Leitsatz (amtlich)

Der Umgangspfleger ist gem. § 1684 Abs. 3 Satz 4 BGB berechtigt, bei Meinungsverschiedenheiten der Eltern über die Umgangsmodalitäten, insbesondere über den Ort des Umgangs, den Ort der Übergabe und erforderliche Nachholtermine zu entscheiden. Das schließt jedoch nicht die Befugnis ein, auch über seinen Umfang, insbesondere die Häufigkeit und die Dauer der Umgangskontakte zu entscheiden. Diese Aufgabe obliegt gem. § 1684 Abs. 3 Satz 1 BGB ausschließlich dem Gericht. Es muss daher den Umgang abschließend regeln und darf diese Aufgabe insbesondere nicht ganz oder teilweise in die Hände eines Dritten legen, soweit das Gesetz diese Möglichkeit nicht ausdrücklich eröffnet (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 2.5.2012 - II-9 UF 105/12, FamRZ 2013, 310).

 

Normenkette

BGB § 1684 Abs. 3

 

Verfahrensgang

AG Marl (Beschluss vom 07.03.2013; Aktenzeichen 36 F 230/12)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der mit Beschluss vom 7.3.2013 berichtigte und am 24.1.2014 erlassene Beschluss des AG - Familiengericht - Marl aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch zur Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens, an das AG - Familiengericht - Marl zurückverwiesen.

Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben.

Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die nach §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin hat in der Sache vorläufigen Erfolg und führt unter - von ihr mit Schriftsatz vom 8.4.2014 beantragter - Aufhebung des angefochtenen Beschlusses zur Zurückverweisung der Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Familiengericht (§ 69 Abs. 1 Satz 3 FamFG).

1. Eine Entscheidung in der Sache liegt nur dann vor, wenn das erstinstanzliche Gericht eine Regelung hinsichtlich des dem Verfahrensgegenstand zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses trifft (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 2.5.2012 - II-9 UF 105/12, FamRZ 2013, 310). Daran fehlt es, wenn sich das erstinstanzliche Gericht ausschließlich mit Zuständigkeitsfragen beschäftigt hat und eine Entscheidung über das dem Verfahrensgegenstand zugrunde liegende Rechtsverhältnis deswegen unterblieben ist (vgl. OLG Saarbrücken Saarbrücken, Beschl. v. 11.10.2013 - 6 UF 128/13 - ZKJ 2014, 75). An einer Entscheidung in der Sache fehlt es aber auch dann, wenn die Entscheidung über das dem Verfahrensgegenstand zugrunde liegende Rechtsverhältnis aus anderen Gründen unterblieben ist.

2. Bei einem Antrag auf Regelung des Umgangs nach § 1684 Abs. 3 Satz 1 BGB ist das vom Familiengericht zu regelnde Rechtverhältnis nicht schlicht auf Bejahung oder Verneinung des Rechts auf Umgang beschränkt, denn das Recht auf Umgang selbst ergibt sich bereits aus § 1684 Abs. 1 BGB. Danach hat jedes Kind das Recht auf Umgang mit seinen Eltern. Damit korrespondieren das Recht und die Pflicht der Eltern, einerseits diesen Umgang auszuüben (§ 1684 Abs. 1 BGB), andererseits ihn nicht zu behindern (§ 1684 Abs. 2 BGB). Dabei handelt es sich nicht um ein durch gerichtliche Entscheidung erst zu begründendes Recht, sondern um ein originäres Elternrecht, welches unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG steht und durch eine familiengerichtliche Entscheidung nur eingeschränkt werden kann, wenn dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist (§ 1684 Abs. 4 Satz 1 BGB). Jede gerichtliche Entscheidung über die Umgangsbefugnis muss daher grundsätzlich eine konkrete Regelung über die Modalitäten des Umgangs enthalten.

a) Eine Entscheidung, die den Umgang nur "dem Grunde" nach regelt und keine Feststellungen über die Häufigkeit, die Art, die Zeit und den Ort des Umgangs enthält, genügt diesen Anforderungen nicht (vgl. BGH, Beschl. v. 1.2.2012 - XII ZB 188/11, FamRZ 2012, 533).

Dieses Konkretheitsgebot gilt auch für den begleiteten Umgang, insbesondere durch einen vom Gericht bestellten Umgangspfleger, denn das Gericht darf die Regelung des Umgangs nicht einem Dritten überlassen, dem vom Gesetz keine eigene Entscheidungskompetenz zugewiesen worden ist (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 2.5.2012 - II-9 UF 105/12, FamRZ 2013, 310; OLG Hamm, Beschl. v. 13.7.2010 - II-2 UF 277/09, NJW-RR 2011, 150; OLG Saarbrücken Saarbrücken, Beschl. v. 12.3.2010 - 6 UF 128/09, FamRZ 2010, 1922; OLG Köln, Beschl. v. 17.1.2011 - 21 UF 190/10 - ZKJ 2011, 181).

Zwar sind dem Umgangspfleger gem. § 1684 Abs. 3 Satz 4 BGB von Gesetzes wegen weiter gehende Befugnisse eingeräumt. Nach dem vom Gesetzgeber mit dieser Regelung verfolgten Zweck ist er berechtigt, bei Meinungsverschiedenheiten der Eltern über die Umgangsmodalitäten, insbesondere über den Ort des Umgangs, den Ort der Übergabe und erforderliche Nachholtermine zu entscheiden. Das schließt jedoch nicht die Befugnis ein, auch über seinen Umfang, insbesondere die Häufigkeit und die Dauer der Umgangskontakte zu entscheiden. Diese Aufgabe obliegt gem. § 1684 Abs. 3 Satz 1 BGB ausschließlich dem Gericht. Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Sinn und Zweck der Umgangspflegsc...

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