Verfahrensgang
LG Essen (Aktenzeichen 30 Ns 162/11) |
Tenor
Das angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben, soweit eine Prüfung der Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB unterblieben sowie die Strafaussetzung zur Bewährung versagt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Essen zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Gladbeck verurteilte den Angeklagten am 21. Oktober 2011 wegen “Trunkenheit im Straßenverkehr in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Fahrens ohne Fahrerlaubnis, zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten„. Gleichzeitig wurde die Verwaltungsbehörde angewiesen, dem Angeklagten vor Ablauf von noch 36 Monaten keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen.
Die gegen dieses Urteil gerichtete Berufung des Angeklagten hat das Landgericht Essen mit Urteil vom 05. Januar 2012 mit der Maßgabe verworfen, dass es den Angeklagten wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Straßenverkehr in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis, unter Einbeziehung der durch Urteil des Amtsgerichts Bottrop vom 02. August 2011 (Az. 27 Ds 17 Js 372/11 - 242/11) verhängten Geldstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt und die Sperrfrist für die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis auf noch 33 Monate festgesetzt hat.
Nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils zur Person hat der Angeklagte “ein Alkoholproblem„, so “konsumiert er regelmäßig am Wochenende im Übermaß Alkohol„ und ist bereits mehrfach wegen alkoholbedingter Straftaten, insbesondere wegen Trunkenheitsfahrten mit Blutalkoholkonzentrationen bis zu deutlich über 20/00, teilweise mit Unfallfolge und in einem Fall mit einem fremdgefährdenden Fluchtversuch vor der Polizei, verurteilt worden und stand während der erneut abzuurteilenden Tat unter laufender Bewährung.
Gegen das Berufungsurteil der Strafkammer wendet sich der Angeklagte mit der von ihm form- und fristgerecht eingelegten, auf die allgemeine Sachrüge gestützten Revision.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Revision gemäß § 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.
II.
Die Revision des Angeklagten ist zulässig und hat auch in der Sache den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg.
1.
Soweit sich die Revision mit der allgemeinen Sachrüge gegen den Schuld- und Strafausspruch wendet, war sie gemäß dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft als offensichtlich unbegründet zu verwerfen, da die Nachprüfung des Urteils insoweit keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
2.
Ein sachlich-rechtlicher Mangel des angefochtenen Urteils liegt dagegen darin, dass es sich nicht mit dem Erfordernis einer Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB auseinander gesetzt hat, obwohl dies im Hinblick auf die mitgeteilten Gesamtumstände zu der Suchtproblematik des Angeklagten sowie seine gleichzeitig im Urteil festgestellte “grundsätzliche Bereitschaft zu einer Alkoholtherapie„ erforderlich gewesen wäre.
Nach den Feststellungen des landgerichtlichen Urteils hätte sich die Prüfung aufgedrängt, ob eine Maßregel nach § 64 StGB anzuordnen war. In einem solchen Fall ist eine Prüfung der Notwendigkeit einer Unterbringung des Angeklagten unerlässlich. Über die Anordnung einer Maßregel nach § 64 StGB ist eine Entscheidung zu treffen (vgl. u.a. Senat, Beschlüsse vom 23. Februar 2012 in III-5 RVs 10/12, 6. März 2012 in III-5 RVs 14/12 und 08. Mai 2012 in III-5 RVs 33/12). Unterbleibt eine Entscheidung, stellt dies einen Rechtsfehler dar.
Der Angeklagte ist bereits seit 1990 wiederholt mit alkoholbedingten Straftaten aufgefallen und hat ersichtlich ein jahrelanges Alkoholproblem, welches sich mit hoher Wahrscheinlichkeit entgegen den Feststellungen des landgerichtlichen Urteils auch nicht auf einen übermäßigen Alkoholkonsum am Wochenende beschränkt. Gegen die - offenbar auf den Angaben des Angeklagten beruhende - Feststellung, dass der Angeklagte “unter der Woche, wenn überhaupt, in demgegenüber deutlich geringerem Umfang Alkohol konsumiert„ sprechen schon die Tatzeitpunkte des vorliegenden Verfahrens (Trinkbeginn am Mittwoch, 20. April 2012, Tatzeit am 21. April 2012 - Gründonnerstag - um 13 05 Uhr, BAK um 13 05 Uhr: 1,86 0/00) sowie z.B. auch die im Urteil ebenfalls wiedergegebenen Tatzeiten aus der früheren Verurteilung durch das Amtsgericht Gelnhausen vom 06. November 1997 (Mittwoch, 17. Januar 1996, BAK um 1 35 Uhr: 2,66 0/00, sowie Donnerstag, 25. Januar 1996, BAK: 1,38 0/00).
Angesichts dieser Feststellungen liegt es nahe, dass der Angeklagte den in § 64 Abs. 1 StGB beschriebenen Hang aufweist. Hierunter fällt nicht nur eine chronische, auf körperlicher Sucht beruhende Abhängigkeit, sondern es genügt eine eingewurzelte, aufgrund psychischer Disposition bestehende od...