Entscheidungsstichwort (Thema)

Zeugenbeistand. Beiordnung. Tätigkeit. Abrechnung. Einzeltätigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Die Tätigkeit des beigeordneten Zeugenbeistands wird nach Teil 4 Abschnitt 3 VV RVG abgerechnet (Aufgabe der bisherigen Senatsrechtsprechung).

 

Normenkette

VV RVG Vorbem. 4

 

Verfahrensgang

LG Hagen (Entscheidung vom 05.05.2009)

 

Tenor

Die Beschwerde wird aus den zutreffenden Gründen der Festsetzungsentscheidung vom 23. März 2009 und des angefochtenen Beschlusses vom 05. Mai 2009, die weder durch das Vorbringen des Beschwerdeführers in der Erinnerung vom 26. März 2009 noch in der Beschwerde vom 08. Mai 2009 ausgeräumt werden, als unbegründet verworfen.

Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I.

Beim Landgericht Hagen war gegen den Angeklagten und weitere Angeklagte ein Strafverfahren u.a. wegen erpresserischen Menschenraubes anhängig. In diesem wurde Rechtsanwalt Heim in der Hauptverhandlung vom 21. Oktober 2008 der Zeugin J.G. gemäß § 68b StPO als Beistand beigeordnet.

Rechtsanwalt Heim hat beantragt, die Gebühren für seine Tätigkeit als beigeordneter Zeugenbeistand nach Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG festzusetzen und hat die Festsetzung einer Grundgebühr gemäß Nr. 4100, einer Verfahrensgebühr gemäß Nr. 4112 sowie einer Terminsgebühr gemäß Nr. 4114 VV RVG nebst Auslagen, Tage- und Abwesenheitsgeld und Umsatzsteuer beantragt. Die Rechtspflegerin ist hingegen von einer Einzeltätigkeit ausgegangen und hat mit Festsetzungsbeschluss vom 23. März 2009 nur eine Verfahrensgebühr nach Teil 4 Abschnitt 3 VV RVG gemäß Ziffer 4301 Nr. 4 VV RVG nebst Auslagen und Umsatzsteuer über insgesamt 283,12 EUR EURO festgesetzt. Dem hat sich die Strafkammer im Erinnerungsverfahren mit dem angefochtenen Beschluss angeschlossen.

Hiergegen wendet sich Rechtsanwalt Heim nunmehr mit der Beschwerde. Der Vertreter der Staatskasse hat beantragt diese zu verwerfen, da die Rechtsanwalt Heim zustehende Vergütung zutreffend nach Teil 4 Abschnitt 3 VV RVG festgesetzt worden sei.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, kann jedoch in der Sache keinen Erfolg haben.

Der Leiter des Dezernats 10 der Verwaltungsabteilung des Oberlandesgerichts hat zu dem Rechtsmittel wie folgt Stellung genommen:

"Meines Erachtens ist die Tätigkeit des Vernehmungsbeistandes nach § 68b StPO aus der Staatskasse als Einzeltätigkeit nach Nr. 4301 VV RVG und nicht nach Abschnitt 1 des Teils 4 des VV RVG zu vergüten. Diese Auffassung vertreten auch inzwischen - bis auf den erkennenden Senat - alle übrigen 4 Strafsenate des OLG Hamm in folgenden Entscheidungen, denen vergleichbare Sachverhalte zugrunde lagen:

- 1. Strafsenat: Beschluss vom 23.10.2007 (- 1 Ws 711/07-,www.juris.de, www.burhoff.de),auf den im Festsetzungsbeschluss vom 23.03.2009 (KH BI. 38) auch Bezug genommen wird,

- 3. Strafsenat: Beschluss vom 17.07.2007 (- 3 Ws 307/07 -, www.juris.de),

- 4. Strafsenat: Beschlüsse vom 28.05.2008 (4 Ws 91/08; www.juris.de, www.burhoff.de) und vom 04.12.2008 (4 Ws 315/08),

- 5. Strafsenat: Beschlüsse vom 24.06.2008 (5 Ws 166/08 ), vom 13.10.2008 (5 Ws 315/08 ), vom 23.10.2008 (5 Ws 356/08) und vom 21.11.2008 (5 Ws 396/08, www.burhoff.de).

Insofern hat sich zumindest unter den hiesigen Strafsenaten eine herrschende Meinung zu dieser Vergütungsproblematik gebildet.

Soweit ich in den o.a. Verfahren vorab beteiligt wurde, sind die Senate meinen begründenden Ausführungen, die der 4. Strafsenat in seiner o.g. veröffentlichten Entscheidung vom 28.05.2008 für das zugrunde liegende Verfahren umfassend zitiert und auf die ich zur Vermeidung von Wiederholungen auch hier vollinhaltlich Bezug nehme, gefolgt. Ich habe mich dabei auch mit den gegenteiligen Argumenten des erkennenden Senats in seiner Entscheidung vom 07.11.2007 (2 Ws 289/07) auseinandergesetzt.

Der 5. Strafsenat des OLG Hamm hat in seiner o.a. Entscheidung vom 24.06.2008 noch ergänzend darauf hingewiesen, dass eine Vergütung nach Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG für den beigeordneten Zeugenbeistand zu einer ungerechtfertigten Besserstellung gegenüber einem gewählten Verteidiger führen wurde. Die Beiordnung ist auf die Dauer der jeweiligen Vernehmung beschränkt. Eine erneute Vernehmung stellt eine neue Angelegenheit dar, so dass § 15 Abs. 2 und 5 RVG nicht gelten. Gesteht man dem Vernehmungsbeistand die Grund-, die Verfahrens- und die Terminsgebühr zu, so könnte er diese Gebühren ggf. mehrfach abrechnen, während der gewählte oder bestellte Verteidiger die Grund- und die Verfahrensgebühr in derselben Angelegenheit nur einmal fordern darf.

Die beim OLG Hamm vorherrschende Auffassung stellt im Hinblick auf die Rechtsprechung der weiteren deutschen Oberlandesgerichte m.E. auch keine Mindermeinung dar. Insoweit möchte ich insbesondere auf die veröffentlichte neuere oberlandesgerichtliche Rechtsprechung ab dem Jahr 2008 hinweisen. Für eine Vergütung als Einzeltätigkeit sprechen sich mit zutreffender Begründung u.a. aus:

- OLG Jena im Beschluss v. 09.02.2008 (1 Ws 378/08, www.burhoff.de)

- OLG Frankfurt im Besc...

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