Leitsatz (amtlich)
Wird in einem Verfahren, für das bereits eine Gerichtsstandbestimmung erfolgt ist, die Klage auf einen weiteren Beklagten erweitert, der keinen Gerichtsstand am Ort des zuvor bestimmten Gerichts hat, kann eine weitere Gerichtsstandbestimmung zulässig sein, wenn dem neuen Beklagten zuzumuten ist, das Verfahren bei bereits bestimmten Gericht zu führen und die Voraussetzungen einer Gerichtsstandbestimmung gemäß § 36 I Nr. 3 ZPO im Übrigen auch in Bezug auf den neuen Beklagten vorliegen.
Normenkette
ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 3
Verfahrensgang
Tenor
Zum zuständigen Gericht wird das LG Q bestimmt.
Gründe
I. Der Kläger ließ durch die Beklagte zu 1), ein Umzugsunternehmen, einen Umzug von London nach Berlin durchführen. Nach seinem Vortrag ist es dabei zu Schäden an dem Umzugsgut gekommen, für die er Schadensersatz in Höhe von insgesamt 35.000 EUR geltend macht.
Die Beklagte zu 1) schloss im Auftrag des Klägers eine Versicherung des Transportguts ab. Der Kläger hat - auf der Grundlage einer ihm von der Beklagten zu 1) oder der Beklagten zu 2) übersandten Versicherungsbestätigung - zunächst behauptet, Versicherer des Transportguts sei die Beklagte zu 2) gewesen. Er hat dazu vorgetragen, die Beklagte zu 2) sei aufgrund der Versicherungsbestätigung gem. § 44 VVG in Höhe von 25.700 EUR allein, im Übrigen gesamtschuldnerisch neben der Beklagten zu 1) zur Zahlung verpflichtet.
Der Kläger trägt nunmehr aufgrund einer im April 2015 erteilten Auskunft der Beklagten zu 1) vor, die Beklagte zu 2) hafte nicht aus § 44 VVG, da sie nur Assekuranzmakler gewesen sei. Versicherer sei vielmehr die Beklagte zu 3).
Der Kläger hat zunächst die Beklagte zu 1) auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Später hat er die Klage gegen die Beklagte zu 2) erweitert.
Er hat nach der Erweiterung der Klage gegen die Beklagte zu 2) - in der Hauptsache - zunächst mit dem Antrag zu 1) beantragt, die Beklagten zu 1) und 2) gesamtschuldnerisch zur Zahlung von 9.300 EUR zu verurteilen, mit dem Antrag zu 2), die Beklagte zu 2) zur Zahlung von 25.700 EUR zu verurteilen. Hilfsweise hat der Kläger in der Hauptsache beantragt, die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an ihn weitere 25.700 EUR zu zahlen, falls die Klage bezüglich des Klageantrags zu 2) abgewiesen werden sollte.
Die Beklagte zu 2), die ihren Sitz in C hat, hat die Zuständigkeit des LG Q gerügt. Der Senat hat auf den Antrag des Klägers das LG Q durch Beschluss vom 20.10.2014 (32 SA 76/14) gem. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO als zuständiges Gericht bestimmt.
Der Kläger hat sodann mit Schriftsatz vom 21.07.2015 die Klage gegen die Beklagte zu 3) erweitert und erklärt, die "angekündigten Anträge mit der Maßgabe" stellen zu wollen, dass der Antrag zu 2) sich gegen die Beklagte zu 3) richte. Er hat weiter den Rechtsstreit "bezüglich der bisher gegen die Beklagte zu 1) angekündigten weiter gehenden Zahlungsansprüche" in der Hauptsache für erledigt erklärt. Mit Schriftsatz vom 18.03.2016 hat er dazu klarstellend ausgeführt, an seinem Zahlungsantrag in Höhe von 9.300 EUR gegen die Beklagte zu 1) festhalten zu wollen und diese insoweit gesamtschuldnerisch mit der Beklagten zu 3) in Anspruch nehmen zu wollen.
Er hat ferner die Klage gegen die Beklagte zu 2) für erledigt erklärt. Die Beklagte zu 2) hat sich der Erledigterklärung nicht angeschlossen.
Die Beklagte zu 3) hat die örtliche Zuständigkeit des LG Q gerügt.
Der Kläger beantragt die Bestimmung des zuständigen Gerichts durch das Oberlandesgericht Hamm.
Die Beklagte zu 3) ist der Auffassung, die Voraussetzungen einer Gerichtsstandsbestimmung lägen nicht vor. Die Beklagten zu 2) und 3) könnten nicht gleichzeitig in Anspruch genommen werden. Die Beklagten zu 1) und 3), die als Transportunternehmer und Versicherer aus den unterschiedlichen Rechtsgründen hafteten, seien keine Streitgenossen.
II. Auf den Antrag des Klägers war das LG Q als das für die Klage zuständige Gericht zu bestimmen.
1. Das Oberlandesgericht Hamm ist gem. § 36 Abs. 1, Abs. 2 ZPO zuständig, weil das zunächst angerufene LG Q zu seinem Bezirk gehört.
2. Der Prozessstand und die bereits vorgenommene Gerichtsstandsbestimmung stehen der Gerichtsstandsbestimmung im Ergebnis nicht entgegen.
a) Die Rechtshängigkeit eines Rechtsstreits steht entgegen dem Wortlaut des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO der Gerichtsstandbestimmung nicht grundsätzlich entgegen, wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 20.10.2014 ausgeführt hat. Auch nach Eintritt der Rechtshängigkeit kommt eine Gerichtsstandsbestimmung in Betracht, wenn entweder alle Streitgenossen trotz fehlendem gemeinsamen Gerichtsstand vor einem Gericht verklagt wurden oder wenn die zunächst nur gegen einen Beklagten erhobene Klage gegen weitere Beklagte als Streitgenossen erweitert werden soll.
b) Eine Gerichtsstandsbestimmung ist nach erhobener Klage allerdings grundsätzlich dann nicht mehr möglich, wenn ihr der Zweck des Gerichtsstandsbestimmungsverfahrens entgegensteht.
aa) Das ist im Allgemeinen der Fall, wenn für das bestimmende Gericht keine wirkliche Wahlmö...