Leitsatz (amtlich)
Auf privilegierte volljährige Kinder ist § 1612b Abs. 5 BGB nicht entsprechend anzuwenden.
Normenkette
BGB § 1612b Abs. 5
Verfahrensgang
AG Soest (Aktenzeichen 16 F 283/02) |
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
Gründe
Das AG hat der Klägerin, der volljährigen in allgemeiner Schulausbildung befindlichen Tochter des Beklagten, Prozesskostenhilfe verweigert mit der Begründung, angesichts der tatsächlich erfolgten Zahlungen böte die Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil auf den Tabellenunterhalt das Kindergeld teilweise angerechnet werden müsse.
Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde hat keinen Erfolg.
Die Vorschrift des § 1612b Abs. 5 BGB, wonach eine Kindergeldanrechnung unterbleibt, wenn der Pflichtige weniger als 135 % des Regelbetrages nach der RegelbetragsVO zahlen muss, greift hier nicht ein, weil die RegelbetragsVO auf Volljährige gerade nicht anwendbar ist (§ 1612a Abs. 1 BGB). Darauf weist das AG zu Recht hin. Auch eine analoge Anwendung der vorstehenden Vorschrift auf privilegierte Volljährige i.S.d. § 1603 Abs. 2 BGB ist hier nicht möglich, weil die Interessenlage eine solche Anwendung nicht gebietet. Denn § 1612b Abs. 5 BGB setzt incidenter voraus, dass nur ein Elternteil Barunterhalt schuldet, der andere seine Unterhaltspflicht durch Betreuung erledigt. Bei volljährigen Kindern entfällt jedoch die Pflicht zum Betreuungsunterhalt (§ 1606 Abs. 3 S. 2 BGB), vielmehr sind beide Elternteile – auch beim privilegierten Kind – grundsätzlich barunterhaltspflichtig (BGH v. 9.1.2002 – XII ZR 34/00, MDR 2002, 826 = BGHReport 2002, 498 = FamRZ 2002, 815). Fällt ein Elternteil wegen Leistungsunfähigkeit für eine Barunterhaltsbeteiligung aus, so stellt dies lediglich ein faktisches Hindernis für dessen Beteiligung dar, ändert jedoch nichts an der grundsätzlichen gesetzlichen Regelung (so auch OLG Nürnberg v. 28.10.2002 – 11 UF 2182/02, MDR 2003, 89 m.w.N.). Im Gegenteil wird insoweit diskutiert, auf diese alleinige Barunterhaltspflicht das Kindergeld nicht nur zur Hälfte, sondern voll anzurechnen (so OLG Düsseldorf v. 30.10.1998 -- 3 WF 201/98, OLGReport Düsseldorf 1999, 273 = FamRZ 1999, 1452; Heiß/Born/Heiß, Kap. 3.287; a.A. OLG Celle v. 2.5.2000 – 17 UF 236/99, OLGReport Celle 2000, 281 = FamRZ 2001, 47 f.; Wendl/Scholz, 5. Aufl., § 2 Rz. 515).
Die Klage biete somit keine hinreichende Erfolgsaussicht.
Dr. Womelsdorf Fechner Küpperfahrenberg
Fundstellen
Haufe-Index 1106248 |
MDR 2003, 510 |
OLGR Hamm 2003, 142 |