Entscheidungsstichwort (Thema)
Unfallversicherung: Kapsel an Gliedmaßen oder Wirbelsäule
Leitsatz (amtlich)
Die Regelung in einer Unfallversicherung für den Fall, dass "an Gliedmaßen oder Wirbelsäule [...] Muskeln, Sehnen, Bänder oder Kapseln gezerrt oder zerrissen werden" erfasst nicht eine fibrosierte Bindegewebskapsel in Form eines kavernösen Hämangioms.
Verfahrensgang
LG Münster (Aktenzeichen 115 O 191/18) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 09.05.2019 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Münster wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Vollstreckungsschuldner darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 414.400,00 EUR (Antrag 1: 315.000,00 EUR; Antrag 2: 40.600,00 EUR + 58.800,00 EUR; Antrag 3: 0,00 EUR) festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin macht Ansprüche aus ihrer bei der Beklagten genommenen Unfallversicherung geltend.
Ihr sei beim Training im Fitnessstudio allein aufgrund erhöhter Kraftanstrengung im Sinne der Ziff. 1.4 AUB ein präexistierendes kavernöses Hämangiom, welches eine bedingungsgemäße Kapsel darstelle, zerrissen, so dass sie nunmehr brustabwärts querschnittsgelähmt sei.
Ziff. 1.4 AUB (eGA I-35 [= elektronische Gerichtsakte Erste Instanz]) lautet:
"Als Unfall gilt auch, wenn durch eine erhöhte Kraftanstrengung sowie während der Ausübung von Sport an Gliedmaßen oder Wirbelsäule
ein Gelenk verrenkt wird oder
Muskeln, Sehnen, Bänder oder Kapseln gezerrt oder zerrissen werden oder
ein Knochen gebrochen wird.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es liege weder ein Unfall noch ein Fall der Ziff. 1.4 AUB vor, da es sich bei dem Hämangiom nicht um eine bedingungsgemäße Kapsel handele. Zudem sei von einer 100 %igen Mitwirkung im Sinne von Ziff. 3 AUB auszugehen.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes in erster Instanz sowie wegen der erstinstanzlich gestellten Anträge und der genauen Argumentation des Landgerichts wird auf das angefochtene Urteil (eGA I-207 ff.) verwiesen.
Hiergegen wendete sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Das Landgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass das im Streit stehende Ereignis keinen Unfall im Sinne von Ziff. 1.4 AUB darstelle. Es liege auch keine Mitwirkung einer Krankheit oder eines Gebrechens vor.
Im Einzelnen wird auf die Berufungsbegründung vom 29.07.2019 (eGA II-69 ff.) Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt unter Abänderung des angefochtenen Urteils,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 315.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 08.09.2016 zu zahlen;
2. die Beklagte zu verurteilen, an sie aus Anlass des Unfallereignisses vom 14.07.2016 eine monatliche Rente in Höhe von 1.400,00 EUR, rückwirkend ab dem 01.07.2016 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 15. des jeweiligen Monats sowie für die Zukunft zum 15. eines Monats zu zahlen;
3. die Beklagte zu verurteilen, an sie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 4.251,75 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat die Klägerin durch Beschluss vom 02.08.2019 (eGA II-81 ff.) darauf hingewiesen, dass er beabsichtige, die Berufung durch Beschluss zurückzuweisen. Es handele sich bei dem Hämangiom nach dem eigenen Vortrag der Klägerin um eine bindegewebliche Kapsel, die aus Sicht des durchschnittlichen Versicherungsnehmers nicht versichert sei, und Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt.
Die Klägerin hat sich gegen diesen Hinweis gewandt. Sie verweist im Wesentlichen darauf, dass jedenfalls für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht ohne weiteres erkennbar sei, dass nach den Bedingungen nur Gelenkkapseln versichert seien. Der Regelungsgehalt der Ziff. 1.4 AUB sei jedenfalls nicht so eindeutig, dass er als frei von Zweifeln im Sinne von § 305c Abs. 2 BGB angesehen werden könnte.
Im Einzelnen wird auf die Stellungnahme vom 10.09.2019 (eGA II-108 f.) Bezug genommen.
II. Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung aufgrund mündlicher Verhandlung erfordern und eine mündliche Verhandlung auch sonst nicht geboten ist.
Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Die Berufungsangriffe der Klägerin greifen jedenfalls in einem entscheidenden Punkt nicht durch. Es liegt kein Fall der Ziff. 1.4 AUB vor.
Insoweit kann der Vortrag der Klägerin, dass es sich bei einem kavernösen H...