Verfahrensgang
LG Arnsberg (Beschluss vom 05.11.2007; Aktenzeichen 4 O 233/07) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 5.11.2007 wird der Beschluss der 4. Zivilkammer des LG Arnsberg abgeändert.
Dem Antragsteller wird ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt U aus C zu den Bedingungen eines in B ansässigen Rechtsanwalts für den Antrag bewilligt, das beklagte Land zu verurteilen, an ihn 2.420 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen und den Antragsteller von seinen Zahlungsverpflichtungen gegenüber seinen Verfahrensbevollmächtigten aus deren Kostenrechnung vom 13.6.2007 i.H.v. 272,87 EUR freizustellen.
Die weitergehende sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Die Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren ist auf die Hälfte zu ermäßigen.
Gründe
I. Der Antragsteller, der in der (vor dem 1.1.1977 errichteten) JVA X eine Freiheitsstrafe verbüsste, begehrt mit seiner beabsichtigten Klage vom Land Nordrhein-Westfalen die Zuerkennung eines angemessenen Schmerzensgeldes wegen der Unterbringung in verschiedenen Gemeinschaftshafträumen.
Er war unstreitig vom 2.10.2006 bis zum 17.10.2006 - nach seiner Behauptung bis zum 2.11.2006 - zusammen mit 2 weiteren Gefangenen in einem 18 qm großen Gemeinschaftsraum untergebracht. Die Mitgefangenen waren starke Raucher, während der Antragsteller selbst nach unwidersprochenem Vortrag lediglich zwei Zigaretten täglich raucht. Die Toilette befand sich im Haftraum und war durch einen Stoffvorhang abgetrennt.
In der Zeit vom 12.12.2006 bis zum 17.1.2007 war der Antragsteller sodann mit einem weiteren Gefangenen - ebenfalls Raucher - in einem etwa 10 qm großen Raum untergebracht. Auch hier war die im Haftraum befindliche Toilette an einer Seite mit einem Vorhang abgetrennt, während an der anderen Seite eine Holzwand als Abtrennung diente.
Vom 17.1.2007 bis zum 8.6.2007 war der Antragsteller schließlich wieder mit zwei weiteren Gefangenen - ebenfalls Raucher - in einem 16 qm großen Haftraum untergebracht, die mit 2 Doppelbetten, 3 Stühlen, 2 Tischen und 4 Schränken ausgestattet war. Die Toilette, die nach unwidersprochenem Vortrag des Antragstellers eine Grundfläche von 4 qm in Anspruch nahm, war baulich abgetrennt und verfügte über eine gesonderte Entlüftung. Nach unwidersprochenem Vortrag des Antragstellers war ein Mitgefangener HIV-positiv und wachte nachts auf und schrie, während der andere geschnarcht hat.
Ob und wie häufig der Antragsteller, der selbst an Hepatitis C erkrankt ist, eine Verlegung beantragt hat, ist streitig. Rechtsmittel hat der Antragsteller insoweit jedenfalls nicht ergriffen. Die JVA war in dem hier maßgeblichen Zeitraum permanent überbelegt.
Der Antragsteller macht geltend, dass die oben näher dargestellte gemeinschaftliche Unterbringung gegen das Gebot menschenwürdiger Unterbringung verstoßen habe. Das begründe eine Amtspflichtverletzung, für die das Land zumindest wegen Organisationsverschuldens hafte. Die Dauer der Unterbringung unter menschenunwürdigen Vollzugsbedingungen erfordere zur Genugtuung und Prävention eine Geldentschädigung, die für die in der Zeit vom 2.10.2006 bis zum 17.1.2007 erfolgte gemeinschaftliche Unterbringung an 66 Tagen mit 100 EUR pro Tag anzusetzen sei und für die Zeit vom 17.1.2007 bis zum 8.6.2007 an 143 Tagen mit 50 EUR pro Tag. Ferner verlangt der Antragsteller Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten seiner Bevollmächtigten.
Das Land ist dem entgegengetreten und macht geltend, die Belastungen infolge der gemeinschaftlichen Unterbringung sei durch die Ausübung einer Beschäftigung durch den Antragsteller sowie durch Freistunden, Sportveranstaltungen und Umschluss gemildert worden. Der Antragsteller sei zudem weitgehend mit seiner Unterbringung einverstanden gewesen. Zwar habe seinen Anträgen vom 18.12.2006 und 20.1.2007 nicht entsprochen werden können. Dagegen habe er aber Widerspruch nicht eingelegt. Zudem sei der Antragsteller mit der zuletzt erfolgten Verlegung in den Gemeinschaftshaftraum mit 3 Plätzen und abgetrennter Toilette einverstanden gewesen, zumindest habe er danach keine Verlegung mehr beantragt.
Das LG hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Anspruch scheitere bereits daran, dass der Antragsteller den Primärrechtsschutz in Form eines Antrages auf gerichtliche Entscheidung nach §§ 109 ff. StVollzG einschließlich der Möglichkeit einstweiligen Rechtsschutzes entgegen § 839 Abs. 3 BGB nicht in Anspruch genommen habe. Ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass die Klage auch im Übrigen keine Erfolgsaussichten habe, weil auch bei menschenunwürdiger Unterbringung kein Anspruch bestehe. Zwischen rechtswidriger Unterbringung und Geldentschädigung bestehe kein Junktim, vielmehr hänge die Beurteilung von den Umständen des Einzelfalles ab, beispielsweise der Dauer der Unterbringung sowie deren psychisch...