Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachehelicher Unterhalt: Umfang der Erwerbstätigkeit bei Betreuung von vier schulpflichtigen Kindern. Bemessung der unterhaltsrechtlichen Halbteilung nach Abzug des Erwerbstätigenbonus
Leitsatz (amtlich)
1. Der unterhaltsberechtigte betreuende Elternteil muss sich nicht auf eine verstärkte Übernahme der Kindesbetreuung durch den unterhaltspflichtigen Elternteil verweisen lassen, wenn die Ausweitung der Betreuung durch letzteren nicht mit dem Kindeswohl in Einklang steht. Gegen eine erhebliche Ausweitung der Betreuung spricht, dass der unterhaltspflichtige Elternteil nur zu einer schriftlichen Kommunikation mit dem andren Elternteil bereit ist.
2. Der Halbteilungsgrundsatz gebietet die hälftige Aufteilung des verteilungsfähigen Einkommens, d.h. des Teils der prägenden Einkünfte, der zur Deckung des Lebensbedarfs zur Verfügung steht. Dabei verstösst es nicht gegen den Halbteilungsgrundsatz, wenn bei Erwerbseinkünften vorab der Erwerbstätigenbonus abgezogen wird.
Normenkette
BGB §§ 1570, 1578
Verfahrensgang
AG Iserlohn (Urteil vom 25.01.2011; Aktenzeichen 14 F 160/09) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 25.1.2011 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Iserlohn unter Zurückweisung des weiter-gehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Der Antrag des Klägers auf Abänderung des Vergleichs vom 5.7.2005 (14 F 52/05 Amtsgericht Iserlohn) wird zurückgewiesen.
2. In Abänderung des Verbundurteils Amtsgerichts - Familiengericht - Iser-lohn vom 15.8.2006 (14 F 303/05) wird der Kläger verurteilt, an die Beklagte zu 5. ab dem 22.6.2009 nachehelichen Unterhalt nur noch in folgender Höhe zu zahlen:
a) vom 22.6.2009 bis zum 31.12.2009 in monatlicher Höhe von 1.400 EUR monatlich, davon 314 EUR Altersvorsorgeunterhalt,
b) von Januar bis April 2010 in monatlicher Höhe von 1.435 EUR, davon 280 EUR Altersvorsorgeunterhalt,
c) von Mai bis Dezember 2010 in monatlicher Höhe von 1.260 EUR, davon 269 EUR Altersvorsorgeunterhalt,
d) von Januar bis Mai 2011 in monatlicher Höhe von 1.271 EUR, davon 271 EUR Altersvorsorgeunterhalt,
e) von Juni bis Juli 2011 in monatlicher Höhe von 1.175 EUR, davon 247 EUR Altersvorsorgeunterhalt sowie
f) ab August 2011 laufend in monatlicher Höhe von 1.132 EUR, davon 236 EUR Altersvorsorgeunterhalt.
Von den Kosten des Verfahrens trägt der Kläger die außergerichtlichen Kos-ten der Beklagten zu 1. bis 4. insgesamt sowie die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 5. und die Gerichtskosten zu je 2/3. Die Beklagte zu 5. trägt von den Gerichtskosten sowie den außergerichtlichen Kosten des Klägers je 1/3. Im Übrigen trägt der Kläger seine außergerichtlichen Kosten selbst.
Der Streitwert für das Verfahren erster Instanz wird auf 15.710 EUR (davon 15.385 EUR für die Abänderung des Titels über den nachehelichen Unter-halt), der Streitwert für die Berufung auf 7.130 EUR (davon 6.805 EUR für die Abänderung des Titels über den nachehelichen Unterhalt) festgesetzt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Der Kläger begehrt die Abänderung zweier Titel über Kindes- und Scheidungsunterhalt.
Der Kläger und die Beklagte zu 5. schlossen im Juni 1995 die Ehe, aus der die Beklagten zu 1. bis 4. hervorgegangen sind. Die Kindeseltern sind seit dem 9.1.2007 rechtskräftig geschieden. Die Beklagten zu 1. bis 4. leben bei der Beklagten zu 5., der durch das Scheidungsurteil auch die alleinige elterliche Sorge übertragen worden ist. Der Kläger hat derzeit regelmäßigen Umgang mit den drei jüngeren Kindern, nicht jedoch mit der ältesten Tochter G, die einen Umgang ablehnt.
Der Kläger ist Arzt, jedoch bereits seit längerem krankheitsbedingt erwerbsunfähig. Er bezieht entsprechende Renten der Ärzteversorgung, der kirchlichen ZVK und einer privaten Rentenversicherung bei der Q. Er bewohnt die vormalige Eheimmobilie, die nach Durchführung des Zugewinnausgleichs in seinem Alleineigentum steht. Die Immobilie ist noch mit mehreren Krediten belastet. Darlehensschuldner ist inzwischen allein der Kläger. Der Kläger hat eine weitere Tochter aus einer anderen Beziehung - T - der gegenüber er aber nicht mehr unterhaltspflichtig ist.
Die Beklagte zu 5. ist gelernte Krankenschwester mit einer Zusatzausbildung als Stationsleitung. Vor der Eheschließung arbeitete sie teilweise auch als Stationsleitung, nicht jedoch während der Ehezeit. Nach der Eheschließung war sie noch bis zur Geburt des ersten Kindes im Oktober 1996 als einfache Krankenschwester auf einer Intensivstation in einem Krankenhaus in J tätig. Nach Beendigung des Erziehungsurlaubs kehrte sie trotz Anfrage des Krankenhauses nicht in ihren Beruf zurück, wobei die näheren Umstände zwischen den Parteien streitig sind. Sie übt zeitweise eine Tätigkeit bei der Fa. "Q2" aus, für die sie telefonisch Verkaufsveranstaltungen organisiert. Aus dieser Tätigkeit erzielt sie durchschnittlich 20 EUR im Monat. Seit April 2010 ist die Beklagte zu 5. als Haushaltshilfe teilschichtig mit 12 Wochenstunden erwerbstätig mit einem B...