Leitsatz (amtlich)
Zu den Anforderungen an die tatsächlichen Feststellungen bei einer Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren zur Nachtzeit.
Verfahrensgang
AG Herne-Wanne (Entscheidung vom 15.09.2005) |
Tenor
Das angefochtene Urteil wird mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an das Amtsgericht Herne-Wanne zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Herne-Wanne hat gegen den Betroffenen am 15. September 2005 wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit gemäß §§ 41 Abs. 2 (Zeichen 274), 49 StVO i.V.m. §§ 24, 25 StVG eine Geldbuße in Höhe von 175,- EUR festgesetzt und außerdem unter Beachtung des § 25 Abs. 2a StVG ein Fahrverbot von einem Monat verhängt.
Dazu hat das Amtsgericht folgende tatsächliche Feststellungen getroffen:
"Am 02.03.2005 um 02.19 Uhr befuhr der Betroffene mit dem Pkw, Fabrikat VW Golf IV, mit dem amtlichen Kennzeichen XXXXX 76, die Bundesautobahn 42 in Fahrtrichtung Duisburg, in Herne. Zu dieser Zeit führten die Beamten der Autobahnpolizei Münster, die Zeugen L. und S., bei dem Pkw des Betroffenen eine gezielte Geschwindigkeitsmessung in dem Bereich von Kilometer 44,5 bis zu Kilometer 43,5 durch Hinterherfahren mit dem Fustkw, mit dem amtlichen Kennzeichen XXXXXX, dessen Tacho bis zum 03.02.2006 justiert war, durch. Hierbei befanden sich die Zeugen in ihrem Pkw über die gesamte Strecke von 1000 Metern in einem gleichbleibenden Abstand von 100 Metern hinter dem Pkw des Betroffenen. Die in diesem Bereich durch Verkehrszeichen 274 angeordnete zulässige Höchstgeschwindigkeit beträgt 100 km/h. Dabei wurde der von dem Betroffenen gesteuerte Pkw mit einer vorwerfbaren Geschwindigkeit von 153 km/h, abzüglich der Messwerttoleranz von 15 % und somit von 27 km/h, gemessen.
...
Sowohl der Zeuge L. als auch der Zeuge S. bestätigen, dass die Messung in Fahrtrichtung Duisburg stattfand. Für das Gericht steht fest, dass der Betroffene mit einer vorwerfbaren Geschwindigkeit von 153 km/h gefahren ist. Sowohl der Zeuge L. als auch der Zeuge S. gaben glaubhaft wieder, unter Zuhilfenahme des Anzeigentextes und unter Hinzuziehung der direkt vor Ort gefertigten Aufzeichnungen zum Vorgang, dass sie dem Betroffenen auf der Bundesautobahn 42 von Kilometer 44,5 bis Kilometer 43,5 mit dem Fustkw mit dem amtlichen Kennzeichen MS-3691, welches bis zum 03.02.2006 justiert war, über die gesamte Strecke von 1000 Metern hinterhergefahren sind. Hierbei bestand ein gleichbleibender Abstand von 100 Metern zwischen dem PKW des Betroffenen und dem Fustkw. Diesen Abstand haben sie anhand der trotz Nachtzeit gut sichtbaren Leitpfosten am Straßenrand festmachen können. Die abgelesene Geschwindigkeit auf dem Tacho habe 180 km/h betragen. Fahrzeuge, die den Blick auf das Fahrzeug des Betroffenen hätten versperren können, seien nicht vorhanden gewesen. Zudem sei der Blickkontakt auch nicht aufgrund der Straßenführung abgerissen. Während der gesamten Dauer haben sie den PKW des Betroffenen im Blickfeld gehabt. Trotz Nachtzeit hätten sie gute Sicht auf den PKW des Betroffenen gehabt. Sowohl die Geschwindigkeit, die Länge der Nachfahrstrecke als auch der Abstand zum Fahrzeug des Betroffenen sei von beiden Zeugen kontrolliert worden. Beide Zeugen bestätigen, dass die Messung durch Hinterherfahren zu ihrem regelmäßigen Tätigkeitsbereich gehöre, und sie im Hinblick auf die Polizeivorschriften eine theoretische Schulung in diesem Bereich durchlaufen hätten. Von diesen per Tacho gemessenen 180 km/h haben die Zeugen eine Toleranz von 15 % und somit 27 km/h in Abzug gebracht.
..."
Mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Rechtsbeschwerde rügt der Betroffene unter näherer Begründung die Verletzung materiellen Rechts.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, wie geschehen zu entscheiden.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und hat auch in der Sache - zumindest vorläufigen - Erfolg.
Die tatsächlichen amtsgerichtlichen Feststellungen tragen die Verurteilung des Betroffenen wegen einer fahrlässigen Geschwindigkeitsüberschreitung nicht.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Stellungnahme vom 5. Dezember 2005 hierzu wie folgt Stellung genommen:
"Das Amtsgericht hat festgestellt, der Betroffene habe am 02.03.2005 um 02.19 Uhr mit seinem Pkw die Bundesautobahn 42 in Fahrtrichtung Duisburg befahren. Im Bereich zwischen den Kilometern 44,5 und 43,5 habe er die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h überschritten, indem er sein Fahrzeug mit einer Geschwindigkeit von 180 km/h geführt habe. Die Feststellungen beruhten auf den Aussagen der vernommenen Polizeibeamten L. und S.. Diese hätten bekundet, sie seien dem Pkw des Betroffenen in einem gleichbleibenden Abstand von 100 Metern über eine Strecke von ca. 1000 Metern gefolgt. In dieser Zeit hätten sie laut dem justierten Tachometer ihres Pkw eine Geschwindigkeit von 180 km/h abgelesen. Den Abstand zwischen ihrem Pkw und dem Pkw des Betroffenen hätten ...