Leitsatz (amtlich)
Der trotz Benachrichtigung nicht zur Hauptverhandlung erschienene gesetzliche Vertreter des Jugendlichen kann nicht deshalb Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsfrist beanspruchen, weil ihm das angefochtene Urteil nicht vor Ablauf der Berufungseinlegungsfrist zugestellt und ihm auch keine Rechtsmittelbelehrung erteilt worden ist.
Verfahrensgang
LG Detmold (Entscheidung vom 30.11.2007; Aktenzeichen 4 Ns 42 Js 165/07) |
Tenor
Die sofortigen Beschwerden werden als unbegründet verworfen.
Jeder Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels.
Gründe
I.
Der am 04.01.1992 geborene Angeklagte wurde durch Urteil des Amtsgerichts - Jugendgericht - Lemgo vom 22.06.2007, das in seiner Anwesenheit verkündet worden ist, wegen Diebstahls mit einem Freizeitarrest belegt. Außerdem wurde ihm auferlegt, bei Meidung der Verhängung von Jugendarrest 40 Stunden gemeinnützige Arbeit nach Weisung des für seinen Wohnort zuständigen Jugendamtes zu leisten. Am 26. Juli 2007 verfügte der Rechtspfleger beim Amtsgericht Lemgo, an den die Sache zum Zwecke der Vollstreckungseinleitung abgegeben worden war, dass sowohl dem Angeklagten als auch dessen gesetzlichen Vertretern eine beglaubigte Abschrift des vorgenannten Urteils zugesandt wird. Die gesetzlichen Vertreter und Erziehungsberechtigten des Angeklagten legten gegen das Urteil mit anwaltlichem Schriftsatz vom 02.08.2007, der am selben Tag beim Amtsgericht Lemgo einging, Berufung ein und beantragten gleichzeitig hilfsweise die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen eine etwaige Versäumung der Berufungseinlegungsfrist. Zur Begründung trugen sie vor, der Hauptverhandlungstermin vom 22.06.2007, zu dem sie allerdings nicht förmlich geladen worden seien, sei ihnen bekannt gewesen. Sie hätten aber aus erzieherischen Gründen an der Hauptverhandlung nicht teilgenommen. Über den Inhalt des Urteils vom 22.06.2007 seien sie nach dem Hauptverhandlungstermin durch ihren Sohn informiert worden. Kenntnis von Rechtsmittelfristen hätten sie dagegen nicht gehabt, insbesondere nicht von dem Beginn der Rechtsmittelfrist ab Urteilsverkündung. Nachdem ihnen das Urteil vom 22.06.2007 am 31.07.2007 zugegangen sei, hätten sie umgehend dagegen Berufung eingelegt.
Das Landgericht Detmold hat durch Beschluss vom 30.11.2007 den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen.
Hiergegen haben die beiden gesetzlichen Vertreter und Erziehungsberechtigten des Angeklagten sofortige Beschwerde eingelegt, mit der sie die Auffassung vertreten, nach überkommenen und üblichen Grundsätzen beginne die Rechtsmittelfrist für Eltern erst mit der Bekanntgabe der Entscheidung, die erst mit der Zustellung des schriftlichen Urteils erfolge.
II.
Die sofortigen Beschwerden sind gem. den §§ 322 Abs. 2 StPO, 46 Abs. 3 StPO zulässig, haben in der Sache aber keinen Erfolg. Das Landgericht hat zu Recht mit dem angefochtenen Beschluss die Berufungen der Beschwerdeführer gem. § 322 Abs. 1 StPO wegen verspäteter Einlegung des Rechtsmittels als unzulässig verworfen und eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungseinlegungsfrist abgelehnt.
1.
Die Berufungen der Beschwerdeführer gegen das Urteil des Amtsgerichts Lemgo vom 22.06.2007 sind verspätet eingelegt worden.
Gem. § 314 Abs. 1 StPO beträgt die Berufungseinlegungsfrist eine Woche seit Verkündung des Urteils, wenn diese in Anwesenheit des Angeklagten stattgefunden hat, anderenfalls beginnt sie gem. § 314 Abs. 2 StPO mit der Urteilszustellung. Der Angeklagte selbst war im vorliegenden Verfahren bei der Urteilsverkündung anwesend, bezüglich der Beschwerdeführer ist dagegen davon auszugehen, dass diese an der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Lemgo am 22.06.2007 nicht teilgenommen haben. Dem steht nicht entgegen, dass in dem Hauptverhandlungsprotokoll vom 22.06.2007 angegeben worden ist, dass die Angeklagten - das Verfahren richtete sich gegen insgesamt 4 Angeklagte - in Begleitung ihrer Eltern erschienen seien. Denn abgesehen davon, dass diese Angabe nicht den Anforderungen des § 271 Nr. 4 StPO genügt, da die Namen der erschienenen Eltern nicht aufgeführt worden sind, erstreckt sich die Beweiskraft des Protokolls nicht auf die An- bzw. Abwesenheit von Personen, deren Anwesenheit das Gesetz nicht zwingend vorschreibt (vgl. BGH NStZ 1999, 426), was auf die Erziehungsberechtigten und gesetzlichen Vertreter des Angeklagten zutrifft, so dass die Klärung der Frage, ob die Beschwerdeführer an der Hauptverhandlung teilgenommen haben, dem Freibeweis zugänglich ist (vgl. BGH a.a.O.). Der damals in der Hauptverhandlung den Vorsitz führenden Amtsrichter konnte sich nach seiner Stellungnahme vom 13.09.2007 nur noch daran erinnern, dass zahlreiche Eltern im Zuschauerraum anwesend waren, eine Zuordnung zu den jeweiligen Angeklagten war ihm jedoch nicht mehr möglich. Die damals an der Hauptverhandlung mitwirkende Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hatte nach dem Inhalt ihrer Stellungnah...