Leitsatz (amtlich)
1.
Der Erlass eines Haftbefehls gegen den ohne genügende Entschuldigung ausgebliebenen Angeklagten setzt einen ausdrücklichen Hinweis auf die Folgen des § 230 Abs. 2 bei der Ladung voraus; der Hinweis auf eine frühere Ladung genügt nicht.
2.
Der gemäß § 230 Abs. 2 StPO ergangene Haftbefehl wird mit der vorläufigen Einstellung des Verfahrens gemäß § 205 StPO gegenstandslos.
Verfahrensgang
LG Bielefeld (Aktenzeichen Qs 314/08 VIII) |
Tenor
Es werden
a)
der angefochtene Beschluss, soweit die Beschwerde des Angeklagten gegen die Aufrechterhaltung des Haftbefehls des Amtsgerichts Bielefeld vom 06.03.2007 durch den Beschluss des Amtsgerichts Bielefeld vom 04.04.2008 verworfen worden ist,
b)
der Beschluss des Amtsgerichts Bielefeld vom 04.04.2008, soweit der Haftbefehl des Amtsgerichts Bielefeld vom 06.03.2007 aufrecht erhalten worden ist, und
c)
der Haftbefehl des Amtsgerichts Bielefeld vom 06.03.2007 aufgehoben.
Im Übrigen wird die Beschwerde als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die in diesem Verfahren entstandenen notwendigen Auslagen des Angeklagten trägt die Landeskasse.
Gründe
I.
In dem zugrunde liegenden Strafverfahren 36 Ds 11 Js 846/06 - 863/06 vor dem Amtsgericht Bielefeld wurde zunächst Hauptverhandlungstermin auf den 20.12.06 anberaumt und der Angeklagte hierzu ausweislich der in den Akten befindlichen Postzustellungsurkunde unter dem 26.10.2006 unter der im Beschlusstenor aufgeführten früheren Adresse in C geladen. Am 21.11.06 beantragte die Betreuerin des Angeklagten, Frau Dr. C2, eine Terminsverlegung, weil der Angeklagte von Anfang Dezember 2006 bis Ende Februar 2007 auf die Philippinen reisen wolle. Durch Verfügung des Amtsrichters vom selben Tage wurde der ursprüngliche Hauptverhandlungstermin aufgehoben und neuer Hauptverhandlungstermin für den 05.03.07 anberaumt. Gleichzeitig ordnete der Amtsrichter die Umladung sowohl des Angeklagten als auch mehrerer Zeugen an. Die Ladung zu dem Hauptverhandlungstermin am 05.03.2007 wurde dem Angeklagten ausweislich der in den Akten befindlichen Postzustellungsurkunde am 27.11.06 unter der Adresse "K-Straße, ####1 C", zugestellt.
In dem Hauptverhandlungstermin am 05.03.2007 erschien der Angeklagte nicht. Seine Betreuerin, Frau Dr. C2, erklärte, dass sich der Angeklagte weiterhin auf den Philippinen aufhalte und dass er den für den 19.02.2007 gebuchten Rückflug nicht angetreten habe. Der Amtsrichter verkündete darauf den Beschluss, dass ein Haftbefehl gemäß § 230 Abs. 2 StPO erlassen werden soll. Ein entsprechender Haftbefehl erging am 6. März 2007. Zur Begründung ist darin ausgeführt, der Angeklagte sei trotz ordnungsgemäßer Ladung zum Hauptverhandlungstermin am 05.03.2007 ohne Entschuldigung nicht erschienen. Mit Schreiben vom 08.10.2007 beantragte der Angeklagte, der sich nach seinen Angaben weiterhin auf den Philippinen aufhält und den 01.12.2006 als den ersten Tag seiner Auswanderung in diesem Schreiben bezeichnete, die Aufhebung des gegen ihn ergangenen Haftbefehls, die Übersendung sämtlicher gegen ihn gerichteten Anklageschriften und die Beiordnung eines Rechtsanwalts.
Das Landgericht Bielefeld legte dieses Schreiben als Beschwerde aus und verwarf das Rechtsmittel des Angeklagten durch Beschluss vom 24.05.2007 als unbegründet.
Durch Beschluss des Amtsgerichts Bielefeld vom 21.09.2007 wurde das Strafverfahren gemäß § 205 StPO vorläufig eingestellt mit der Begründung, einer Hauptverhandlung stehe für längere Zeit die Abwesenheit des Angeklagten entgegen.
Ein erneuter Antrag des Angeklagten u.a. auf Aufhebung des Haftbefehls und auf Beiordnung eines Pflichtverteidigers mit Schreiben vom 17.12.2007 wurde durch das Amtsgericht Bielefeld unter dem 18.01.2008 formlos dahingehend beschieden, dass kein Grund für eine Aufhebung des Haftbefehls erkennbar sei und während der Dauer des Aufenthaltes des Angeklagten auf den Philippinen auch kein Anlass bestehe, diesem einen Pflichtverteidiger aus Bielefeld beizuordnen.
Mit Schreiben vom 28.02.2008 beantragte der Angeklagte erneut u.a. die Aufhebung des Haftbefehls sowie die Beiordnung eines Verteidigers. Das Amtsgericht Bielefeld erließ daraufhin am 04.04.2008 den Beschluss, dass der Haftbefehl des Amtsgerichts Bielefeld vom 06.03.2007 aufrecht erhalten bleibt und dass der Antrag des Angeklagten auf Beiordnung eines Pflichtverteidigers zurückgewiesen wird. Gegen diesen Beschluss legte der Angeklagte mit Schreiben vom 6. Mai 2008 Beschwerde ein, die durch Beschluss der 8. Strafkammer des Landgerichts Bielefeld vom 04.07.2008 als unbegründet verworfen worden ist. Gegen diesen Beschluss richtet sich die weitere Beschwerde des Angeklagten vom 18. August 2008, der die Strafkammer des Landgerichts Bielefeld durch Beschluss vom 22.09.2008 nicht abgeholfen hat.
II.
1.
Soweit sich die weitere Beschwerde gegen die Ablehnung eines Pflichtverteidigers richtet, erweist sich das Rechtsmittel als unzulässig. Der angefochtene Beschluss vom 04.07.2008 ist vom Landgericht auf die Beschwerde hin erlassen ...