Leitsatz (amtlich)
1. Eine hinreichende Aussicht auf Erfolg für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe (§ 76 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 114 ZPO) in einem vom Amtsermittlungsgrundsatz (§ 26 FamFG) beherrschten Sorgerechtsverfahren ist bereits dann gegeben, wenn das Familiengericht auf Grund des eingeleiteten Verfahrens den Sachverhalt zu ermitteln hat, ggfs. eine Regelung treffen muss und sich nicht darauf beschränken kann, den Antrag ohne Weiteres, also ohne jede Ermittlung und ohne jede Anhörung der Beteiligten, zurückzuweisen.
2. Eine Entscheidung des Familiengerichts, die den Antrag der Kindeseltern auf Rückübertragung der elterlichen Sorge ohne ausreichende Darlegung, weshalb das Kindeswohl im Falle der Rückkehr des Kindes in den mütterlichen Haushalt gefährdet ist, zurückweist, wird den strengen verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine Trennung des Kindes von seinen Eltern nicht gerecht (im Anschluss an: BVerfG, FamRZ 2016, 439ff, bei juris Langtext Rn 13ff m.w.N.).
3. Die Erziehungseignung von nicht mehr sorgerechtsberechtigten Kindeseltern und eine mögliche Gefährdung für das Wohl des Kindes bei dessen Herausnahme aus der Pflegefamilie können regelmäßig nicht schon im Verfahren auf Prüfung der Verfahrenskostenhilfe abschließend beurteilt werden.
Verfahrensgang
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Kindeseltern wird der die Verfahrenskostenhilfe versagende Beschluss des AG - Familiengericht - Gladbeck abgeändert:
Den Kindeseltern wird für das Abänderungsverfahren betreffend die Rückübertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts und des Rechts der Gesundheitsfürsorge auf die Kindeseltern sowie für ihr Herausgabebegehren betreffend das Kind B-D, geboren am ... 2010, ab Antragstellung Verfahrenskostenhilfe bewilligt.
Ihnen wird zur vorläufig unentgeltlichen Wahrnehmung ihrer Rechte in erster Instanz Rechtsanwalt W aus Gladbeck beigeordnet.
Gründe
I. Die Kindeseltern sind die Eltern der am 29.07.2010 B-D. Die elterliche Sorge für das Kind stand zunächst der Kindesmutter alleine zu. Kurz nach der Geburt wechselte die Kindesmutter mit dem Kind in eine Mutter-Kind-Einrichtung. Mit dem Kindesvater hat das Kind zu keinem Zeitpunkt in einem gemeinsamen Haushalt zusammengelebt. Am 04.04.2011 nahm das Jugendamt der Stadt H das Kind in Obhut. Seitdem lebt das Kind in einer Pflegefamilie. Mit am 01.12.2011 erlassenen Beschluss übertrug das AG - Familiengericht - Gladbeck das Aufenthaltsbestimmungsrecht und das Recht zur Gesundheitsfürsorge für das Kind auf das Jugendamt der Stadt H als Ergänzungspfleger. Im Übrigen verblieb es bei der alleinigen elterlichen Sorge der Kindesmutter (AZ: AG Gladbeck, 10 F 136/11). Mit am 20.03.2012 erlassenen Beschluss hat das OLG Hamm den Antrag des Kindesvaters auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das von ihm beabsichtigte Beschwerdeverfahren zurückgewiesen.
Die Kindeseltern sind zudem die Eltern des am ... 2013 geborenen Kindes Q-K. Dieses Kind lebt in ihrem Haushalt. Die zwischenzeitlich in der Familie der Kindeseltern eingesetzte sozialpädagogische Familienhilfe hat ihre Tätigkeit mittlerweile beendet.
Die Kindeseltern begehren die Aufhebung der Ergänzungspflegschaft und die Rückführung des Kindes B-D in ihren Haushalt.
Das AG - Familiengericht - Gladbeck hat den Antrag der Kindeseltern auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe nach Beteiligung des Jugendamtes der Stadt H zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt:
Die Voraussetzungen für eine Abänderung der Sorgerechtsentscheidung seien nicht erfüllt. Das Kind habe mit dem Kindesvater überhaupt nicht und mit der Kindesmutter nur wenige Monate zusammengelebt. Seit fast fünf Jahren wachse es in einer Pflegefamilie auf. Unter Berücksichtigung des Berichts des Jugendamtes und der Berichte des Ergänzungspflegers in der Pflegschaftsakte sei es den Kindeseltern zu keinem Zeitpunkt gelungen, kontinuierlich im Rahmen von Umgangskontakten eine wie auch immer geartete Bindung zu dem Kind aufzubauen. Die Bemühungen des Jugendamtes hätten nur zu ganz sporadischen Umgangskontakten des Kindes mit der Kindesmutter geführt. Es sei deshalb nicht ansatzweise ersichtlich, dass das Kind nunmehr trotz fehlender Bindung ohne weiteres in den Haushalt der Kindeseltern gegeben werden könne. Dabei sei unerheblich, dass die Kindeseltern nunmehr abstrakt erziehungsgeeignet seien. Das Kind habe eine intensive und enge Bindung zu seinen Pflegeeltern und der gesamten Familie der Pflegeeltern entwickelt. Aus Gründen des Kindeswohls sei es nicht angezeigt, das Kind aus dem vorhandenen Familienverbund zu entreißen und es zu völlig unbekannten Personen zu geben. Absolute Voraussetzung für eine solche Maßnahme sei, dass zunächst im Rahmen kontinuierlicher Umgangskontakte überhaupt eine Bindung zwischen den Kindeseltern und dem Kind aufgebaut werde. Insofern sollten die Kindeseltern im Rahmen intensiver Bemühungen zunächst die Nachhaltigkeit ihres Bestrebens nach einem Bindungsaufbau und ihre Kooperation mit dem Jugendamt unter Beweis stellen.
Wegen de...