Entscheidungsstichwort (Thema)
Geldbuße. Vollstreckung. EU-Mitgliedsstaat. Reduzierung
Leitsatz (amtlich)
Eine in einem EU-Mitgliedsstaat verhängte Geldbuße ist bei einer Vollstreckung in Deutschland nicht zu reduzieren.
Normenkette
IRG § 54 Abs. 2, § 87i Abs. 3 S. 3, § 87f Abs. 2
Verfahrensgang
AG Beckum (Aktenzeichen 15 AR 5/12) |
Tenor
1.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
2.
Der angefochtene Beschluss wird teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Bescheid des D (Ministerie van Justitie) in M/O vom 19. November 2011 (Az.: CJIB-Nr. #### #### #### ####) wird für vollstreckbar erklärt.
Die in dem vorgenannten Bescheid festgesetzte Geldsanktion von 161,- € wird in eine Geldbuße in Höhe von 161,- € umgewandelt.
3.
Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens trägt die Staatskasse, die auch etwaige der Betroffenen im Rechtsbeschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu ersetzen hat.
Gründe
I.
Die Q & T GmbH mit Sitz in C2 war bzw. ist Halterin eines Kraftfahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen ###-## 196, mit dem am 24. Oktober 2011 in den O auf der Autobahn A 58 im Bereich der Gemeinde Z1 en S die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h um 25 km/h überschritten wurde. Wegen dieser Zuwiderhandlung setzte das D (Ministerie van Justitie) in M mit dem im Beschlusstenor näher bezeichneten Bescheid vom 19. November 2011, rechtskräftig seit dem 31. Dezember 2011, eine Geldsanktion in Höhe von 161,- € (zuzüglich einer Verwaltungsgebühr in Höhe von 6,- €) gegen die zuvor schriftlich angehörte Betroffene fest. Die Geldsanktion ist noch in voller Höhe offen.
Mit Ersuchen vom 28. April 2012, das den Anforderungen des § 87 a IRG entspricht, baten die O das Bundesamt für Justiz um Vollstreckungshilfe. Dieses kam nach Prüfung zu dem Ergebnis, dass ein Bewilligungshindernis i.S.d. § 87 d IRG nicht vorliege, und beantragte nach schriftlicher Anhörung der Betroffenen beim Amtsgericht Beckum als nach § 87 g Absatz 2 Satz 3 IRG zuständigem Gericht, die Entscheidung des D vom 19. November 2011 für vollstreckbar zu erklären "und die darin verhängte Geldsanktion umzuwandeln".
Nach Anhörung der Betroffenen hat das Amtsgericht Beckum mit dem angefochtenen Beschluss vom 07. Januar 2013 die im Tenor des Senatsbeschlusses näher bezeichnete Entscheidung des D für vollstreckbar erklärt und daneben bestimmt, dass die darin verhängte Geldsanktion "umgewandelt wird in ein Geldbuße in Höhe von 95,- Euro". Gegen diesen ihm durch Übersendung der Akten am 04. Februar 2013 zugestellten Beschluss hat das Bundesamt für Justiz mit Schreiben vom 06. Februar 2013, beim Amtsgericht Beckum per Telefax am selben Tage eingegangen, den Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gestellt und diesen Antrag mit weiterem Schreiben vom 22. Februar 2013, beim Amtsgericht Beckum per Telefax am selben Tage eingegangen, mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts und näheren Ausführungen hierzu begründet. Das Bundesamt für Justiz hält die Umwandlungsentscheidung für rechtsfehlerhaft und beantragt, die in der Entscheidung der niederländischen Behörde verhängte Geldsanktion in eine Geldbuße in Höhe von 161,- Euro umzuwandeln.
Die Generalstaatsanwaltschaft in Hamm hat beantragt, wie erkannt. Die Betroffene hat sich im Rechtsbeschwerdeverfahren trotz Gelegenheit zur Stellungnahme nicht geäußert.
II.
1. (Entscheidung des mitunterzeichnenden Einzelrichters gemäß § 87 l Absatz 1 und 2 IRG)
Die Rechtsbeschwerde war auf den form- und fristgerecht (§ 87 k Absatz 2 Satz 1, § 87 j Absatz 2 IRG, §§ 341 Absatz 2, 345 StPO) gestellten Antrag des Bundesamtes für Justiz als Bewilligungsbehörde nach § 87 k Absatz 1 Nr. 1 IRG zuzulassen, da es geboten ist, die Nachprüfung des angefochtenen Beschlusses zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen. Die in ihrer Umwandlung der Sanktion von 161,- Euro auf eine Geldbuße in Höhe von 95,- Euro von der hier einschlägigen gesetzlichen Regelung (§§ 87 i Absatz 3 Satz 3, 87 f Absatz 2, 54 Absatz 2 IRG) abweichende und daher rechtsfehlerhafte Entscheidung des Amtsgerichts stellt die Einheitlichkeit der Rechtsprechung in Frage, da sie - wie sowohl das Bundesamt für Justiz in der Begründung des Antrags auf Zulassung der Rechtsbeschwerde als auch die Generalstaatsanwaltschaft in Hamm in ihrer Stellungnahme zutreffend ausgeführt haben - geeignet ist, andere Gerichte zu einer unrichtigen Tenorierung der Umwandlungsentscheidung in künftigen vergleichbaren Fällen zu veranlassen. Insbesondere im Falle einer Veröffentlichung der Entscheidung besteht das Risiko eines Nachahmungseffektes, zumal das zugrunde liegende Gesetz zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses #####/####/JI des Rates vom 24. Februar 2005 vom 18. Oktober 2010 (BGBl. I S. 1408) erst am 28. Oktober 2010 in Kraft getreten ist und demzufolge eine gefestigte Rechtsprechung auf diesem Gebiet noch nicht existiert.
2. (Entscheidung des mit drei Richtern besetzten Senats gemäß § 87 l Absatz 3 Nr. 2 IRG)
Das zulässige Rechtsmittel hat mit der erhobenen Sachrüge Erfolg und ...