Entscheidungsstichwort (Thema)
Auskunftsanspruch des Pflichtteilsberechtigten nach dem Tod eines aus Albanien stammenden Erblassers: Nachlassbestand und Nachlassspaltung bei im Ausland befindlichen Nachlassgegenständen
Normenkette
BGBEG Art. 3a Abs. 2, Art. 25 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Hagen (Beschluss vom 06.08.2014; Aktenzeichen 9 O 486/13) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des LG Hagen vom 06.08.2014 - 9 O 486/13 - teilweise abgeändert. Der Beklagten wird unter Beiordnung des Rechtsanwalts I, Prozesskostenhilfe für die Abwehr des Klageantrags zu Ziff. 1e) bewilligt und hinsichtlich des Auskunftsklageantrags zu 1a) - d), soweit damit Auskünfte auch zu dem beim Erbfall in Algerien befindlichen Erblasservermögen verlangt werden.
Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.
Die Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren wird auf die Hälfte ermäßigt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien sind Schwestern und Töchter des am 09.10.2011 in K verstorbenen Erblassers C. Neben den Parteien lebt noch eine weitere Tochter des Erblassers aus dessen erster Ehe, N, in Algerien. Der aus Algerien stammende Erblasser lebte seit über 30 Jahren in der Bundesrepublik und erwarb die deutsche Staatsangehörigkeit - die er auch bei seinem Tode noch innehatte - bereits in den frühen 1980er Jahren. Er bezog zuletzt eine Rente aus einer deutschen Rentenversicherung.
Durch unstreitig gültiges deutschsprachiges Testament setzte der Erblasser die Beklagte zu seiner Alleinerbin ein. Diese war zudem seit März 2010 die Betreuerin des Erblassers gewesen Der Beklagten wurde am 15.03.2012 durch das AG Hagen ein Alleinerbschein nach dem Vater der Parteien erteilt (Az. 36 IV 406 10/2011).
Mit Anwaltsschreiben vom 24.07.2012 (Bl. 4 d.A.) forderte die Klägerin die Beklagte auf, Auskunft über den Nachlass des Vaters zu erteilen und den Pflichtteil auszuzahlen. Die Beklagte erteilte daraufhin mit Schreiben vom 20.08.2012 eine Auskunft zu Nachlassgegenständen, Schenkungen und Verbindlichkeiten; sie bezifferte den Nachlasswert nach dem Vater der Parteien auf einen Wert von 34.628,71 Euro und errechnete einen der Klägerin zustehenden Pflichtteilsanspruch nach einer Quote von 1/6 dieses Wertes mit 5.763,78 Euro.
Über den Nachlassbestand und etwaige vergleichsweise Lösungen fand weiterer außergerichtlicher Schriftwechsel zwischen den Parteien statt.
Mit Schreiben vom 19.08.2013 wandte sich die Beklagte außerdem an die in Algerien lebende Schwester der Parteien, um Klarheit über den dort befindlichen Nachlass zu erhalten. Eine außergerichtliche Einigung über Pflichtteilszahlungen kam in der Folge nicht zustande. Beide Parteien leben mittlerweile - wie sie durch entsprechende Erklärung gegenüber dem LG Hagen glaubhaft gemacht haben - von öffentlichen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.
Die Klägerin hat vor dem LG Hagen eine Pflichtteilsstufenklage erhoben und geltend gemacht, ohne verlässliche Auskünfte nach Maßgabe der Klageanträge nicht zur Bezifferung ihres Pflichtteilsanspruchs nach dem Vater in der Lage zu sein.
Sie behauptet, die in verschiedenen Schreiben erteilten Auskünfte der Beklagten seien nicht zuverlässig und nicht vollständig. So gebe es Differenzen zwischen vorgelegten Bankbescheinigungen und der Auflistung der Beklagten. Insbesondere habe es nach dem Tod des Erblassers noch Abbuchungen von dessen Girokonto in Höhe von 7.000,00 Euro am 10.10.2011 sowie 2.068,24 Euro am 13.10.2011 gegeben. Auch seien Verfügungen der Beklagten aus ihrer Zeit als Betreuerin des Vaters unklar. Wegen der Einzelheiten der klägerseits beanstandeten Auskünfte wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 30.06.2014 (Bl. 45 f. d.A.) Bezug genommen.
Die Klägerin hat weiter vorgetragen: Zum Nachlass des Vaters gehöre auch Grundbesitz in Algerien, über den ihr keine Informationen vorlägen und der von der gemeinsamen Schwester der Parteien bewohnt werde. Ferner habe die Beklagte in ihrer Eigenschaft als Betreuerin des Erblassers ihrem eigenen Sohn im Juni 2010 den Pkw des Erblassers geschenkt und hierüber keine Auskunft erteilt. Die Beklagte habe zudem versäumt, dem Erblasser zustehende Rentenleistungen einer französischen Versicherung zu realisieren, obwohl sie hierzu aufgefordert worden sei. Weiterhin sei von einem dem Sparbuch des Erblassers am 18.03.2010 zugeflossenen Betrag von 59.800,00 Euro zwischen dem 17.06.2010 und dem Todestag des Erblassers eine Summe von 20.000,00 Euro nicht nachvollziehbar verbraucht worden. Die Klägerin ist der Ansicht, diese Sachverhalte seien im Wege der Pflichtteilsergänzung zu berücksichtigen.
In rechtlicher Hinsicht sei deutsches Erbrecht anzuwenden, da der Erblasser seinen Lebensmittelpunkt in Deutschland gehabt habe und allein auf seine deutsche Staatsangehörigkeit abzustellen sei. Ferner sei das Testament des Erblassers nach algerischem Recht unwirksam und die Alleinerbenstellung der Beklagten hinsichtlich des dortigen Nachlassteils hinfällig. Für die Berechnung ...