Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksamkeit eines mit einer Schwangeren geschlossenen Ehevertrages

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein mit einer Schwangeren abgeschlossener Ehevertrag, der allein die Regelung der Gütertrennung zum Inhalt hat, ist wirksam.

 

Normenkette

BGB § 138 Abs. 1, §§ 242, 1379 Abs. 1, § 1408

 

Verfahrensgang

AG Rheda-Wiedenbrück (Beschluss vom 30.06.2005; Aktenzeichen 7 F 75/05)

 

Tenor

In der Familiensache wird die Beschwerde der Antragsgegnerin vom 19.7.2005 gegen den Beschluss des AG - FamG - Rheda-Wiedenbrück vom 30.6.2005 zurückgewiesen.

Gerichtliche Gebühren werden für das Beschwerdeverfahren nicht erhoben; außergerichtlichen Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin ist nicht begründet.

Das FamG hat der Antragsgegnerin die beantragte Prozesskostenhilfe zu Recht versagt, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung - ein Auskunftsanspruch über den Bestand des Endvermögens des Antragstellers nach § 1379 Abs. 1 BGB - keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 114 ZPO).

Ein Auskunftsanspruch besteht nicht, wenn der Leistungsanspruch, dessen Bezifferung durch die Auskunft vorbereitet werden soll, unter keinen Umständen gegeben sein kann. So liegt der Fall hier. Einem Zugewinnausgleichsanspruch der Antragsgegnerin aus § 1378 Abs. 1 BGB steht auf Dauer entgegen, dass die Parteien auf Grund des wirksamen notariellen Ehevertrages vor dem Notar I. in X. vom 2.9.1999 seit Beginn der Ehe bis heute nicht im Güterstand der Zugewinngemeinschaft (§§ 1363 f. BGB), sondern in Gütertrennung (§ 1414 BGB) gelebt haben.

Eine Nichtigkeit oder Unwirksamkeit des Ehevertrages wegen Sittenwidrigkeit gem. § 138 Abs. 1 und 2 BGB bzw. wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben gem. § 242 BGB oder Art. 3 GG vermag der Senat unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens nicht zu erkennen. Am Maßstab der jüngeren Rechtsprechung des BGH zur Inhaltskontrolle von Eheverträgen (BGH MDR 2005, 217 = FamRZ 2004, 601 f.) gemessen sind die engen Grenzen, unter denen eine Sittenwidrigkeit angenommen werden kann oder ein Ehevertrag einer Inhaltskontrolle nach § 242 BGB nicht standhält, vorliegend deutlich unterschritten. Die Parteien haben kurz vor Eheschließung einen "ganz normalen" Standardvertrag über die Gütertrennung abgeschlossen, der keine sonstigen Ehe- und Scheidungsfolgen regelt.

Allein die Tatsache, dass die Antragsgegnerin bei der Unterzeichnung des notariellen Vertrages unstreitig schwanger war, vermag einen Verstoß gegen die oben genannten Vorschriften nicht zu begründen. Anders als in dem von der Antragsgegnerin in Bezug genommenen Fall, in dem das BVerfG einen Verstoß gegen Art. 3 GG angenommen hat (BVerfG v. 29.3.2001 - 1 BvR 1766/92, FamRZ 2001, 985), hat sich die Antragsgegnerin vorliegend als bei Vertragsabschluss Schwangere nur mit der Gütertrennung, nicht aber mit dem Ausschluss des Versorgungsausgleichs und dem Verzicht auf Unterhalt einverstanden erklärt. Auf den Kernbereich ihrer Ansprüche nach dem Scheidungsfolgenrecht, nämlich Unterhaltsansprüche - insb. wegen der Betreuung des seinerzeit noch ungeborenen Kindes - und den Versorgungsausgleich zur angemessenen Aufteilung der Altersabsicherung hat die Antragsgegnerin nicht verzichtet.

Der Zugewinnausgleich fällt demgegenüber nicht in den Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts. Über ihr Vermögen können Eheleute Regelungen von einer großen Bandbreite treffen, ohne dass dies zu einem unzulässigen Eingriff in den durch die §§ 138, 242 BGB und Art. 3 GG geschützten Bereich führt (Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 138 Rz. 47; BGH v. 11.2.2004 - XII ZR 265/02, MDR 2004, 573 = BGHReport 2004, 516 m. Anm. Grziwotz = NJW 2004, 930; OLG Celle v. 25.2.2004 - 15 UF 178/03, OLGReport Celle 2004, 242 = NJW 2004, 1961). Ein Verstoß gegen § 138 BGB ist danach nur zu bejahen, wenn Regelungen aus dem Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts ganz oder zu erheblichen Teilen abbedungen werden, ohne dass dieser Nachteil durch Vorteile gemildert oder durch wichtige Belange des anderen Ehegatten oder besondere Umstände gerechtfertigt wird (BGH v. 11.2.2004 - XII ZR 265/02, MDR 2004, 573 = BGHReport 2004, 516 m. Anm. Grziwotz = NJW 2004, 930).

Vorliegend ist insoweit insb. zu berücksichtigen, dass ein wesentlicher Teil des Vermögens des Antragstellers zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses aus einem Hof im Sinne der Höfeordnung bestand, der dem Antragsteller rund ein Dreivierteljahr vor der Eheschließung durch notariellen Übergabevertrag vom 21.12.1998 von seinen Eltern übertragen worden war. Die Höfeordnung soll gerade dem Ziel dienen, landwirtschaftliche Höfe der Herkunftsfamilie - insb. einem einzelnen Übernehmer oder Erben - zu erhalten und sie vor einer Zerschlagung bzw. dem Zugriff durch Dritte zu schützen. Dass der Antragsteller (und dessen Eltern) vor diesem Hintergrund durch den Ehevertragsabschluss verhindern wollten, dass es im Falle der späteren Scheidung zu einer streitigen Vermögensauseinandersetzung über den Hof kommen könnte, ist rechtlich nich...

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