Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung eines Versicherungsmaklers: Verkauf von Ansprüchen
Leitsatz (amtlich)
Zu den Pflichten eines Versicherungsmaklers beim Verkauf von Ansprüchen aus einer Lebensversicherung ohne sofortige, vollständige Zahlung des Kaufpreises (hier Verkauf an die S&K-Gruppe, Haftung des Maklers bejaht).
Verfahrensgang
LG Bielefeld (Aktenzeichen 18 O 269/16) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 07.09.2018 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Vollstreckungsschuldner darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Der Kläger nimmt den Beklagten als Versicherungsmakler auf Schadensersatz in Anspruch, weil der Beklagte ihm - aus Sicht des Klägers pflichtwidrig - zu einem Verkauf von Ansprüchen aus mehreren Lebensversicherungsverträgen an die Firma T Immobilienhandel GmbH riet.
Der Beklagte ist seit 1992 als Versicherungsmakler tätig und war seitdem in verschiedenen Angelegenheiten auch für den Kläger und dessen Ehefrau tätig.
Im September 2010 nahmen der Kläger und dessen Ehefrau Kontakt zu dem Beklagten auf, um sich von ihm beraten zu lassen, wie sie kurzfristig an Kapital in einer Höhe von ca. 20.000,- EUR gelangen könnten. Hintergrund war, dass der Kläger eine Nachforderung des Finanzamtes in entsprechender Höhe befürchtete.
Der Beklagte riet dem Kläger und seiner Ehefrau bei dem daraufhin stattfindenden Beratungsgespräch zu einem Verkauf der Ansprüche aus drei Lebensversicherungsverträgen - einer davon ein Vertrag des Klägers selbst sowie zwei weitere Verträge seiner Ehefrau - an die Firma T Immobilienhandels GmbH. Die näheren Einzelheiten dieser Empfehlung sind zwischen den Parteien streitig.
Das Geschäftsmodell der T Immobilienhandels GmbH sah - wie dem Beklagten bekannt war - vor, dass nur ein Teil des Kaufpreises für die Ansprüche aus den Lebensversicherungsverträgen Zug um Zug gegen deren Abtretung erfolgte, dass aber zu einem späteren Zeitpunkt eine weitere Zahlung erfolgen solle, so dass die Verkäufer letztlich einen Betrag in Höhe des Doppelten des Rückkaufswertes erhalten sollten, den die Versicherungsverträge im Zeitpunkt des Verkaufs hatten. Ein Hinweis darauf, dass schon im September 2010 verschiedene Veröffentlichungen existierten, die sich kritisch mit dem Geschäftsmodell der T Immobilienhandels GmbH auseinandersetzten, erfolgte seitens des Beklagten nicht; ebenso wenig wies er darauf hin, dass er das Insolvenzrisiko hinsichtlich der T Immobilienhandels GmbH nicht näher beurteilen könne.
Der Kläger und seine Ehefrau folgten dem Rat des Beklagten und verkauften die Ansprüche aus ihren Lebensversicherungsverträgen an die T Immobilienhandels GmbH, wofür sie zunächst eine Zahlung von insgesamt 17.234,14 EUR erhielten. Die Rückkaufswerte der Versicherungsverträge betrugen im Zeitpunkt des Verkaufs insgesamt 48.330,52 EUR.
Zu den ihm seitens der T Immobilienhandels GmbH in den jeweiligen Kaufverträgen versprochenen Zahlungen des restlichen Kaufpreises kam es nicht mehr, weil die BaFin im Mai 2014 die Abwicklung des seitens der Gesellschaft unerlaubt betriebenen Einlagegeschäfts anordnete. Im August 2015 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft eröffnet.
Der Kläger verlangte - hinsichtlich der Versicherungsverträge seiner Ehefrau aus abgetretenem Recht - vom Beklagten Schadensersatz in Höhe der Differenz zwischen dem von der T Immobilienhandels GmbH gezahlten Teils des Kaufpreises und dem Rückkaufswert, der im Zeitpunkt des Verkaufs hätte erzielt werden können.
Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Dem Kläger stehe gegen den Beklagten aus eigenem und aus abgetretenem Recht ein Schadensersatzanspruch in der geltend gemachten Höhe aus §§ 61, 63 VVG zu, da der Beklagte eine Pflicht aus einem zwischen den Parteien bestehenden Maklervertrag verletzt habe. Der von ihm erteilte Rat zum Verkauf der Ansprüche aus den Lebensversicherungsverträgen sei keine bloße Gefälligkeit gewesen, sondern in Wahrnehmung der Pflichten aus dem Maklervertrag erfolgt. Der Rat sei pflichtwidrig erteilt worden, weil - insoweit unstreitig - zum Einen ein Hinweis darauf gefehlt habe, dass die Möglichkeit zur Kündigung der Verträge bestanden habe, und zum Anderen auch jede Aufklärung über das besondere Risiko eines Verkaufs an die T Immobilienhandels GmbH unterlassen worden sei.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in erster Instanz, der Anträge, des Tenors und der Begründung des Urteils wird auf dieses Bezug genommen (GA 214 ff.).
Mit der Berufung verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter. Er ist der Ansicht, der von ihm erteilte Ratschlag unterfalle bereits nicht den §§ 59 ff. VVG, weil dies...