Leitsatz (amtlich)
Allein die Feststellung, der Betroffene, der als selbständige Physiotherapeut tätig ist, käme in erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten, wenn er seinen Führerschein für einen Monat entbehren müsste, rechtfertigt das Absehen von einem Fahrverbot nicht.
Tenor
Das angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch mit den insoweit getroffenen Feststellungen aufgehoben.
In diesem Umfang wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde - an das Amtsgericht Herford zurückverwiesen.
Gründe
Das Amtsgericht hat gegen den Betroffenen wegen einer fahrlässigen Geschwindigkeitsüberschreitung eine Geldbuße von 800, - DM festgesetzt. Nach den getroffenen Feststellungen befuhr der Betroffene am 19. Juni 2000 gegen 16. 45 Uhr mit seinem PKW in Löhne die BAB A 30 in Fahrtrichtung Osnabrück. Dabei beachtete der Betroffene aus Unachtsamkeit die auf beiden Seiten der Fahrbahn aufgestellten Verkehrszeichen, die eine Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h anordnen, nicht und überschritt die höchst zulässige Geschwindigkeit um 26 km/h. Ein Fahrverbot verhängte das Amtsgericht nicht und führte in den Urteilsgründen hierzu folgendes aus:
"Es stellt sich nunmehr die Frage, ob gegen den Betroffenen noch ein Fahrverbot angeordnet werden musste. Der Betroffene war nämlich nach § 2 Abs. 2 der Bußgeldkatalogverordnung als "Wiederholungstäter" wegen "beharrlicher Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers" anzusehen. Mit Bußgeldbescheid des Landkreises Schaumburg vom 7. Juni 1999, rechtskräftig seit dem 5. Juli 1999, war er nämlich wegen einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um mindestens 36 km/h mit einer Geldbuße von 150, - DM belegt worden. Nach der Bußgeldkatalogverordnung kam somit ein Fahrverbot von einem Monat in Betracht.
Das Gericht hat sich dazu entschlossen, in Anwendung von § 2 Abs. 4 der Bußgeldkatalogverordnung das Fahrverbot in Wegfall geraten zu lassen und dafür die Geldbuße deutlich zu erhöhen, und zwar auf einen Betrag in Höhe von 800, - DM. Das ergab sich aus Folgendem:
Der Betroffene machte zunächst unwiderlegt berufliche Gründe geltend, die für einen Wegfall des Fahrverbots sprachen. Der Betroffene ist als selbständiger Physiotherapeut oftmals mit seinem PKW unterwegs, um auswärtige Patienten besuchen und behandeln zu können. Von daher ist er dringend auf den Besitz einer Fahrerlaubnis angewiesen. Der Betroffene käme, wie er unwiderlegt ausgeführt hat, in erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten, wenn er seinen Führerschein für einen Monat entbehren müsste.
Abgesehen davon ließ auch die Örtlichkeit einen Wegfall des Fahrverbots gegen eine erhöhte Geldbuße zu. Dem Gericht ist aus anderen Verfahren nämlich bekannt, dass an der fraglichen Stelle der Grund für die Geschwindigkeitsbeschränkung für Kraftfahrer nicht ohne weiteres gesehen wird. Im Bereich des "Löhner Kreuzes" wird die Fahrbahn der Autobahn etwas verschmälert, außerdem befindet sich zwischen den Fahrbahnen und der Ausfädelungsspur eine Leitplanke. Damit liegt eine gewisse Gefahrenquelle vor, die nach Auskunft der Polizei Veranlassung gegeben hat, an der fraglichen Stelle eine Geschwindigkeitsmessung durchzuführen. Die vorgenannte Gefahrenquelle ist aber für Kraftfahrer, wie aus zahlreichen Verfahren bekannt ist, nicht ohne weiteres erkennbar. Die Kraftfahrer sind in der Regel froh, die Ortsdurchfahrt von Bad Oeynhausen endlich verlassen zu haben. Wenn sie dann die Autobahn A 30 erreicht haben, beschleunigen sie, ohne auf die Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h zu achten. Oftmals werden Nettogeschwindigkeiten bis zu 150 km/h im Bereich des "Löhner Kreuzes" festgestellt. Nur wenige 100 m hinter der Messstelle endet im Übrigen die Geschwindigkeitsbeschränkung, dann herrscht freie Fahrt. Das Gericht hat aber in ähnlich gelagerten Fällen immer wieder davon abgesehen, ein Fahrverbot, welches nach der Bußgeldkatalogverordnung in Betracht kam, nicht festzusetzen und dafür die Geldbuße angemessen, und zwar in einem deutlichen Rahmen zu erhöhen. Entsprechend konnte auch in der vorliegenden Sache verfahren werden, obwohl der Betroffene im Verkehrszentralregister immer wieder wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen aufgefallen ist. Insgesamt war es vertretbar, den Betroffenen mit einer deutlich erhöhten Geldbuße von 800, - DM zu belasten und dafür ein Fahrverbot nicht festzusetzen. Die erhöhte Geldbuße von 800, - DM ist durchaus geeignet, bei dem Betroffenen einen nachhaltigen Eindruck zu hinterlassen und ihn in Zukunft dazu zu bringen, sorgfältiger auf die Verkehrsvorschriften und die Höchstgeschwindigkeiten zu achten. "
Hiergegen richtet sich die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Bielefeld, mit der sie mit näheren Ausführungen die Verletzung materiellen Rechts rügt. Die Generalstaatsanwaltschaft ist der Rechtsbeschwerde beigetreten.
Das Rechtsmittel hat Erfolg, denn der Rechtsfolgenausspruch hält rechtlicher Nachprüfung ni...