Leitsatz (amtlich)

Zu den Anforderungen an die Ausführungen im tatrichterlichen Urteil bei Nichteinhaltung des erforderlichen Sicherheitsabstandes

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts Witten vom 22. Dezember 2003 wird auf Kosten des Betroffenen als unbegründet mit der Maßgabe verworfen, dass aus der Liste der angewendeten Paragrafen die Aufzählung von "§ 15 BKatV" entfällt.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen fahrlässiger Nichteinhaltung des erforderlichen Sicherheitsabstands gem. §§ 4 Abs. 3, 49 StVO, 24, 25 StVG zu einer Geldbuße von 110 EUR verurteilt und außerdem ein Fahrverbot von einem Monat festgesetzt. Dagegen wendet sich der Betroffene mit seiner Rechtsbeschwerde, die auf den Rechtsfolgensausspruch beschränkt ist und mit der die Verletzung materiellen Rechts gerügt wird. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg, so dass sie gem. § 79 Abs. 6 OWiG zu verwerfen war.

1.

Die von der Rechtsbeschwerde in der Rechtsbeschwerdebegründung vorgenommene Beschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch ist wirksam. Das angefochtene Urteil enthält noch hinreichende tatsächliche Feststellungen für den festgestellten Verstoß gegen § 4 Abs. 3 StVO.

Das Amtsgericht hat folgende tatsächliche Feststellungen getroffen:

"Am 10. Juni 2003 befuhr der Betroffene mit dem LKW seines Arbeitsgebers, einem Sattelzug IVECO, amtliches Kennzeichen ... gegen 07.56 Uhr die BAB A 43 in Witten in Fahrtrichtung Wuppertal.

In Höhe von km 14,150 war zum Vorfallszeitpunkt von der Autobahnpolizeiinspektion Süd der Bezirksregierung Arnsberg eine Messstelle zur Überwachung der Einhaltung der vorgeschriebenen Mindestabstände eingerichtet. Die Kontrolle erfolgte durch standardisiertes Videomessverfahren, die Messstelle war ordnungsgemäß eingerichtet, das Messgerät ist bis zum 31. Dezember 2004 ordnungsgemäß geeicht. Der Beobachtungsbereich an der Messstelle beträgt mehr als 700 m, am Ende der Beobachtungsstrecke ist durch weiße Quermarkierungen auf der Fahrbahn eine 300 m lange Messstrecke aufgetragen.

Der Betroffene befuhr mit seinem LKW zum genannten Vorfallszeitpunkt den rechten Fahrstreifen der Autobahn und folgte, als er in den Beobachtungsbereich einfuhr, dem ihm auf der gleichen Fahrspur mit einer gleich bleibenden Geschwindigkeit von 87 km/h vorausfahrenden LKW.

Bereits beim Einfahren in den Messbereich hielt der Betroffene, der mit seinem LKW abzüglich der vorgegebenen Toleranzen mit einer Geschwindigkeit von 82 km/h fuhr, lediglich einen Abstand von ca. 29 m statt des vorgeschriebenen Mindestabstands von 50 m zum vorausfahrenden Fahrzeug ein. Im Bereich der Messstrecke wurde der vom Betroffenen eingehaltene Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug mit aufgerundet 28 m festgestellt."

Diese Feststellungen genügen den von der obergerichtlichen Rechtsprechung an die Darlegung einer ordnungsgemäßen Abstandsmessung durch ein standardisiertes Messverfahren gestellten Anforderungen (vgl. dazu BGH NJW 1993, 3081, 3083; vgl. aus der Rechtsprechung des OLG Hamm nur Senat in MDR 2000, 881 = zfs 2000, 416 = VM 2001, 4 (Nr. 3), jeweils für Geschwindigkeitsüberschreitungen). Der Senat vermag sich insoweit den von der Generalstaatsanwaltschaft vorgetragenen Bedenken nicht anzuschließen. Sie ist der Auffassung, dass den Urteilsgründen nicht zu entnehmen sei, welches Messverfahren angewandt wurde und in welchem Umfang Ungenauigkeiten bei der Abstandsmessung durch den Abzug eines Toleranzwertes Berücksichtigung gefunden haben. Diese Bedenken greifen jedoch nicht durch. Das angefochtene Urteil teilt mit, dass die Messung in Form eines "standardisierten Videomessverfahrens" durchgeführt worden ist und beschreibt die Messstelle. Aus dem Zusammenhang dieser Ausführungen lässt sich der Schluss ziehen, dass es sich bei dem Messverfahren um das Videoabstandsmessverfahren VAMA gehandelt hat. Nur dieses ist nämlich in der obergerichtlichen Rechtsprechung als sog. "standardisiertes Messverfahren" anerkannt (vgl. dazu grundlegend OLG Hamm NZV 1994, 120; Beck/Berr, OWi-Sachen im Straßenverkehrsrecht, 4. Aufl., Rn. 457 a; siehe auch Burhoff ZAP F 9; S. 733; VA 2003, 153 ff., 165 ff.). Weder das Brückenabstandsmessverfahren noch das Verfahren der Abstandsmessung mit dem Police-Pilot-System sind als standardisierte Messverfahren anerkannt (vgl. BGH DAR 1983, 56 zum Brückenabstandsmessverfahren und OLG Hamm, Beschl. v. 11. 3. 2003, 1 Ss OWi 64/03, VA 2003, 107 für "PPS"). Damit war der Hinweis auf das Messverfahren ausreichend, das Messverfahren selbst musste nicht mehr näher beschrieben werden (OLG Hamm NZV 1994, 120).

Es ist auch nicht zu beanstanden, dass das angefochtene Urteil keine Angaben zu einem ggf. vom ermittelten Abstandswert in Abzug gebrachten Toleranzwert enthält. Die Rechtsprechung verlangt nämlich bei der Abstandsmessung nur in geringem Maße Toleranzabzüge, und zwar erst ab einer Geschwindigkeit ab 154 km/h. Nach den get...

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