Leitsatz (amtlich)
1. Für die Anordnung einer Nachlasspflegschaft nach § 1960 BGB kann das erforderliche Sicherungsbedürfnis fehlen, falls der Erblasser Sorge dafür getragen hat, dass der Nachlass hinreichend gesichert ist. Dazu genügt es aber nicht, dass der Vorerbe einem Dritten eine Vollmacht erteilt hat. Denn mit dem Tode des Vorerben erlischt grundsätzlich auch eine vom Vorerben erteilte Vollmacht.
2. Der Geschäftswert für die Anordnung des Nachlasspflegschaft richtet sich nach § 64 GNotKG, nicht aber nach § 48 GNotKG. § 48 GNotKG privilegiert nicht generell die Landwirte oder sämtliche gerichtliche oder notarielle Verfahren, die land- oder forstwirtschaftlichen Grundbesitz betreffen, sondern unter engen Voraussetzungen allein die im Zusammenhang mit der Übergabe oder Zuwendung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes stehenden Verfahren.
Normenkette
BGB § 1960; GNotKG §§ 48, 64
Verfahrensgang
AG Bad Berleburg (Aktenzeichen 4 VI 261/17) |
Tenor
Die Beschwerden werden zurückgewiesen.
Die Beteiligten zu 2) bis 5) tragen die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner. Sie haben die dem Beteiligten zu 1) im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu jeweils einem Viertel zu erstatten.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 50.000.000 EUR festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Erblasser hat in einem handschriftlichen Testament vom 26.06.1943 seinen ältesten Sohn S-D zum Vorerben berufen. Nach dem Tod des Vorerben soll zum Nacherben berufen sein der vom Vater des Erblassers ausgehende Mannesstamm "nach den Grundsätzen der Primogeniturordnung des Preußischen Allgemeinen Landrechts". Nach den weiteren Bestimmungen des Erblassers in seinem Testament soll als Nacherbe aber nur derjenige Mann in Betracht kommen, der die weiteren von ihm - dem Erblasser - aufgestellten Bedingungen erfüllt: so soll der Nacherbe im Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte und evangelischen Glaubens sein und aus einer Ehe stammen. Darüber hinaus hat der Erblasser in Bezug auf die Person des Nacherben angeordnet: "wenn sie eine Ehe eingehen bzw. in einer Ehe leben, mit einer Frau, die adlig geboren ist und die hinsichtlich ihrer Abstammung die gegenwärtigen Aufnahmebedingungen für die Mitgliedschaft bei der Deutschen Adelsgenossenschaft erfüllen kann."
Auf die weiteren testamentarischen Verfügungen des Erblassers - auch zur Anordnung der Testamentsvollstreckung - wird im Rahmen der rechtlichen Würdigung eingegangen.
Der Vorerbe ist am ........2017 verstorben.
Der am ........1969 geborene Beteiligte zu 2) ist dessen einziger Sohn. Der am ........1942 geborene Beteiligte zu 1) ist ein Sohn des Bruders M-G des Erblassers.
Die Beteiligten zu 3) bis 5) sind ausweislich des vom Nachlassgericht am 23.06.2015 erteilten Testamentsvollstreckerzeugnisses die amtierenden Testamentsvollstrecker (AG Bad Berleburg 4 VI 223/15).
Zwischen den Beteiligten zu 1) und 2) ist streitig, wer von ihnen zum Nacherben des Erblassers berufen ist. Sie haben beim zuständigen Landwirtschaftsgericht Bad Berleburg (2 Lw 3/17) gegenläufige Anträge auf Erteilung eines Hoffolgezeugnisses / Erbscheins gestellt, die derzeit noch nicht beschieden sind.
Auf die Anregung des Beteiligten zu 1) mit Schriftsatz vom 31.05.2017 hat das Nachlassgericht mit Beschluss vom 16.01.2018 Nachlasspflegschaft angeordnet und den Beteiligten zu 6) zum Nachlasspfleger ernannt. Auf die Begründung des Beschlusses wird Bezug genommen.
Gegen diesen dem Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 2) am 24.01.2018 und der Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 3) bis 5) am 22.01.2018 zugestellten Beschluss richten sich deren Beschwerden vom 30.01.2018 und 20.02.2018, die am 31.01.2018 bzw. am 22.02.2018 beim Nachlassgericht eingegangen sind.
II. Die Beschwerden des Beteiligten zu 1) und der Beteiligten zu 3) bis 5) sind zulässig, insbesondere auch fristgerecht eingereicht worden.
Die Beteiligten zu 3) bis 5) sind aufgrund ihrer durch das Testamentsvollstreckerzeugnis nachgewiesenen Stellung als Testamentsvollstrecker auch beschwerdeberechtigt, soweit sie sich gegen die Einrichtung der Nachlasspflegschaft wenden (Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 19. Auflage, § 59 Rn. 83).
Für die Bejahung der Beschwerdeberechtigung reicht der von den Beteiligten zu 3) bis 5) durch die Vorlage des Testamentsvollstreckerzeugnisses erbrachte Nachweis über ihre Stellung als Testamentsvollstrecker aus. Ob die Beteiligten zu 3) bis 5) tatsächlich noch Testamentsvollstrecker sind, muss für die Bejahung ihrer Beschwerdeberechtigung nicht abschließend geklärt werden.
In der Sache sind die Beschwerden jedoch unbegründet, da das Nachlassgericht mit Beschluss vom 16.01.2018 zu Recht eine Nachlasspflegschaft eingerichtet hat.
Nach § 1960 Abs. 1 BGB ist von Amts wegen eine Nachlasspflegschaft einzurichten, wenn der Erbe unbekannt ist und ein Bedürfnis für die Sicherung des Nachlasses besteht.
1. Bei der Beurteilung der Frage, ob der Erbe unbekannt ist, ist vom Sta...