Leitsatz (amtlich)
Im Verfahren der Vollstreckbarerklärung ausländischer Titel ist das Prozessgericht für die Kostenfestsetzung zuständig, solange keine Zwangsvollstreckung aus dem Titel anhängig ist oder bereits stattgefunden hat (Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung des Senats, Beschluss vom 22. Februar 2007 - 32 Sbd 9/07 -; veröffentlicht in juris.de).
Normenkette
ZPO §§ 36, 281, 788
Tenor
Als zuständiges Gericht wird das Landgericht B. bestimmt.
Gründe
A.
Mit Beschluss des Landgerichts B. vom 23. März 2007 (Az.: 9 O 93/07) wurde das Versäumnisurteil des Bezirksgerichts Salzburg vom 27. November 2006 für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland für vollstreckbar erklärt. Mit Antrag vom 8. September 2010 begehrt die Antragstellerin nunmehr die Festsetzung der Kosten.
Das Landgericht B. hat sich mit Beschluss vom 25. Oktober 2010 unter Bezugnahme auf Beschlüsse des Oberlandesgerichts Hamm vom 22. Februar 2007 32 Sbd 9/07 - und 29. Dezember 2006 - 1 Sbd 77/06 - für das Kostenfestsetzungsverfahren für unzuständig erklärt und hat den Antrag an das Vollstreckungsgericht Amtsgericht L. verwiesen.
Mit Verfügung vom 17. Dezember 2010 hat das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - L. die Parteien darauf hingewiesen, dass es örtlich nicht zuständig sei. Daraufhin hat die Antragstellerin die Abgabe des Verfahrens an das Amtsgericht H. beantragt.
Mit Beschluss vom 28. Dezember 2010 hat sich das Amtsgericht L. für örtlich unzuständig erklärt und das Verfahren an das Amtsgericht H. verwiesen. Dieses hat sich mit Beschluss vom 2. Februar 2011 für die Kostenfestsetzung ebenfalls für unzuständig erklärt.
B.
1.
Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO analog liegen vor, da sich sowohl das Landgericht B. als auch die Amtsgerichte L. und H. unanfechtbar mit Außenwirkung und damit rechtskräftig im Sinne dieser Vorschrift für unzuständig erklärt haben. Das Oberlandesgericht Hamm ist gemäß § 36 Abs. 1 ZPO als im Rechtszug zunächst höheres gemeinschaftliches Gericht zu der Zuständigkeitsbestimmung berufen.
2.
Als zuständiges Gericht ist das Landgericht B. als Prozessgericht zu bestimmen.
Zwar entspricht die Verweisung des Verfahrens durch das Landgericht B. an das zuständige Vollstreckungsgericht der bisherigen, im Verweisungsbeschluss vom 25. Oktober 2010 zitierten Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Hamm, nach der gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes zur Ausführung zwischenstaatlicher Verträge und zur Durchführung von Verordnungen der Europäischen Gemeinschaft auf dem Gebiet der Anerkennung und Vollstreckung in Zivil- und Handelssachen (AVAG) auf die Kosten des Verfahrens der Vollstreckbarkeitserklärung eines ausländischen Titels § 788 der Zivilprozessordnung (ZPO) anzuwenden ist (Senat, Beschluss vom 22. Februar 2007 - 32 Sbd 9/07 -; OLG Hamm, 1. Zivilsenat, Beschluss vom 29.12.2006 - 1 Sbd 77/06 -, jeweils veröffentlicht unter juris.de).
An dieser Rechtsprechung wird indes nicht mehr festgehalten. Die Verweisung auf § 788 ZPO in § 8 Abs. 1 Satz 4 AVAG hat nicht zur Folge, dass für die Kostenfestsetzung im Verfahren der Vollstreckbarkeitserklärung ausländischer Titel ausnahmslos das Amtsgericht als Vollstreckungsgericht zuständig ist. Vielmehr kann dies entsprechend dem Wortlaut des § 788 Abs. 2 ZPO nur dann gelten, wenn zum Zeitpunkt der Antragstellung eine Vollstreckungshandlung anhängig ist oder bereits stattgefunden hat. Nach dem Wortlaut, dem Sinn und Zweck und der Systematik der Vorschrift kann die größere Sachnähe des Vollstreckungsgerichts, die dessen Zuständigkeit rechtfertigen könnte, nicht herangezogen werden, solange dieses noch nicht mit der Sache befasst ist oder war (vgl. BGH, NJW-RR 2008, S. 515 f.; OLG München, NJWRR 2008, S. 1665).
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aufgrund der Verweisung durch das Landgericht B. mit Beschluss vom 25. Oktober 2010. Dieser Entscheidung kommt eine Bindungswirkung analog § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO nicht zu, da die Verweisung des Verfahrens an das nach den prozessualen Vorschriften unzuständige Amtsgericht L. auf der Versagung rechtlichen Gehörs gegenüber einem Verfahrensbeteiligten beruht. Ein solcher Gehörsverstoß ist anzunehmen, wenn den Parteien ein auch für die Sachentscheidung notwendiges rechtliches Gehör nicht gewährt worden ist (BGHZ 71, S. 69). Das trifft hier zu, weil das Landgericht B. den Antragsgegner vor dem Verweisungsbeschluss nicht angehört hat, obwohl im Kostenfestsetzungsverfahren die Gewährung rechtlichen Gehörs verfassungsrechtlich geboten ist (Herget in: Zöller, ZPO, 28. Auflage, § 104 Rn. 21 "Rechtliches Gehör" m. w. Nachw.).
Fundstellen
Haufe-Index 2660133 |
RVGreport 2012, 32 |