Leitsatz (amtlich)
Für die Wirksamkeit eines Bußgeldbescheides ist dessen Zustellung nicht erforderlich.
Verfahrensgang
AG Iserlohn (Entscheidung vom 15.08.2006) |
Tenor
Das angefochtene Urteil wird aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Iserlohn zurückverwiesen.
Gründe
I.
Durch Bußgeldbescheid vom 11. Juli 2005 verhängte die Stadt Iserlohn gegen den Betroffenen wegen Errichtung einer baulichen Anlage ohne die erforderliche Baugenehmigung - betreffend das Anwesen O.Weg XX in Iserlohn-Hennen - eine Geldbuße in Höhe von 4.000,00 EURO. Nachdem der damalige Verteidiger des Betroffenen, Rechtsanwalt B. - dieser hat zwischenzeitlich mit Schriftsatz vom 04. Oktober 2006 das Mandat niedergelegt - hiergegen mit Schriftsatz vom 28. Juli 2005 Einspruch eingelegt hatte, fand der Termin zur Hauptverhandlung schließlich am 08. August 2006 mit Fortsetzungstermin am 15. August 2006 statt. Zwei der zuvor vom Amtsgericht anberaumten Termine mussten zum einen wegen der Verhinderung des Verteidigers, zum anderen wegen einer akuten Erkrankung des Betroffenen aufgehoben werden. Ein entsprechendes ärztliches Attest hatte der in Iserlohn ansässige Hausarzt des Betroffenen ausgestellt, der in dem Attest als Wohnanschrift seines Patienten "XXXX I., O.Weg XX" angegeben hatte. Die Ladungen des Betroffenen zu den Hauptverhandlungsterminen, die zudem in die italienische Sprache übersetzt worden sind, mussten dem Betroffenen jedoch unter seiner Anschrift in Italien zugestellt werden. Er hatte überdies davon abgesehen, seinen damaligen Verteidiger zu bevollmächtigen, an ihn gerichtete Ladungen in Empfang zu nehmen. Auf diesen Umstand hatte der Verteidiger, der mit dem Schriftsatz vom 28. Juli 2005 eine auf ihn ausgestellte, jedoch nicht datierte Vollmacht zu den Akten gereicht hatte, ausdrücklich in seinem Schriftsatz vom 08. November 2005 hingewiesen.
Im Fortsetzungstermin am 15. August 2006 hat das Amtsgericht sodann das Verfahren gemäß den § 46 OWiG, § 260 Abs. 3 StPO wegen eines Verfahrenshindernisses eingestellt. Zur Begründung heißt es:
"Der Bußgeldbescheid der Stadt Iserlohn vom 11.07.2005 ist dem Betroffenen bisher nicht wirksam zugestellt worden. Eine Zustellung durch Niederlegung ist erfolgt am 14.07.2005 an Frau Rechtsanwältin H.P. in Dortmund. Diese war jedoch nicht zustellungsbevollmächtigt.
Der Betroffene ist durch Schreiben der Stadt Iserlohn vom 10.01.2005 aufgefordert worden, einen Empfangsbevollmächtigten in der Bundesrepublik Deutschland zu benennen, da er im Bezug auf baurechtliche Missstände auf dem Anwesen "Haus O." als Bauherr und somit als ordnungspflichtige Person bauaufsichtlich in Anspruch genommen werden sollte.
Der Betroffene hat daraufhin mit Datum vom 07.02.2005 insoweit Frau Rechtsanwältin H.P. als Empfangsbevollmächtigte angegeben. Sie war danach nicht zustellungsbevollmächtigt im Bußgeldverfahren.
Da der vorliegende Zustellungsmangel gemäß § 51 Abs. 3 Satz 3 OWiG nicht geheilt werden kann, war das Verfahren deshalb durch Urteil einzustellen."
Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Hagen, der die Generalstaatsanwaltschaft mit ergänzenden Ausführungen beigetreten ist.
Dem Betroffenen ist die Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft zur Kenntnisnahme an seine Anschrift in Italien zugesandt worden. Er hat sich hierzu mit Schreiben vom 28. November 2006 geäußert, in dem zwar seine Anschrift in Italien aufgeführt, das aber ausweislich des in den Akten befindlichen Briefumschlages in Dortmund zur Post gegeben worden ist.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und auch begründet.
Auch wenn die Staatsanwaltschaft in ihrer Rechtsbeschwerde nicht ausdrücklich die Rüge der Verletzung materiellen Rechts erwähnt hat, ergibt sich dies jedoch aus dem Zusammenhang, da die Staatsanwaltschaft die Einstellung des Verfahrens beanstandet.
Das Amtsgericht hat das Verfahren rechtsfehlerhaft wegen Fehlens einer Verfahrensvoraussetzung eingestellt. Ein Verfahrenshindernis liegt nicht vor. Insbesondere ermangelt es nicht an einem rechtswirksamen Bußgeldbescheid als Verfahrensgrundlage, sondern dieser ist wirksam gegen den Betroffenen erlassen worden.
Für die Wirksamkeit eines Bußgeldbescheides ist dessen Zustellung nämlich nicht erforderlich. Erlassen ist der Bußgeldbescheid vielmehr bereits dann, wenn er vollinhaltlich aktenmäßig zur Kenntnis von Personen außerhalb der Verwaltungsbehörde niederlegt ist und durch zuständige Behördenangehörige entweder unterschrieben worden oder erkennbar ist, dass die in den Akten befindliche Entscheidung auf dem Willen des zuständigen Bediensteten beruht (vgl. KK-OWiG-Lampe, 3. Aufl., § 65 Rdnr. 23). Zustellungsmängel sind demzufolge für die Wirksamkeit des Bußgeldbescheides ohne Bedeutung ( a.a.O., § 51 Rdnr. 98; Göhler, OWiG, 14. Aufl., § 51 Rdnr. 51). Sie können lediglich verhindern, dass die Einspruchsfrist in Lauf gesetzt wird (vgl. KK-OWiG-Lampe, a.a.O., m.w.Nachw.).
Auch wird die Zulässi...