzutreffend einen gegenteiligen Eindruck erweckt. Allein der Verweis der Beklagten auf eine "vorsichtige Tarifkalkulation" ändert daran ebenso wenig wie die allgemein gehaltene Aussage, dass die Überschussbeteiligung "in späteren Jahren auch wieder höher ausfallen" könne. Einem verständigen Versicherungsnehmer ist klar, dass der Versicherer eine Vielzahl ähnlich strukturierter Verträge in seinem Bestand hat, deren restliche Laufzeiten bis hin zu vielen Jahren reichen kann. Für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer ist bei der Lektüre des Informationstextes ohne Weiteres ersichtlich, dass der Versicherer mit einem solchen Text keine konkrete Prognose dazu anstellen will, wie sich das Zinsniveau an den Kapitalmärkten mittel- und langfristig entwickeln wird, sondern nur allgemein darüber informieren will, dass Schwankungen in beide Richtungen möglich sind.
2. Eine Pflichtverletzung der Beklagten liegt aber auch nicht in der unterlassenen Information über die Auswirkungen des "Gesetzes zur Absicherung stabiler und fairer Leistungen für Lebensversicherte" vom 1. August 2014 (BGBl. I S. 1330, Lebensversicherungsreformgesetz - im Folgenden: LVRG).
Zwar treffen den Versicherer gemäß § 6 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 VVG auch während der Vertragslaufzeit Pflichten zur Information und Beratung des Versicherungsnehmers. Danach hat der Versicherer den Versicherungsnehmer unter Berücksichtigung eines angemessenen Verhältnisses zwischen Beratungsaufwand und dem Versicherungsnehmer zu zahlenden Prämie zu beraten, soweit hierzu nach der Schwierigkeit, die angebotene Versicherung zu beurteilen, oder nach der Person des Versicherungsnehmers und nach dessen Situation ein Anlass besteht. Neben diese spezifisch versicherungsvertragsrechtlichen Beratungspflichten können im Einzelfall weitere Informations- und Aufklärungspflichten nach § 241 Abs. 2 BGB treten, soweit ein Informationsgefälle zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer besteht (OLG Karlsruhe, Urteil vom 31. März 2017 - 12 U 112/16, juris).
Vorliegend bestand aber für die Beklagte keine Pflicht, den Kläger über die möglichen Auswirkungen des LVRG zu informieren.
a) Eine solche Pflicht ergab sich nicht aus § 6 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 VVG.
Wie weit die Beratungs-, Informations- und Aufklärungspflichten nach dieser Vorschrift reichen, ist stets anhand des konkreten Einzelfalls zu beurteilen. Auch wenn in der überwiegenden Zahl der Fälle eine Beratungspflicht aus einem Kontakt zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer resultieren wird, sind durchaus auch generelle Beratungsanlässe denkbar. Ein solcher gener...