Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslieferung eines deutschen Staatsangehörigen nach Belgien zur Strafverfolgung wegen Mordes bei drohender Verurteilung zu einer zweiten lebenslangen Freiheitsstrafe.
Leitsatz (amtlich)
Die Auslieferung eines deutschen Staatsangehörigen, der bereits in Deutschland aufgrund einer inländischen Verurteilung eine lebenslange Freiheitsstrafe verbüßt, zum Zwecke der Strafverfolgung wegen einer anderen, im ersuchenden Staat begangenen und dort mit einer lebenslangen Freiheitsstrafe bedrohten Tat, für die auch die deutsche Gerichtsbarkeit nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 StGB sowie eine Gesamtstrafenfähigkeit nach §§ 53-55 StGB gegeben wäre, kann trotz einer für den Fall der Verurteilung abgegebenen Zusicherung der Rücküberstellung unzulässig sein.
Dies ist dann der Fall, wenn dem Verurteilten ohne Härteausgleich die Vollstreckung einer weiteren, gesondert zu vollstreckenden lebenslangen Freiheitsstrafe droht.
Normenkette
IRG §§ 73, 80; GG Art. 16 Abs. 2; StGB § 57a
Tenor
- Der Antrag auf Erlass eines förmlichen Auslieferungshaftbefehls wird zurückgewiesen.
- Die Entscheidung über die Zulässigkeit der Auslieferung des Verfolgten nach Belgien zur Strafverfolgung wegen der ihm in dem Europäischen Haftbefehl des Gerichts erster Instanz in Antwerpen vom 18.06.2013 (Az.: ####/###) zur Last gelegten Straftat wird zurückgestellt.
Gründe
I.
Das Königreich Belgien betreibt gegen den Verfolgten das Auslieferungsverfahren aufgrund des Europäischen Haftbefehls des Gerichts erster Instanz in Antwerpen vom 18.06.2013 (Aktenzeichen: ####/###).
Der Europäische Haftbefehl vom 18.06.2013 gründet sich auf den durch den Untersuchungsrichter des Gerichts erster Instanz in Antwerpen ausgestellten Haftbefehl vom 24.08.2012 (Aktenzeichen: ####/###), mit dem dem Verfolgten zur Last gelegt wird, am 30.11.2007 in T/Belgien den Autohändler I in den Geschäftsräumen seiner Firma Q, U-baan ##, durch Schüsse aus einer halbautomatischen Selbstladewaffe FN Modell 1910, Kaliber 6, 65 mm, in Stirn und Rücken getötet und die Laptoptasche des Getöteten, Kfz-Unterlagen sowie Fahrzeugschlüssel entwendet zu haben.
Der Verfolgte ist am 15.08.2013 durch den zuständigen Gs-Richter des Amtsgerichts Düsseldorf zu dem Auslieferungsersuchen angehört worden. Er hat sich mit nicht näher begründeten Einwendungen mit seiner Auslieferung nicht einverstanden erklärt.
Das Amtsgericht Düsseldorf hat am 15.08.2013 eine Festhalteanordnung erlassen.
Der Verfolgte befindet sich zurzeit in anderer Sache in Strafhaft für das Verfahren 8 Js ###/08 StA Krefeld. Er ist mit Urteil des Landgerichts Krefeld vom 18.08.2009, rechtskräftig seit dem 28.04.2010 (22 Ks 8 Js ###/## (#/##)), wegen Mordes in Tateinheit mit versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung sowie wegen schwerer räuberischer Erpressung in vier Fällen zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe verurteilt worden. Die besondere Schwere der Schuld ist festgestellt worden. Für dieses Verfahren war der Verfolgte aus Spanien ausgeliefert worden. In der Auslieferungsentscheidung des Strafgerichts in Madrid vom 10.07.2008 ist festgehalten, dass der Verfolgte auf die Einhaltung des Spezialitätsgrundsatzes nicht verzichtet hat.
Wegen der dem Verfolgten durch die belgischen Strafverfolgungsbehörden zur Last gelegten Tat ist ein inländisches Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft Kiel (598 Js #####/####) eingeleitet worden; es ist nach Mitteilung des Generalstaatsanwalts des Landes Schleswig-Holstein vom 21.06.2016 beabsichtigt, das Ermittlungsverfahren gemäß § 153c StPO einzustellen.
Die Staatsanwaltschaft Antwerpen hat mit Schreiben vom 19.10.2012 unter Bezugnahme auf Art. 5 Nr. 3 des Rahmenbeschlusses des Rates vom 13.06.2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten zugesichert, den Verfolgten im Falle der Verhängung einer zur verbüßenden Freiheitsstrafe oder anderen freiheitsentziehenden Maßnahme auf seinen Wunsch zur Vollstreckung in die Bundesrepublik Deutschland zurück zu überstellen.
Auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft hat der Senat mit Beschluss vom 26.11.2013 die Festhalteanordnung des Amtsgerichts Düsseldorf vom 15.08.2013 aufgehoben. Diesen Antrag hatte die Generalstaatsanwaltschaft gestellt, da der Verfolgte bei seiner Auslieferung aus Spanien auf die Einhaltung des Grundsatzes der Spezialität nicht verzichtet hatte und daher zunächst bei den spanischen Behörden zu klären war, ob eine Weiterlieferung des Verfolgten gemäß
§ 83 h Abs. 2 Nr. 5 IRG genehmigt wird.
Mit Beschluss des zentralen Untersuchungsgerichts Nr. 3 in Madrid vom 26.11.2015 ist verfügt worden, dass der "Vollstreckung des durch die Behörden Belgiens beschlossenen Europäischen Auslieferungshaftbefehls wegen der Straftat des Mordes zur Strafverfolgung zugestimmt werde".
Der Beistand des Verfolgten hat mit Schriftsatz vom 18.04.2016 zu dem Beschluss des zentralen Untersuchungsgerichts in Madrid Stellung genommen und ausgeführt, dass die Unterlagen die Voraussetzungen für...