Leitsatz (amtlich)
Zur Untersuchungspflicht des Importeurs auf fehlerfreie Beschaffenheit der vertriebenen Ware (hier: Kabinenroller aus China)
Normenkette
BGB § 280 Abs. 1, § 439 Abs. 2, § 478 Abs. 2, § 823 Abs. 1; ProdHaftG § 1
Verfahrensgang
LG Bielefeld (Beschluss vom 10.03.2011; Aktenzeichen 4 O 583/10) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 18.4.2011 gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des LG Bielefeld vom 10.3.2011 wird zurückgewiesen.
Gründe
A. Der Antragsteller erwarb von der Antragsgegnerin am 15.6.2007 insgesamt fünf Kabinenroller Typ "q T150" Scooter (Modell 2007) zu einem Nettokaufpreis von jeweils 1.899 EUR. Die Antragsgegnerin hatte die Kabinenroller zuvor aus China von dem Hersteller "Y" importiert und veräußerte sie unter einer vom eigenen Firmennamen abgeleiteten Marke.
Der Antragsteller veräußerte seinerseits einen der Kabinenroller am 29.6.2007 weiter an Herrn y einem Kaufpreis i.H.v. 3.499 EUR. Herr y verunfallte mit dem Kabinenroller. Am 15.11.2007 erklärte dieser unter Fristsetzung zum 30.11.2007 den Rücktritt vom Kaufvertrag. Das Rücktrittsschreiben wurde an die Antragsgegnerin weitergeleitet, die mit Schreiben vom 19.11.2007 die Ansprüche zurückwies.
Zwischen dem Antragsteller und Herrn y kam es zu einem Rechtstreit (AG M Aktenzeichen), dem die Antragsgegnerin als Streithelferin des jetzigen Antragstellers beigetreten ist. In zweiter Instanz wurde der Klage des Herrn y vom LG P vollumfänglich stattgegeben (Aktenzeichen), nach dem die Mangelhaftigkeit des Kabinenrollers in Form eines Konstruktionsfehlers durch das Gutachten des Sachverständigen E vom 31.9.2009 festgestellt worden war.
Der Antragsteller begehrt von der Antragsgegnerin die ihm entstandenen Schäden ersetzt, die er wie folgt beziffert:
1. Bruttokaufpreis: 2.260 EUR
nebst Zinsen seit dem 21.7.2010: 2.658,95 EUR
2. Kosten für ein Privatgutachten des Herrn y
i.H.v. 667,23 EUR nebst Zinsen seit dem 21.7.2010: 772,90 EUR
3. Gerichts- und Verfahrenskosten der Gegenseite
nebst Zinsen seit dem 21.7.2010: 3.759,80 EUR
4. Gerichts- und Verfahrenskosten des Klägers 2.957,07 EUR
Der Antragsteller forderte die Antragsgegnerin unter dem 16.10.2007 vergeblich zur Zahlung bis zum 21.7.2010 auf.
Der Antragsteller ist der Ansicht, die Antragsgegnerin habe schuldhaft gehandelt. Sie sei "Hersteller" im Sinne des Produkthaftungsgesetzes. Sie importiere Fahrzeuge aus einem sog. "Drittland" in ein "EU-Land". Den Konstruktionsfehler an dem Kabinenroller müsse sie sich zurechnen lassen.
Die Antragsgegnerin ist der Ansicht, Kosten eines verlorenen Gewährleistungsrechtsstreits zwischen dem Verkäufer und seinem Kunden seien nicht Bestandteil des Aufwendungsersatzes und damit nicht nach § 439 Abs. 2 BGB zu erstatten. Vor der Übergabe des Fahrzeugs an den Antragsteller habe sie keine Kenntnis von einem Konstruktionsfehler gehabt.
Die Akte des AG M (Aktenzeichen = LG P Aktenzeichen) wurde beigezogen.
B. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 18.4.2011 gem. § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO hat keinen Erfolg.
I. Das Rechtsmittel ist zulässig, insbesondere fristgerecht gem. § 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO eingereicht worden.
II. Die sofortige Beschwerde ist jedoch unbegründet.
Die von dem Antragsteller beabsichtigte Rechtsverfolgung hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg auf (§ 114 ZPO).
1. Es kann dahinstehen, ob dem Antragsteller ein Anspruch i.H.v. 2.260 EUR nebst Zinsen Zug-um-Zug gegen Rückgabe des Motorrollers zusteht. Entsprechendes gilt auch für einen etwaigen Anspruch auf Erstattung der Kosten für das von Herrn y vorprozessual eingeholten Privatgutachten i.H.v. 667,23 EUR nebst Zinsen. Jedenfalls steht dem Antragsteller kein darüber hinaus gehender Anspruch auf Erstattung der entstandenen Gerichts- und Verfahrenskosten zu, so dass die sachliche Zuständigkeit des LG nicht gegeben ist, §§ 71 Abs. 1, 23 Nr. 1 GVG. Damit hat die beabsichtigte Klage insgesamt keine Aussicht auf Erfolg (vgl. Zöller/Geimer, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 114 Rz. 23).
2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung der geltend gemachten Gerichts- und Verfahrenskosten i.H.v. insgesamt 6.716,87 EUR.
a) Das LG hat zu Recht einen Anspruch des Antragstellers aus § 478 Abs. 2 BGB verneint. Vorgenannte Vorschrift gibt dem Unternehmer gegen den Lieferanten einen vom Vertretenmüssen unabhängigen Anspruch auf Ersatz der nach § 439 Abs. 2 BGB gegenüber dem Verbraucher zu tragenden Mängelbeseitigungsaufwendungen (MünchKomm/Lorenz, 5. Aufl. 2008, § 478 Rz. 25). Der Antragsteller macht gegen die Antragsgegnerin Gerichtskosten i.H.v. 3.759,80 EUR und Verfahrenskosten i.H.v. 2.957,07 EUR geltend, die ihm im Rahmen des gerichtlichen Vergleichs mit Herrn y entstanden sind. Die Prozesskosten eines verlorenen Rechtsstreits wegen der Geltendmachung von Sachmängelrechten sind aber nicht Bestandteil des Aufwendungsersatzes nach § 478 Abs. 2 BGB, da es sich nicht um Aufwendungen handelt, die der Unternehmer nach § 439 Abs. 2 BGB gegenüber dem Verbraucher zu tragen hatte (MünchKomm/Lorenz, a.a.O., Rz. 29b - m.w.N...