Leitsatz (amtlich)

1. Angaben zum Messverfahren und zum Toleranzabzug sind nicht Teil der den Schuldspruch wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung tragenden Feststellungen, sondern gehören zu der ihm zugrunde liegenden Beweiswürdigung.

2. In der Beweiswürdigung sind Angaben zum Messverfahren und zum Toleranzabzug dann entbehrlich, wenn der Betroffene die Tat uneingeschränkt und glaubhaft eingestanden hat.

3. Hat sich der Tatrichter Gewissheit von der Richtigkeit des Geständnisses verschafft und bringt er dies in den Urteilsgründen eindeutig zum Ausdruck, sind weitere Ausführungen zur Glaubhaftigkeit des Geständnisses nicht geboten.

 

Verfahrensgang

AG Bielefeld (Aktenzeichen 35 OWi 13 Js 1986/10 (1291/10))

 

Tenor

Die Sache wird dem 3. Senat für Bußgeldsachen in der Besetzung mit 3 Richtern übertragen, da es geboten ist, das Urteil zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nachzuprüfen (§ 80 a Abs. 3 OWiG).

Die Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Betroffenen mit der Maßgabe verworfen, dass die Geldbuße auf 800, Euro festgesetzt wird.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 1200,- Euro verurteilt und daneben ein 2-monatiges Fahrverbot verhängt.

Das Amtsgericht hat zu den persönlichen Verhältnissen und zum Verkehrsverstoß folgende Feststellungen getroffen:

"Der Betroffene ist von Beruf Taxifahrer. Er ist verheiratet und hat 3 Kinder. Angaben zu seinem monatlichen Einkommen hat er nicht gemacht.

Es liegen 4 Eintragungen im Verkehrszentralregister vor.

1.

Am 16.11.2005 verurteilte das Amtsgericht U ihn wegen Fälschung technischer Aufzeichnungen zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 15,00 Euro. Rechtskraft trat am 04.01.2006 ein.

2.

Unter dem 02.01.2006 - rechtskräftig am 24.01.2006 - verhängte der Kreis I gegen den Betroffenen eine Geldbuße i.H.v. 105,00 Euro wegen des Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 21km/h.

3.

Unter dem 18.09.2006 - rechtskräftig am 06.10.2006 - verhängte der Kreis I gegen den Betroffenen eine Geldbuße i.H.v. 40,00 Euro wegen des Beförderns eines Kindes als Kraftfahrzeugführer ohne jede Sicherung bzw. des Nicht-Sorgens für eine Sicherung des Kindes als Verantwortlicher.

4.

Unter dem 16.01.2007 - rechtskräftig am 02.02.2007 - verhängte der Kreis I gegen den Betroffenen eine Geldbuße i.H.v. 105,00 Euro wegen des Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 21 km/h.

5.

Unter dem 28.01.2009 - rechtskräftig am 18.09.2009 - verhängte der Kreis I gegen den Betroffenen eine Geldbuße i.H.v. 205,00 Euro wegen des Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb

geschlossener Ortschaften um 46 km/h und setzte ein einmonatiges Fahrverbot fest.

II.

Der Betroffene befuhr am 13.12.2009 um 22.24 Uhr mit dem Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen ##-## ### die linke Fahrspur des P in Fahrtrichtung stadtauswärts vor der Ausfahrt K. Aufgrund der vorhandenen Beschilderung hätte der Betroffene erkennen können und müssen, dass für den oben genannten Autobahnabschnitt die Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h galt.

Dennoch überschritt er die dort zulässige Höchstgeschwindigkeit um 65 km/h.

III.

Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Betroffenen beruhen auf seinen in der Hauptverhandlung gemachten Angaben. Die Feststellungen zu den Voreintragungen beruhen auf dem im Rahmen der Hauptverhandlung verlesenen Verkehrszentralregisterauszug.

Der Betroffene hat die Tat vollumfänglich eingeräumt".

Gegen dieses Urteil richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, die er mit der nicht näher ausgeführten Rüge der Verletzung sachlichen Rechts begründet hat. Der Generalstaatsanwalt beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Bielefeld zurückzuverweisen.

II.

Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ist auf den Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen worden, weil es gemäß § 80 a Abs. 3 Satz 1 OWiG geboten ist, das Urteil zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nachzuprüfen. Der vorliegende Einzelfall gibt Veranlassung, die Frage, welche Anforderungen an den vom Tatrichter festzustellenden objektiven und subjektiven Tatbestand und an den Darlegungsumfang der Beweiswürdigung bei Vorliegen eines Geständnisses zu stellen sind, (weiter) festzuschreiben und dadurch möglichen Fehlentscheidungen durch ein anderes Gericht vorzubeugen.

Die Entscheidung über die Übertragung der Sache auf den Senat in der Besetzung mit drei Richtern beruht auf einer Entscheidung des Einzelrichters gemäß § 80 a Abs. 1 OWiG.

III.

Die fristgemäß eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde ist gemäß § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 OWiG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts zulässige Rechtsbeschwerde führt zu einer Abänderung des angefochtenen Urteils hinsichtlich des Rechtsfolgenausspruchs. Das Rechtsmittel...

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