Leitsatz (amtlich)
Die Festsetzung von Zwangsgeld gem. § 35 Abs. 1 FamFG kommt nur dann in Betracht, wenn die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung aufgrund einer gerichtlichen Anordnung besteht. Die Aufforderung des Versorgungsträgers, an einer Kontenklärung mitzuwirken, reicht hierfür nicht aus.
Normenkette
FamFG § 35 Abs. 1, § 220 Abs. 3
Verfahrensgang
AG Dortmund (Aktenzeichen 105 F 4863/05) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Von der Erhebung von Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren wird abgesehen.
Gründe
Die sofortige Beschwerde ist gem. §§ 35 Abs. 5 FamFG, 567 ff. ZPO zulässig und in der Sache im Ergebnis auch begründet.
Auf das Verfahren sind gem. Art. 111 Abs. 5 FGG-RG ab dem 1.9.2010 die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden, da im Verfahren über den Versorgungsausgleich am 31.8.2010 im ersten Rechtszug noch keine Endentscheidung erlassen wurde.
Das AG hat im Ergebnis zu Unrecht gem. § 35 FamFG ein Zwangsgeld gegen die Antragsgegnerin festgesetzt.
Das AG ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass die Antragsgegnerin ihrer Mitwirkungspflicht gem. § 220 Abs. 3 FamFG nicht nachgekommen ist, weil sie gegenüber der Deutschen Rentenversicherung Bund keine Angaben zu Kindererziehungszeiten vom 1.6.2010 bis 30.9.2010 und keine Angaben zu Berücksichtigungszeiten wegen Kinderziehung vom 1.4.2010 bis 30.9.2010 gemacht hat und den Antrag V 800 nicht eingereicht hat.
Das Familiengericht kann gem. § 220 Abs. 3 FamFG anordnen, dass die Ehegatten gegenüber dem Versorgungsträger Mitwirkungshandlungen zu erbringen haben, die für die Feststellung der in den Versorgungsausgleich einzubeziehenden Anrechte erforderlich sind.
Gegenstand der Mitwirkungspflicht ist die Feststellung von Grund und Höhe der in den Versorgungsausgleich einzubeziehenden Anrechte. Insbesondere kann verlangt werden, dass alle erheblichen Tatsachen angegeben und Urkunden und Beweismittel beigebracht werden. Falls erforderlich, kann von dem Mitwirkungsverpflichteten auch die Stellung eines Antrags bei einem Versorgungsträger, etwa eines Kontenklärungsantrags, und die Verwendung von Versorgungsträgern vorgesehener Formulare verlangt werden (vgl. Keidel-Weber, FamFG, 16. Aufl., § 220 Rz. 10).
Aus dem Schreiben der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 15.12.2010 ergibt sich, dass für die Auskunft nach neuem Recht die Klärung der Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung und die Übersendung des Formulars V 800 erforderlich ist, um eine § 5 Abs. 2 S. 2 VersAusglG Rechnung tragende Auskunft erteilen zu können. Die Antragsgegnerin hat jedoch die Zeiten nicht geklärt und das Formular V 800 nicht übersandt.
Die Festsetzung eines Zwangsgeldes gem. § 35 Abs. 1 FamFG kam jedoch gleichwohl nicht in Betracht.
Zwar handelt es sich bei der Mitwirkungspflicht gem. § 220 Abs. 3 FamFG um eine eigenständige Verpflichtung, die nach § 35 FamFG mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden kann (vgl. Keidel-Weber, FamFG, 16. Aufl., § 220 Rz. 9).
Jedoch kommt eine Festsetzung von Zwangsgeld gem. § 35 Abs. 1 FamFG nur dann in Betracht, wenn aufgrund einer gerichtlichen Anordnung die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung besteht.
Eine konkrete gerichtliche Auflage, die Kindererziehungszeiten vom 1.6.2010 bis 30.9.2010 und die Berücksichtigungszeiten wegen Kinderziehung vom 1.4.2010 bis 30.9.2010 zu klären und das Formular V 800 an den Versorgungsträger zu übersenden, ist nicht erfolgt. Das AG hat sofort nach Eingang der Abschrift der 2. Erinnerung der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 5.11.2010 das Zwangsgeld festgesetzt.
Soweit das AG in der angefochtenen Entscheidung darauf Bezug nimmt, dass der Antragsgegnerin durch Beschluss vom 21.4.2010 aufgegeben worden war, einen Antrag auf Kontenklärung sowie eine Kopie des Sorgerechtsbescheides zur Akte zu reichen und der Antragsgegnerin ein Zwangsgeld gem. § 33 FGG angedroht worden war, kann hierauf bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 FamFG vorliegen, nicht abgestellt werden.
Denn zum einen hat die Antragsgegnerin die damals erforderlichen Mitwirkungshandlungen nachgeholt. Dies ergibt sich aus dem Schreiben der Deutschen Rentenversicherung vom 1.6.2010 und dem Umstand, dass am 29.6.2010 eine Auskunft (nach altem Recht) aus dem geklärten Versicherungskonto erfolgt ist.
Zum anderen hatte der Beschluss vom 21.4.2010 keinen vollzugsfähigen, d.h. hinreichend bestimmten Inhalt. Er enthielt insbesondere nicht die konkret von der Antragsgegnerin verlangten Angaben zu Kindererziehungszeiten vom 1.6.2010 bis 30.9.2010 bzw. zu Berücksichtigungszeiten wegen Kinderziehung vom 1.4.2010 bis 30.9.2010 und auch nicht die Auflage, den Antrag V 800 einzureichen.
Die Auflage im Beschluss vom 21.4.2010, einen Antrag auf Kontenklärung zu stellen, ist nicht hinreichend bestimmt. Die verlangte Auskunft muss nach allgemeiner Ansicht (vgl. Keidel-Zimmermann, FamFG...