Leitsatz (amtlich)

In Strafvollzugssachen muss die Strafvollstreckungskammer das Begehren des Betroffenen, den für erwiesen erachteten Sachverhalt und die von der Vollzugsbehörde zugrundegelegten entscheidungserheblichen Tatsachen in den Gründen ihres Beschlusses wenigstens in gedrängter Form darlegen, damit eine rechtliche Überprüfung anhand der tatrichterlichen Feststellungen der Strafvollstreckungskammer ermöglicht wird.

 

Verfahrensgang

LG Hagen (Entscheidung vom 23.10.2007)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Der angefochtene Beschluss wird mit Ausnahme der Festsetzung des Geschäftswertes aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde - an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Hagen zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Die Strafvollstreckungskammer hat mit dem angefochtenen Beschluss einen Antrag des Betroffenen auf gerichtliche Entscheidung als unbegründet verworfen und dazu ausgeführt:

"Bei der angefochtenen Entscheidung der Antragsgegnerin, dem Antragsteller keinen Urlaub und keinen Ausgang zu gewähren, handelt es sich um eine Ermessensentscheidung, die das Gericht nur unter dem Gesichtspunkt einer Ermessensüberschreitung und eines Ermessensfehlgebrauchs überprüfen darf.

Außerdem handelt es sich bei den Voraussetzungen für die Gewährung der erwähnten Lockerungen um unbestimmte Rechtsbegriffe, bei denen der Antragsgegnerin ein Beurteilungsspielraum zusteht. Das Gericht darf nur überprüfen, ob die Antragsgegnerin von einem richtigen Sinngehalt der Rechtsbegriffe sowie von einer vollständigen und zutreffenden Tatsachengrundlage ausgegangen ist.

Eine solche Überprüfung deckt hier keinen Rechtsfehler der angefochtenen Entscheidung zum Nachteil des Antragstellers auf.

Die Entscheidung der Antragsgegnerin, dem Antragsteller die erwähnten Lockerungen zu versagen, stellt weder eine Ermessensüberschreitung noch einen Ermessensfehlgebrauch dar.

An den von der Antragsgegnerin zugrundegelegten Tatsachen hat das Gericht nichts auszusetzen. Auch der Antragsteller wehrt sich lediglich gegen die darauf basierenden Einschätzungen und Schlussfolgerungen der Antragsgegnerin.

Die betreffenden Tatsachen lassen die getroffene Entscheidung indessen als vertretbar erscheinen.

Die von der Antragsgegnerin zugrundegelegten Tatsachen vermögen ihre Entscheidung auch dann noch zu tragen, wenn man die vom Antragsteller daran geübte Kritik in die Prüfung einbezieht. Auch dann nämlich können die Einschätzungen und Beurteilungen der Antragsgegnerin jedenfalls nicht von der Hand gewiesen werden.

Dies gilt insbesondere für das wohl ausschlaggebende Argument der Antragsgegnerin für die hier getroffene Entscheidung, dass nämlich der Antragsteller daran festhält, seine Straftaten zu leugnen und deswegen - konsequenterweise - jegliche Tataufarbeitung zu verweigern.

Der Antragsteller irrt, wenn er davon ausgeht, dass er für diese Einstellung durch die Versagung von Lockerungen unzulässigerweise bestraft werden solle. Richtig ist vielmehr, dass ihm die Lockerungen nicht wegen dieser seiner Haltung, sondern wegen der sich daraus ergebenden Unmöglichkeit versagt werden, das bei ihm im Lockerungsfall bestehende Missbrauchsrisiko hinreichend sicher einzuschätzen.

Sogar in der vom Antragsteller angeführten - für ihn positiven - Stellungnahme des psychologischen Dienstes der Justizvollzugsanstalt Schwerte lautet die "Gesamtbeurteilung des Missbrauchsrisikos" nur auf "günstig bis unklar", ist mithin keineswegs uneingeschränkt günstig.

Ob hier aufgrund der vom Antragsteller vorgetragenen Gesichtspunkte möglicherweise auch eine andere Entscheidung hätte getroffen werden können, kann dahingestellt bleiben, da das Gericht nicht befugt ist, sein Ermessen an die Stelle desjenigen der Antragsgegnerin zu setzen."

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen. Er ist der Auffassung, dass die von der Strafvollstreckungskammer angeführten Gründe die Ablehnung des Antrages auf gerichtliche Entscheidung nicht tragen. Konkrete Ansatzpunkte zum eigentlichen Sachverhalt und zum Vortrag des Antragstellers seien nicht ersichtlich. Die Strafvollstreckungskammer sei offensichtlich der Auffassung, dass einem Strafgefangenen, der die ihm vorgeworfenen Tat auch im Nachhinein nicht gestehe, die Urlaubstauglichkeit abzusprechen sei. Schließlich habe die Strafvollstreckungskammer auch nicht überprüft, ob die Justizvollzugsanstalt das ihr eingeräumte Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt habe.

II.

Die Rechtsbeschwerde war zur Fortbildung des Rechts sowie zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen (§ 116 Abs. 1 StVollzG) und hat auch in der Sache - ein zumindest vorläufigen - Erfolg. Der angefochtene Beschluss war aufzuheben und die Sache an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Hagen zurückzuverweisen, denn der Beschluss leidet an einem durchgreifenden Mangel. Ihm ist nicht in der gebotenen Weise zu entnehmen, welchen Sachverhalt das Gericht seiner Entscheidung zugrundegel...

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