Leitsatz (amtlich)
Zwei Beklagte sind Streitgenossen, wenn sie aus einem im Wesentlichen einheitlichen tatsächlichen und rechtlichen Grund in Anspruch genommen werden. Das kann für eine Bank und ihre Vertreterin zutreffen, die dem Kläger einen Schaden ersetzen sollen, der im Zusammenhang mit einem fehlerhaft geführten Beratungsgespräch entstanden sein soll. Dabei können die Ansprüche gegen die einzelnen Beklagten auf unterschiedliche Verträge gestützt werden, die ihrerseits nicht in einem unmittelbaren rechtlichen Zusammenhang stehen müssen.
Normenkette
ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 3, §§ 59-60
Tenor
Als zuständiges Gericht wird das Landgericht C bestimmt.
Gründe
I. Die Kläger aus S nehmen die beklagten Kreditinstitute, die Beklagte zu 1 mit dem Sitz in G und die Beklagte zu 2 mit dem Sitz in H, auf Schadensersatz in Höhe von 140.821,87 EUR nebst Zinsen und außergerichtlichen Kosten in Anspruch.
Hierzu tragen die Kläger vor: Sie seien langjährige Kunden der Beklagten zu 2. Als Vertreterin habe diese ihnen ein Darlehen der Beklagten zu 1 in CHF vermittelt, welches Ende März 2015 auch in CHF zurückzuzahlen gewesen sei. Anfang des Jahres 2015 hätten die Kläger von einer möglichen Aufgabe der Untergrenze des Wechselkurses des Euro zum Schweizer Franken durch die Schweizer Nationalbank erfahren und befürchtet, dass sich die Rückzahlung des Darlehens mit einer Werterhöhung des Schweizer Franken im Vergleich zum Euro erheblich verteuern könnte. In einem deswegen mit Mitarbeitern der Beklagten zu 2 geführten Beratungsgespräch sei den Klägern unter Hinweis auf ein Informationspapier "Devisen Kompakt" der Beklagten zu 1 fälschlicherweise zum Abwarten geraten worden. Tatsächlich sei das Papier der Beklagten zu 1 nicht mehr auf dem aktuellen Stand gewesen. Der Wechselkurs sei wenige Tage nach dem Gespräch freigegeben worden und habe sich zulasten des Euro verschlechtert, so dass die Kläger das Darlehn mit einem Mehraufwand hätten tilgen müssen, der bei einer unverzüglichen Rückführung des Darlehns nach dem Beratungsgespräch nicht angefallen wäre. Diesen Mehraufwand verlangen die Kläger als Schaden von den Beklagten ersetzt und meinen, die Beklagten seien wie Gesamtschuldner in Anspruch zu nehmen und könnten als Streitgenossen verklagt werden. Die Beklagte zu 2 habe eigene Beratungspflichten verletzt und, zugleich als Erfüllungsgehilfin der Beklagten zu 1, deren Sorgfalts-, Schutz- und Warnpflichten aus dem Darlehnsvertrag. In Bezug auf die unterschiedlichen Gerichtsstände der Beklagten haben die Kläger eine Gerichtsstandbestimmung beantragt.
Beide Beklagte treten dem Klagevorbringen entgegen. Die Beklagte zu 1 rügt die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts C und hält eine Gerichtsstandbestimmung für unzulässig, da die Parteien keine Streitgenossen sein. Bereits aus dem Vortrag der Kläger ergebe sich keine gesamtschuldnerische Haftung. Entweder seien die Mitarbeiter der Beklagten zu 2 bei der infrage stehenden Beratung als Vertreter der Beklagten zu 1 aufgetreten, dann bestehe kein Anspruch gegen die Beklagte zu 2. Wenn die Mitarbeiter demgegenüber für die Beklagte zu 2 gehandelt hätten, komme ein Anspruch gegen die Beklagte zu 1 nicht infrage.
Mit Beschluss vom 10.07.2017 hat das Landgericht C dem Senat das Verfahren zur Gerichtsstandbestimmung vorgelegt.
II. 1. Das Oberlandesgericht Hamm ist gemäß § 36 Abs. 2 ZPO zur Entscheidung im Gerichtsstandbestimmungsverfahren gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO berufen. Die Beklagten haben ihre allgemeinen Gerichtsstände in G und H (im Bezirk des Landgerichts C). In Bezug auf diese Gerichtsstände wäre der Bundesgerichtshof das nächsthöhere gemeinsame Gericht. Das im hiesigen Bezirk gelegene Landgericht C war als erstes mit der Sache befasst.
2. Die Voraussetzungen für eine Gerichtsstandbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO liegen vor. Die Beklagten sollen als Streitgenossen im Sinne der weit auszulegenden §§ 59, 60 ZPO in Anspruch genommen werden. Dafür reicht es aus, dass die Klage auf einem im Wesentlichen einheitlichen tatsächlichen und rechtlichen Grund beruht (Vollkommer in Zöller, ZPO, 31. Auflage 2016, §§ 59, 60 ZPO Rz. 6). Streitgenossenschaft liegt z.B. vor, wenn um den Ersatz desselben Schadens gestritten wird, der im Zusammenhang mit einem einheitlichen Lebenssachverhalt entstanden ist. Dabei können die Ansprüche auf unterschiedliche Verträge gestützt werden, die ihrerseits nicht in unmittelbarem rechtlichen Zusammenhang stehen (BGH, Beschluss vom 06.05.2013, X ARZ 65/13, NJW-RR 2013, 1399, Rz. 8 m. w. Nachw.) Die Voraussetzungen einer Gerichtsstandbestimmung sind nach dem Klagevortrag zu beurteilen. Auf die Schlüssigkeit des Klagevorbringens kommt es dabei jedoch nicht an (Vollkommer in Zöller, ZPO, 31. Auflage 2016, § 36 ZPO, Rz. 18).
Ausgehend hiervon haben die Kläger die Voraussetzungen für eine Streitgenossenschaft der Beklagten hinreichend dargetan. Dafür spricht zunächst, dass sie von den Beklagten einen einheitlichen Schaden ersetzt verlangen, wobei unerheblich ist, ob ihre Angabe, ...